Einen Tag waren Baptiste und ich wieder zusammen in Münster unterwegs, waren in einigen Läden unterwegs, waren abends irgendwo essen. Den Tag haben wir dafür genutzt, dass wir einander wieder auf den aktuellen Stand gebracht haben. Das sind auch die einzige Momente, wo er mir sagt, wie es Maman und Papa geht. Irgendwie will ich mir einreden, dass ich es gar nicht wissen will, dass sie mir egal sind, aber ein paar Infos habe ich doch gerne parat.
Natürlich waren wir auch einfach zu Hause, Baptiste hatte mit mir wieder ein paar Runden L'âge de pierre gespielt, wo mein Bruder wieder grandios verloren hat und heute sind wir ruhig in Bünde unterwegs gewesen, waren eben noch einkaufen. Bei dem habe ich auch immer Chris gefragt, ob er sich uns anschließen will, aber er meinte beide Male, dass er in der Halle noch was zu erledigen hat. Am liebsten hätte ich ihm in Chat schon geschrieben, dass ich weiß, dass das eine Lüge ist, aber zugleich wollte ich mit ihm nicht über WhatsApp über sowas diskutieren. Die letzten Nachrichten habe allesamt ich geschrieben und eine richtige Antwort habe ich nie bekommen. Vielleicht sollte ich mich daran gewöhnen, dass Schreiben und Antworten bei meinen Freunden so ne ganz eigene Sache ist. Und eventuell sollte ich auch nicht mit den Gedanken so verflucht lange daran denken. Aber er meinte doch, dass er nochmal was mit uns machen will. Chris war immer schon...Chris.
Baptiste hält mich davon ab, dass ich unbedacht über die Straße laufe und das erste Mal schaue ich wieder richtig von meinem Handy auf. Der PKW fährt an mir vorbei, ich schüttle meinen Kopf, versuche die Gedanken leise zu bekommen und lasse meinen Blick anschließend zu meinem Bruder wandern.
Juliette: Sorry...bin nicht bei der Sache."
Baptiste: Das habe ich gemerkt, Juliette."
Dieses Mal schaue ich genau nach, bevor wir beide die Straße überqueren, um auf den letzten Feldweg zu gelangen, der uns wieder nach Hause bringen wird. Am Morgen laufe ich hier oft lang, das ist meine übliche Route und so herbstlich, wie er jetzt gerade aussieht, wirkt er immer noch ruhiger und schöner.
Baptiste: Ist etwas passiert?"
Juliette: Außer, dass er mir nur dürftig antwortet, eigentlich nichts."
Baptiste: Machst du dir Sorgen?"
Ich zucke mit den Schultern, weil ich es wirklich nicht richtig weiß. Wie Levi es einst so schön gesagt hatte, Chris verliert sich zu gerne in seiner Arbeit und blendet dann alles andere aus. Für einige Momente im Jahr ist ihm die Arbeit das wichtigste, was er hat und jetzt, wo die Premiere in Berlin immer näherkommt, scheint das wieder der Fall zu sein. Aber innerlich merke ich, dass mein Bruder mit reinspielt.Meinen Kopf lasse ich in den Nacken fallen, atme im Anschluss einmal tief durch und beobachte danach meinen Bruder, der sich die Gegend etwas genauer anschaut. Die Felder, die entfernten Häuser, die ruhige Gegend. In Lyon sieht das alles anders aus und daher bin ich manchmal ziemlich froh, dass ich aus der Großstadt weggekommen bin. Während Baptiste sich von allen Dingen ablenken lässt, nehme ich mein Handy nochmal in die Hand und schreibe eine letzte Nachricht, auf die er hoffentlich antwortet. Immerhin ist er gerade online, beste Voraussetzung also.
Juliette: Hast du noch viel zu tun?
Juliette: Baptiste und ich sind gleich wieder zu Hause, wollten uns einen ruhigen Abend machen, haben noch nichts genaues geplant.
Chris: Ich bin gerade noch bei der Halle, will gleich nach Hause.
Chris: Tut mir leid.
Die Antwort gefällt mir nicht, aber bevor ich eine weitere Nachricht schreiben könnte, sehe ich, dass er wieder offline ist und seufze daher genervt, bevor ich das Handy wieder in meine Jackentasche wegstecke.
Baptiste: Okay, was ist los?"
Juliette: Ich merke, dass er gerade nicht bei der Arbeit sein sollte, dass ihn alles wieder stresst, aber ich bekomme auch keine ordentlichen Antworten von ihm. Aber ich kann ihn doch auch nicht zwingen, etwas mit uns zu machen."
Baptiste: Du bist seine Freundin. Wer, wenn nicht du?"Darüber kann ich nur schwach lachen, weil er irgendwo recht hat, aber ich will Chris nicht bevormunden. Das Thema lasse ich sein, zumindest reden wir beide nicht mehr drüber. In meinen Gedanken kreist es noch immer und es wird nicht besser, als ich in der Ferne die Halle sehen und sein Auto wahrnehmen kann. Ob in den Büros noch das Licht an ist, kann ich von hier aus nicht sagen, aber ich würde es vermuten. Dass er gelogen hat, um mich ein wenig zu beruhigen. Immerhin weiß er, wie sehr ich mich auf die Zeit mit meinen Bruder in den letzten Wochen gefreut habe.
Da ich eine zu lange Zeit zur Seite geschaut habe, stupst mir mein Bruder leicht in die Seite und bringt mich dazu, dass ich wieder zu ihm rauf schaue. Dabei lächelt er ein wenig und will mich damit auf andere Gedanken bringen.
Baptiste: Wenn wir gleich zu Hause sind, dann können wir wieder zusammen mein klassisches Ratatouille zubereiten."
Juliette: Das erste Mal, dass du es komplett vegan machen darfst. Aber ich habe das so vermisst, seitdem ich damals ausgezogen bin."
Baptiste: Ich bin gespannt, aber ich denke, dass es dem Original in nichts nachstehen wird. Florence und ich haben das vor wenigen Wochen erst wieder gemacht...aber mit Fisch."
Ein wenig muss ich darüber lachen, weil mein Bruder heute mehrmals fast vergessen hat, dass er nicht wie sonst auch die gleichen Produkte einfach so kaufen kann. Irgendwann hat ein Blick ausgereicht, dass ich ihn wieder daran erinnere, aber er hat sich trotzdem zurechtgefunden und ich denke, dass wir beide das gut hinbekommen werden.Es dämmert schon, als Baptiste und ich wieder auf den Hof meines Hauses ankommen. Aus meiner Tasche krame ich den Haustürschlüssel und mein Bruder setzt den Rucksack ab, in dem wir den Einkauf verstaut haben. Während ich die Tür aufschließe, geht mein Blick nochmal die Straße rauf, ich kaue leicht auf meiner Lippe, bis die Tür offen ist. Dann drehe ich mich nämlich um und schaue zu ihm hin.
Juliette: Wäre es für dich okay, wenn ich nochmal schnell zur Halle gucke?"
Er weiß, dass das nur die Straße rauf ist und dass es sich daher nur um Minuten handeln kann...und außerdem weiß er, warum ich dahin möchte. Daher nickt Baptiste auch gleich und lächelt mich bestärkend an.
Baptiste: Mach das. Ich bereite das Essen schon vor und du kannst dann einfach nachkommen. Mach dir keine Sorgen, Juliette...
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Never Less Than a Lover
Fanfiction10: Du gibst mir wieder Mut 09: Du zeigst mir das Gefühl von Geborgenheit 08: Du bist der erste, der mich richtig verstehen kann... Alles, was Juliette und Christian miteinander verband, war ein endloser Deal und ein Geheimnis, was niemals ans Licht...