Kapitel 10

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Ich wurde zum Essenssaal von einem Wachmann begleitet, der sich dann kurz vor der Türe verbeugte, während zwei andere Wachmänner die große Tür öffneten. Sofort hörte ich das schöne Spiel des kleinen Orchesters und mir kam der himmlische Duft von dem geilen Frühstück entgegen. Etwas unsicher betrat ich den Saal und alle Bediensteten verbeugten sich. 
"Guten Morgen, Lady Eleonore.", sagte die Königin liebevoll als sie mich sah.
"Morgen.", antwortete ich nur. Denn irgendwie war ich etwas überwältigt von der Situation gerade. Der König und sein Sohn lachten über einen Witz, die Königin begrüßte mich herzlich und der Tisch war wieder üppig gedeckt. Auch der Geruch des köstlichen Kaffes ließ mich an den ekelhaften Kaffee zurückdenken, den man in New York für ein paar Dollar bekommt. Ich dachte immer Kaffe schmeckt einfach ekelhaft, aber dieser hier, bewies genau das Gegenteil.
"Guten Morgen, Lady Eleonore. Ich hoffe Ihre erste Nacht hier im Palast war schön.", sagte nun der König, nach dem er meine Anwesenheit bemerkte.
In diesem Moment schauten Paul und ich uns flüchtig an.
"Ja das Bett war gemütlicher als mehrere Decken und Zeitungen auf dem Boden zu stapeln."
"Das freut mich doch zu hören.", sagte der König selbstfällig. "Setzen Sie sich."
Diesmal hatte ich darauf geachtet auf diesen Befehl zu warten, um dieser peinlichen Situation von gestern Abend zu entgehen.
Die Dienstleute schenkten uns nacheinander frischen Kaffee ein und bestrichen uns die Brote. Es gab Baguette, aber auch Bohnen und Speck was ich am Morgen etwas ekelhaft fand. Naja, die Kultur der Engländer war nun mal ganz anders als die der Amerikaner.
Und mein Frühstück jetzt gerade war auch ganz anders.
Es war viel besser.
Fast jeden Morgen, wenn Curtis und ich frühstückten, hatte ich immer noch Hunger und war nicht gesättigt. Hier war es aber das komplette Gegenteil, es gab so viel Auswahl und ich war voll.
Wenn das so weiterginge, würde ich sicherlich zunehmen, was auch sehr gut wäre, denn zurzeit kann ich meinen Rippen fast schon deutlich zählen.

Nach dem Frühstück holte mich ein Wachmann ab, um mich zum 'Ich werde zu Lady Eleonore Unterricht', welches in der ersten Einheit daraus bestand, welche Gabeln, welche Messer und welche Löffel wann verwendet werden, zu bringen.
Als ich das zum wiederholten Male auswendig sagte, sollte ich sie auch praktisch nutzen.
Fisch, Salat, Fleisch stückeln und dann essen. Anschließend sollte ich die Gläser zuordnen, wo welches Getränk reinkam, es gab ja Unterschiede zwischen Champagner, roten und weißen Wein. Bier trank eine Dame nicht.
Und wenn man am Tisch saß, stützte man seine Ellbogen nicht darauf und saß Kerzengerade. Man nutze das Tuch um sich den Mund abzutupfen, nicht zu wischen. Und man sollte höchstens fünfmal tupfen, nicht mehr. Man ist ja kein wildes Schwein, sondern eine Dame, hatte mir Elizabeth erklärt.
Elizabeth bereitet mich sehr freundlich und geduldig darauf vor, dass ich nun tanzen lernen würde. Während sie sich kerzengerade vor mich stellte, stand ich vor ihr eher wie ein Sack. Sie verdrehte die Augen, forderte, dass ich mich gerade und elegant hinstellen sollte und nahm dann meine Hände zum Tanzen. Ich trat ihr abermals auf die Füße und jedes Mal entzog sie scharf die Luft ein.
"Nach rechts! Eleonore, rechts!", schrie sie verzweifelt.
"Schreien Sie mich nicht so an!"
"Es ist zwingend notwendig! Es ist meine Aufgabe Sie auszubilden, ich muss es schaffen! Und bilden Sie sich nicht ein, Sie seien Lady Eleonore, diese Dame hatte viel mehr Anstand und konnte alles besser als Sie, während Sie zwei linke Füße und Hände haben!" Sie kreischte so laut, dass ich jede Ader an ihrem Hals sah. Dazu noch war sie rot wie eine Tomate und sie spuckte mein Schreien.
Ich war nicht in Stimmung mich mit dieser Göre zu streiten, die war nämlich kurz vorm explodieren.
Sie ließ mich los und stampfte mit ihrem ganzen Gewicht auf den Boden, sodass die Schuhe den ganzen Saal noch hallten.
Dann hielt sie plötzlich inne. Ich sah sie knicksen. "Guten Morgen Prinz Paul.", sagte sie beschämt. Das erste Mal war ich über seine Anwesenheit amüsiert. Denn jetzt war sie nicht mehr der Boss im Raum.
"Elizabeth, haben Sie schon die Geduld verloren?" Er nahm ihre Hand und kam auf mich zu. Als sie vor mir standen, verschränkte ich meine Arme ineinander und hob eine Braue als sei mir das alles egal.
"Nein, Prinz Paul, das gehörte zum Unterricht, ich komme gut zurecht."
Paul hörte ihr gar nicht zu, er schaute mich nur amüsiert an.
"Du kannst also auch nicht tanzen.", sagte er amüsiert."Doch, kann ich. Gib mir einen coolen Beat und ich breakdance."
Er lachte. Dann schaute er mich angewidert an. "Breakdance wird in einem Palast nicht getanzt."
"Das habe ich auch gemerkt.", sagte ich während ich die Augen verdrehte.
Dann kam er einen Schritt näher und hielt mir seine Hand hin.
"Darf ich Sie zu einem Tanz bitten, Lady Eleonore?"
"Verpiss dich."
Ich hätte das mal lieber nicht gesagt, Elizabeth rastete nun komplett aus. "DAS SAGT EINE DAME NICHT!" Bevor ihr Geschrei mir noch Ohrenkrebs verursachen würde, ergriff ich die Hand und ließ mich von Paul führen.
War ja klar, dass er ein perfekter Tänzer war.
Es war mir aber nicht klar, dass es mit ihm so einfach sein würde.
Irgendwann machte Elizabeth die Musik an und ein Geklimper fing an zu spielen. Ich schaute Paul nicht an, konnte also nicht sehen was er von der Sache hielt. Ich legte meine Hand auf seinen Arm und die andere in seine Hand. Ich fühlte seine straffen Muskeln unter dem edlen Material seines Hemdes.
Wir tanzten schweigend, ohne uns zu beleidigen oder irgendwas zu sagen. Er drehte mich dann, und umarmte mich von hinten. Elizabeth hatte mir diese Tanzschritte noch nicht beigebracht, wäre ja auch voll komisch in so einer Position mit ihr zu sein. Wir pendelten von rechts nach links, von rechts nach links, bis er mich wieder drehte und ich in der Standard Position war. Das Lied ging irgendwann aus und Paul hörte dann auf zu tanzen.
"Das war wunderschön!", rief Elizabeth begeistert und klatschte sogar Beifall. Aber eher in Pauls Richtung.
"Du kannst viel von mir lernen, Schatz.", sagte Mr. Arrogant.
"Ich bin nicht dein Schatz."
"Da hast du recht.", sagte er mit einem Schulterzucken. "Eher mein Müllsack."
"Danke gleichfalls."
"Okay jetzt habe ich dir beim Tanzen geholfen. Bringst du mir irgendwann auch etwas von den Straßen bei?"
Ich dachte es sei eine fiese Beleidigung. Aber als ich in sein Gesicht schaute, war er vollkommen ernst. So ernst wie noch nie.
"Du meinst Sachen wie... Schlagzeug, Breakdance, und so?"
"Genau das.", erwiderte er. "Okay bis später Müllsack, wir sehen uns."
Und da war das Arschloch wieder.
Kaum war er eine Sekunde nett, nein noch nicht mal, eher 'normal', war er im nächsten wieder der größte Dreckskerl den die Weltgeschichte kannte.

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