Was wird die Folge sein?

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Den Rest des Tages hatte ich zum Glück zusammen mit John unterricht, was mir dabei half, mich wieder zu entspannen, da sich immer wieder ein paar Leute in der Klasse zu mir umdrehten. Es waren nicht viele, am genug um mich nervös mit dem Bein wippen zu lassen. Jedes mal, wenn John dies mitbekam, legte er mir seine Hand aufs Knie, um mir im Stillen mitzuteilen, dass ich nicht alleine war. 

Kein weiterer Lehrer hatte uns nach einem Gespräch gefragt und, ganz entgegen meiner Vermutung, wurden wir auch nicht ins Rektorenzimmer gerufen. Was ich eigentlich erwartet hätte, schon alleine weil ich auf dem Schulgelände bewusstlos geschlagen wurde.

"Wie geht's dir?" John und ich waren mittlerweile dabei uns einen Weg durch die Massen an Schülern, durch den Schaulhof zu bahnen. Natürlich Hand in Hand. "Gut." Meine Antwort war nicht gelogen, aber entsprach auch nicht ganz der Wahrheit. Der Tag war nicht besonders schlecht verlaufen (von dem Umschlag hatte ich ihm nicht erzählt) und abgesehen von den Blicken wurde ich auch nicht anders behandelt als vorher. John konnte ich aber nichts vormachen. Mit einem misstrauischen Blick über seine Schulter ließ er mich wissen, dass er mich durchschaut hatte. "Ernsthaft, Chris. Wie geht's dir?" Ich senkte kurz meinen Kopf, um ihn nicht ansehen zu müssen. Wie ging es mir eigentlich? Ich wusste es ehrlich gesagt selbst nicht.

Ich ließ meine Gedanken noch ein paar Sekunden weiter, ihre Bahnen in meinem Kopf ziehen, bis mich ein schmerzhafter Stoß in meine Seite mich meinen Kopf hochreißen ließ. John ging nicht mehr vor mir und hielt meine Hand auch nicht mehr fest. Panisch schaute ich mich in alle Richtungen um, in der Hoffnung ihn irgendwo finden zu können. Aber mein schwarzgekleideter Freund war nirgends zu sehen. Ein weiterer Blick nach vorne, verriet mir, was mich so plötzlich aufgehalten hatte. Ich war direkt in die Mauerkante, neben dem Schultor gelaufen.
Wieder schaute ich mich um.
Wie konnte ich nicht gemerkt haben, dass er mich losgelassen hatte?
Auf einmal hörte ich Geschrei und Gebrülle, und sofort rannten alle Schüler, wie Schaulustige, zum Urspung der Geräusche. Mit einer furchtbaren Vorahnung im Hinterkopf, tat ich es ihnen gleich.
Mit meinen ausgesreckten Ellbogen musste ich mir danach einen Weg durch die Menge bahnen, nur um sofort etwas zu sehen, als dessen Auslöser ich mich selbst vermutete.

"John!" Sofort rannte ich zu ihm und zerrte ihn mit aller Kraft vom anderen Jungen, welcher bereits mit einer blutigen Nase auf dem Boden lag. "Lass mich los, Chris!" Er versuchte wie wild, weiter auf den am Boden liegenden einzutreten. Zum Glück kam mir ein Lehrer zu Hilfe, welcher alle anderen sofort dazu ermahnte Leine zu ziehen, wenn sie nicht selbst dafür belangt werden wollten. Die Menge  löste sich dann aber trotzdem nur sehr langsam auf, natürlich auch nicht, ohne ein paar Sprüche abzugeben.

Dem blutigen Jungen waren ein paar weitere zur Hilfe geeilt. Zusammen hockten sie um ihn herum am Boden. "Werft diese Schwuchteln doch einfach von der Schule, schließlich sieht man was alles wegen denen passiert!"  Mein Blick fiel auf seine Hand und die darin liegenden Sprühdose. Dann sah ich erst den Grund, wegen welchem John ausgerastet war.

An der Mauer war eine geschmacklose, unvollendete Zeichnung, welche mich und John darstelle sollte, dass konnte man an den Pfeilen zu jeweilgen Figur sehen, welche unsere Namen trugen. Wir waren in der Zeichnung gerade dabei etwas zu machen, was von dem 'Künstler' dieser Zeichnung, als widerwärtigen und nicht-tolerierbaren sexuellen Akt beschrieben wurde. (Wie so ein assozialer Kerl, solche Formulierungen benutzten konnte, war mir ein Rätsel) Aber das war nicht das schlimmste am ganzen. Direkt neben uns, aus der Sicht der Zeichnung hinter uns, standen nicht fertiggezeichnete Strichmännchen mit Waffen. Es war mehr als eindeutig, wen sie mit diesen Waffen erschießen wollten. Und zu guterletzt stand groß, oben drüber auch noch: 'Besser kümmern wir uns jetzt um die, bevor die zu viele werden.'

Ich konnte verstehen wieso John so reagierte hatte. Und genauso wie er sich gefühlt haben musste, fühlte ich mich jetzt. Also stand ich einfach auf, ließ einen kurzzeitig perplex dreinschauenden John auf dem Boden zurück und ging zu den Jungs rüber. Um ihnen mitzuteilen was ich gerade fühlte, brauchte ich keine Worte. Denn machmal hieß es auch, 'ein Tritt sagt mehr als Tausend Worte'. Für mich in diesem Moment jedenfalls.

Also holte ich aus und trat dem Jungen auf seine, wahrscheinlich sowieso schon gebrochenen, Nase. Nicht weil er sich über mich lustig machte, sondern weil er einem der Menschen, die mir am meisten in dieser Welt bedeuteten und für welchen ich mehr Gefühle hatte, als ich anfangs zugeben wollte, auf so eine menschenunwürdige Art diskriminierte.

Was diese Aktion für Folgen für mich haben sollte, konnte ich zu dem Zeitpunkt noch nicht wissen.

Chris und John.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt