Kapitel 64

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*Pauls Sicht*

Ich wachte mehrmals in der Nacht auf, wegen den kaum zu ertragenen Schmerzen, die ich an meinem ganzen Rücken hatte. Und jedes Mal wenn ich meine Augen aufriss und vor Schmerz stöhnte, bemerkte ich, dass Eleonore nicht schlief.
Genau wie jetzt. Ich stand wieder auf, weil ich Schmerzen hatte und setzte mich hin. Und Eleonore war immer noch hellwach am liegen.

"Willst du nicht mal schlafen?", fragte ich.

"Nein.", antwortete sie und wand ihren Blick nicht von der Decke.

"Hast du Selbstmordgedanken?", fragte ich.

"Ha. Ha. Wie lustig, Paul."

"Ich meinte es ernst.", erwiderte ich und kramte von meiner Kommode eine Schmerztablette.

Sie seufzte. "Warum ist mein ganzes Leben ein reines Desaster?", fragte sie und schloss die Augen.

"Werden wir jetzt über den Sinn des Lebens philosophieren?"

"Du brauchst mir nicht zuhören." Ich trank etwas Wasser und schluckte dann die Tablette runter.

"Dass dein Leben so schrecklich ist, kann ja vielleicht an deiner Einstellung liegen."

"Vielleicht. Vielleicht sind aber auch alle anderen Schuld."

"Das glaube ich zu bezweifeln." Ich legte mich auf den Bauch und versuchte die Schmerzen zu ignorieren.

"Ich habe nichts anderes als Chaos angestellt."

"Das kannst du noch ändern."

"Wie?", fragte sie, wenn alles um mich herum doch gegen mich ist?"

"Das ist nicht wahr."

"Du bist es."

"Das ist wahr."

"Na siehst du. Mann es macht überhaupt keinen Sinn mit dir zu reden.", sagte sie.

Ich ging darauf nicht mehr ein und versuchte krampfhaft einzuschlafen. Ich war todmüde, aber auf Grund der Schmerzen konnte ich die Augen kaum schließen.

*

Am Frühstückstisch waren alle still. Mutter sprach nicht mit Vater, weil sie sauer war, und Abigail vermisste. Eleonore hatte Angst, dass sie was falschen sagen könnte und Vater ihr was antut. Ich sprach auch mit keinem, weil ich einfach keine Lust hatte. Nun ja, auch so ergab sich als einziger möglicher Gesprächspartner meine Mutter.

Ich schaute kurz zu Eleonore. Es war erst vor ein paar Tagen als Abigail dort noch saß. Viel schöner. Und viel glücklicher. Am Frühstückstisch unterhielt sie sich meistens mit Mutter und sie waren oft am lachen. Es war so ein schöner Anblick zu sehen, wie gut sie sich verstanden.
Jetzt aß Mutter stillschweigend und bedrückt an ihrem Platz und schaute kaum hoch.
Sowie auch Eleonore.

Es war so unglaublich, wie plötzlich sich alles verändert hat. Und immer war Eleonore alles Schuld.

Am liebsten würde ich jetzt Abigail besuchen gehen, und sie mit einem Kuss begrüßen, sowie gar nicht loszulassen. Ich stellte mir dieses schöne Lächeln vor, ihre ersten, sarkastischen Worte um nicht zugeben zu müssen, wie sehr sie mich vermisst hat.
Ich würde ihr in ihre blauen Augen schauen und mein Bild würde sich darin spiegeln. Ich fände es lustig, wie sie ein paar Witze über Eleonore macht und auch wenn sie sehr wahrscheinlich nicht mehr diese pompösen Kleider trug, und nur ein schlichtes Kleid, wäre sie trotzdem so wunderschön, wie keine Frau, die ich je gesehen.
Ich seufzte.
Es schmerzte so sehr an sie zu denken. Es schmerzte, dass sie nicht hier bei mir war, stattdessen Eleonore.

Lady Ghetto Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt