Chris und John.

Mutterinstinkte.

Sie lag einfach nur da. Ich hätte sie, aufgrund ihres von blauen Flecken angeschwollenen Gesichts, kaum erkannt. "Mama?!" Zögernd ging ich neben ihr in die Knie. "Mama?!?" Sie bewegte sich nicht. Ich rannte so schnell es ging zum Telefon, im Wohnzimmer, um einen Krankenwagen zu rufen, aber gerade als ich dabei war die Nummer zu wähle, wurde mit der Hörer mit unglaublicher Brutalität aus der Hand gerissen.  "Hast du sie noch alle?!" Ich wusste wer neben mir stand, ohne hinzuschauen. "Wieso hast du ihr das angetan?!" Eine absolut unnötige Frage, auf die ich von ihm niemals eine mehr oder weniger 'menschliche' Antwort bekommen hätte. "Weil sie eine gehörige Tracht Prügel verdient hatte." Die Selbstverständlichkeit, mit welcher er seine Antwort aussprach, ließ mir die Galle hochkommen. "Für was?!" Verzweifelt versuchte ich ihm den Hörer wieder zu entreißen, was aber natürlich nicht klappte. "Sie hat die Vermutung geäußert du seist vielleicht schwul." Bitte, was? "Sie sagte, dass sie das Gefühl hatte, dass das mit dir und diesem Typen von vorhin mehr ist als nur Freundschaft, und ich werde sicherlich nicht einfach still rumsitzen, wenn mein Sohn auf derartige Weise beleidigt wird."

Er verzog das Gesicht bei dem Gedanken daran, dass es stimmen könnte, das sein einziger Sohn kein Interessa an Mädchen, sondern an Jungs haben könnte.  "Und was wäre wenn es stimmt?" Ich wollte ihn in diesem Moment einfach nur provozieren, ihm den Schock seines Lebens verschaffen. "Sei vorsichtig, mit dem was du sagst, mein Sohn." Seine Stimme war nur noch ein hasserfülltes Flüstern, als er würde er mir gerade mit Mord drohen.  "Ich glaube, nein ich bin mir ziemlich sicher, dass ich auf Jungs stehe, Vater." Ich hielt seinem Blick stand. Schaute in seine weit aufgerissenen Augen und fragte mich, was er gerade dachte. Ich war mir aber ehrlich gesagt gar nicht so sicher, ob ich wirklich schwul war.

Bevor ich realisieren konnte, in was für einer Situation ich jetzt war, beziehungsweise wie ich aus dieser herrauskam, lag ich schon auf dem Boden. Blut floss über meine Lippen bis zu meinem Kinn, von wo aus es auf die Kacheln des Boden tropfte und eine kleine rote Pfütze enstehen ließ. "Schämst du dich nicht?!" Seine riesige Pranke krallte sich in mein Oberteil und hob mich hoch, bis ich vor ihm über dem Boden zu schweben schien. "Keine Sorge, dass tue ich. Aber nur dafür, dass du mein Vater bist." Er ließ mich wortlos zu Boden fallen.

"Chris?!" Meine Mutter stand vor Schmerzen gekrümmt im Türrahmen zur Küche. "Chris!!" Sie lief zu mir, musste sich alle paar Sekunden an Möbelstücken feshalten, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Sie sah zu meinem Vater auf, dem Mann, den sie einmal geliebt hatte, dem Mann, mit welchem sie eigentlich den Rest ihres Lebens verbringen wollte. "Wie kannst du es wagen, deine Hand gegen deinen eigenen Sohn, dein eigen Fleisch und Blut, zu erheben?!"  "Halt die Klappe, Drecksstück!" "Wenn hier jemand die Klappe hält, dann du!" Sie richtete sich vor ihm auf und für einen Moment schien sie ihren körperliche, und seelischen, Schmerz zu vergessen. "Verschwinde von hier und lass dich hier nie wieder blicken!" Er hob verächtlich eine Augenbraue, bedachte sie mit einem Blick der in keinster Weise erahnen ließ, dass er ihr vor vielen Jahren einen Heiratsantrag gemacht hatte und blickte dann auf mich herab. "Du wirst schon noch sehen, was du davon hast, Chris."

Mit lauten Schritten entfernte er sich von uns und verschwand wieder durch die Eingangstür. Meine Mutter ließ sich daraufhin, sichtlich erleichtert neben mich zu Boden fallen.

"Ich glaube, ich bin schwul." Der Satzt kam einfach aus mir herraus, obwohl ich noch nicht mal wusste, ob es wahr war. "Ich weiß." Sie lächelte mich liebevoll an.

"Wie?"

"Mutterinstikte." Sie seufzte laut und nahm mich in den Arm. Ich konnte aber nicht weinen, viel zu groß war die Angst vor dem, was geschehen würde. Ob er seine Drohung war machen würde.