Illusion oder Wunschdenken?

3.9K 282 5
                                    

Das zuknallen der Haustür befreite mich aus dieser unangenehmen Situation, auch wenn sie mir eine weitere ermöglichen würde. "Chris? Bist du zuhause?"  Date hin oder her, meine Mutter war da. Und Mel bekam diesen Ausdruck auf ihrem Gesicht, der danach aussah, als würde sie sich freuen, gleich ihre neue Schwiegermutter kennenzulernen. "Ja, ich komm' runter."  Mit langsamen Schritten bewegte ich mich zur Tür, wurde aber noch vor der Treppe von einer rasenden Mel überholt.

Im Flur fing ich meine eigene Gestalt im Spiegel ein und blieb kurz stehen. Ohne es zu merken hatte ich die Hand zu meinen Lippen gehoben. Das Mel mich geküsste hatte, war falsch. Es gab nur einen der mich küssen durfte...

Wie in eine Illusion spürte ich plötzlich Johns Arme, die sich stark und sanft zu gleich um mich legten. Dann seine Lippen an meinem Hals.

"Chris?" Ich zuckte kurz zusammen, sammelte mich und folgte der Stimme nach unten. "Ja?"

"Ich hab Mel eben in der Einfahrt getroffen. Sie sagte etwas von einem Klassentreffen und das ich dir sagen soll, sie wäre schon nach hause, um noch ein paar Sachen vorzubereiten." Auch wenn dies sehr überraschend kam, war ich überglücklich darüber, dass sie  gegangen war.  "Achja... davon wollte ich dir noch erzählen."

"Nicht nötig. Mel hat mir schon alles erzählt." Ein gezwungenes Lächeln entstand auf ihren Lippen, bei dem Gedanken an Mel. Ich konnte es ihr nicht übel nehmen. "Sie schien stolz darauf zusein, dass sie das alles selbst organisiert hat."

"Kann sie auch."

"Und wann wolltest du mir das mit euch erzählen?"  Man konnte ihre vorgespielte Freude nicht überhören. "Was meinst du?"

"Eure Beziehung."

"Ach das... also das ist nicht..." 

"Also bist du Bi... oder nicht schwul?"

"Also deswegen..." Wie sollte ich ihr das bloß, ohne Mel wie eine Irre darzustellen. Naja, sie war ja schon ziemlich irre. "Keine Sorge, du musst mir nicht sofort antworten. Aber vergiss nicht dich bei dem ganzen Kram, der dir um die Ohren fliegt, die Schule nicht außenvor zu lassen." "Natürlich."

"Und ich hab vor eine Kleinigkeit für heute Abend vorzubereiten, sag ihr das bitte."

"Sicher."

"Alles okay?" Sie sah mich kurz an und schaute danach wieder auf ihr Handy das kurz zuvor vibriert hatte.

"Ja. Ich werd' dann auch mal wieder hoch gehen."

"Ist gut."


Chris und John.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt