Kapitel 16

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Von wegen ich lebte im Luxus und im Wohlhaben. Im Moment saß ich auf den Boden in einem Kerker, in dem es wirklich kalt war und dieser keine Fenster besaß. Es war nicht nur kalt, sondern auch dreckig, dunkel und einsam. Und, auch wenn ich nicht viel sah, wusste ich, dass hier überall ekelhafte kleine Viecher waren.
Ich weiß nicht wie lange ich hier schon war, ich hatte nämlich jegliches Zeitgefühl verloren.
James hatte mir gesagt, dass es ihm leidtun würde, dabei wusste ich anfangs nicht, was er meinte. Bis er eine Art geheime Tür öffnete und wir dann endlos viele Treppen nach unten gingen. Ich dachte jeder Ort hier sieht wunderschön aus, aber jetzt wusste ich, dass dies nicht der Fall war. Man nannte das hier einen Kerker. Keine Spur Luxus, man spürte nur Kälte.

Ich seufzte und schlang die Arme um mich, damit ich mich etwas aufwärmte, das war aber vergeblich.
Meine Gedanken schweiften nun wieder zu dem Geschehen und ich fragte mich zum wiederholten Male, ob ich es bereute Paul eine gescheuert zu haben.
Aber nein.
Er hatte meine Mutter beleidigt, also hat der sich das vollkommen verdient.
Trotzdem hatte ich Angst, was der König mit mir vorhatte.
Ich hoffte, dass das hier die einzige Strafe war, denn das war eine schreckliche Bestrafung. Die Atmosphäre war kaum auszuhalten...!
Anfangs hatte ich ein schlechtes Gewissen, mich hier auf den dreckigen Boden zu setzen, da das Kleid, was ich trug, ein Vermögen kostete. Mittlerweile war es vollkommen verdreckt, wie ich sah. So verdreckt, dass man es nicht mal mit einer Reinigung retten könnte.

Ja schön für das Kleid, jetzt fragte ich mich wieder ob ich das Richtige getan hatte. Wenn ich nicht auf Pauls blöden Kommentare eingegangen wäre, würde ich hier nicht liegen. Das schlimmste für mich war der Freiheitsraub. In New York war ja auch alles schmutzig, kalt und so weiter, aber ich durfte hingehen wo ich nur wollte.
Ich stand auf und ging zu den Gittern, diese kalt waren, wie ich feststellte, als ich sie mit den Händen umschloss. Weit und breit keine Menschenseele zu sehen. War eigentlich gut so, kein anderer musste das also ertragen.
Ich erschrak als sich diese schwere Tür öffnete. Zumindest hörte es sich so an, ich sah von hier aus nichts.
Allerdings. James kam gerade die Treppen runter auf dem Weg zu mir. In der Hand hatte er einen Korb, und irgendwie erfreute mich seine Anwesenheit.
"Lady Eleonore, geht es Ihnen gut?", fragte er gleich, als er mich sah.
"Ja. Mir ist nur etwas kalt."
"Hab ich mir gedacht. Bei den Kleidern, die Sie tragen." Er stand nun vor mir, hinter den Gittern. "Ich darf eigentlich nicht hier sein. Falls jemand anderes kommt, müssen Sie verstecken, was ich ihnen mitgebracht habe."
Ich nickte. Ich sehnte mich sosehr nach einer Decke.

"Lady Eleonore, ich öffne jetzt die Tür, bitte bleiben Sie dort drin und lassen Sie mich nicht meine gute Tat bereuen."
"Was bringt das wenn ich jetzt abhaue? Ist ja nicht so, dass der König mitbekommt, dass ich da bin."
"Sie haben recht." Er gab mir diesen Korb und dann schloss er die Türe wieder hinter sich.
"Der König ist wirklich sauer auf Sie.", fuhr er fort. "Und Prinz Paul hat einen fiesen Abdruck im Gesicht."
"Hat der sich verdient.", murmelte ich.
James ging nicht darauf ein und fuhr einfach fort. "Wir können es uns nicht leisten, dass jetzt Ihr Unterricht aufhört. Deswegen wird weiterhin Elizabeth kommen."
"Oh nein." Ich fuhr mir voller Enttäuschung durchs Haar. "Erstens habe ich kein Bock auf die Tante, zweitens heißt das ja, dass ich hier eine längere Zeit hocken muss?"
"Ich bedaure, ja. Wie ich schon sagte, der König ist wirklich sauer auf Sie."
Ich seufzte. Und dann bereute ich es Paul geschlagen zu haben. Klar, er hat es sich verdient, aber hier tagelang rumzuhocken, war es nicht wert.
Und sicherlich wusste der König das auch, er wollte mein Verhalten nur geradebiegen, damit ich mich sofort anpasse und keine weiteren Faxen durchziehe.
Ich nahm mir gleich die Decke, die in dem Korb war und schlang sie um mich. "Danke James, wirklich. Sonst würde sich hier keiner um mich sorgen."
"Gerne. Ich muss ehrlich sagen, ich habe Mitleid mit Ihnen."
"Ich mit mir auch." Er lachte etwas. "Okay, Lady Eleonore ich muss jetzt los."
Ich nickte, bedankte mich nochmal und beobachtete wie er an die frische Luft konnte, während ich in diesem Kerker gefangen war.

Eine weitere Decke legte ich auf den Boden damit ich meinen Hintern nicht mehr abfror. Dann musste ich schmunzeln, denn James hatte mir auch eine Flasche Wein dagelassen. Dazu noch Gebäck und Wasser. Ich bin mir sicher, der König würde mich nicht verhungern lassen, aber trotzdem war es eine sehr nette Geste von James.
Nach dem ich etwas gegessen hatte, legte ich mich schlafen, wohlwissend, dass Elizabeth jeden Moment aufkreuzen würde...

*

Es verging eine Woche, wie mir Elizabeth berichtete. Eine verdammte Woche in der ich hier eingesperrt war. Zwar hatte mir Elizabeth jeden Tag genug zu Essen und zu trinken gebracht, wenn sie jeden Morgen kam, aber trotzdem war es unerträglich. Ich konnte mir kaum vorstellen wie es wäre im Knast zu sein. Für mehrere Jahre.
Heute war endlich der Tag, an dem ich raus durfte. Bevor ich aber rausging, beharrte Elizabeth darauf, dass ich mich zurecht machen musste- Haare kämmen und das Kleid wechseln.
Okay, ich war ihr irgendwie dankbar, das Kleid war vollkommen schmutzig und meine Haare total verknotet.
Ungeduldig schaute sie mir zu, wie ich von einem Kleid in das Andere schlüpfte.
"Na endlich! Auf dem Weg nach oben erklären Sie mir was Akkorde sind und Sie sagen mir ein Sonett auswendig."
Wie du wünschst, dachte ich mir, ich wollte nur raus von hier.
Sobald es wieder hell wurde und alles so schön aussah, fühlte ich mich gleich viel wohler. Endlich war ich wieder im Palast.

"Guten Tag Lady Eleonore.", sagten ein paar Leute beim vorbeigehen. Ich grüßte sie, wie Elizabeth es mir beigebracht hat: mit einem eleganten Knicks.
"Sie werden vom König erwartet.", sagte dann Elizabeth. "Ich begleite Sie zu ihm."
Ich würde lügen, wenn ich sage, dass ich keine Angst hätte. Diese Woche im Kerker war schrecklich. Auch wenn ich immer etwas zu essen und zu trinken hatte, war es schlimmer als jede Nacht in New York, bei der ich vor Hunger nicht schlafen konnte.
Kurz bevor wir den Raum betraten, wo der König auf seinem Thron saß, atmete ich tief ein. Jetzt musste ich cool wirken, selbstbewusst auftreten, aber trotzdem mich unterwerfen, obwohl ich es nicht wollte. Am wenigsten wollte ich aber zurück in den Kerker, also musste ich mich zusammenreißen.
Mir kam es so vor, als ob die Wachen die Türen in Zeitlupe öffneten. Ich sah den König auf seinem Thron daneben die Königin und auf der anderen Seite Paul. Zwei weitere Männer waren anwesend, unter ihnen auch James. Es war mir etwas unangenehm wie mich jeder hier anschaute, während ich den endlos langen Weg nach vorne ging.
"Lady Eleonore.", brach der König das Schweigen. "Schön, dass Sie wieder da sind."
Ich musste meine Zunge zügeln. Ich durfte jetzt nichts Unangebrachtes sagen. Lieber den Mund halten als wieder dort unten in der Kälte zu gammeln.
"Ich hoffe doch, Sie haben Ihren Gatten vermisst?"
"Ja, das habe ich."
"Und die Ohrfeige ist nie passiert oder?"
"Nein."
"Gut. Dann setzen Sie sich bitte auf Ihren Platz."
Ich war etwas verwirrt. Wo blieben die Vorwürfe? Aber es kam nichts. Paul stand auf, nahm meine Hand und begleitete mich zu meinem Platz. Kurz bevor ich mich setzte, rückte er mein Stuhl zurecht.
"Danke.", murmelte ich, ohne ihn anzuschauen obwohl ich gerne seine Wange gesehen hätte. Der König setzte dann sein Gespräch mit den Herren fort. Das Thema hatte ich einmal kurz mit Elizabeth bearbeitet- das Bruttoinlandsprodukt.
Ich hörte nicht genau hin, da ich es kotz langweilig fand und schaute durch den leeren Saal.
Und insgeheim wartete ich auch auf eine Bemerkung von Paul.

Lady Ghetto Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt