Kapitel 68

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Wo war ich?
Ich blinzelte des Öfteren und je länger ich mich umschaute, desto fremder fühlte ich mich in diesem Ort.
Okay, Abby, cool bleiben.
Ich lag auf einem großen und sorgfältig bedecktem Bett. Es war ein schönes Bett, mit einem eleganten Himmel. Der Boden wurde mit Teppichen bedeckt. Und links neben mir lag eine Kommode, auf der sich eine Flasche Wasser, ein Glas und ein Paar Bonbons befanden.

Was zum..?

Ich war nicht im Palast.
Oder doch?
Vielleicht ein Ort den ich nicht kannte?
Vielleicht der Ort, in dem ich einen angeblichen natürlichen Todes sterbe. Ich rappelte mich schnell auf und ging zur Tür.
Natürlich war sie geschlossen, warum sollte ich denn auch so viel Glück haben? Ich schaute mich hektisch um und wischte mir die Schweißperlen von der Stirn weg, die immer dann entstanden, wenn ich nervös war.

Mann. Was sollte ich tun?! Ich versuchte das Fenster zu öffnen, aber auch dieses war verschlossen. Dann setzte ich mich auf den Boden, da ich plötzlich so erschöpft war.
Schließlich war ich schwanger.
Ich konnte es immer noch nicht fassen.
Ich- Mutter?!

Nun ja, wenn ich das hier überlebe.

Die Unwissenheit brachte mich um. Ich wollte, dass endlich der König hier rein stolziert, und verkündet, dass er mich umbringen wird. Ich würde ihm sagen, dass ich schwanger bin. Dass ich in den Thronfolger trage.
Wer könnte es übers Herz bringen ein Embryo zu töten?
Mein Kind. Pauls Kind.

Ich fing an heftig zu zittern und zog mir die Knie an den Körper. Alles wird gut.
Ich werde nicht umgebracht.
Ich hoffte nicht umgebracht zu werden.

Als die Tür aufgerissen wurde, rappelte ich mich sofort auf und ging instinktiv einen Schritt zurück. Das waren keine Wachen des Palastes. Sie trugen eine komplett andere Uniform und hatten auch komplett andere Waffen bei sich.
Sie packten mich, nicht gerade sanft, und zwangen mich mit zu kommen.

"Wo bin ich?", fragte ich sie, aber keiner antwortete.

"Bitte antwortet mir!", flehte ich, aber sie gingen wieder nicht darauf ein.

Sie schliffen mich buchstäblich durch die Elefanten Korridore, die nicht die dem Palast ähnelten. Sie waren anders, fremd und etwas unheimlich.

Zwei Wachen öffneten eine große Tür und anschließend wurde ich in einen riesigen Raum geführt, in dem es auch drei Thronsessel gab. Wo zur Hölle war ich? Doch nicht in Frankreich bei Philippe, oder? Die 'Thronsessel' waren aber weitaus schlichter, je näher man kam.

Man setzte mich an einen Stuhl gleich gegenüber der Thronsessel und man band meine Beine und Hände um, dass ich mich also kein bisschen bewegen konnte.
Ich atmete tief ein.
Was konnte mir denn schon passieren?, redete ich mir ein.

Man kann mich töten.
Vorher mein Bauch aufschlitzen und meinem Baby etwas antun.
Man kann mich schlagen und gleichzeitig auch mein geliebtes Baby verletzen.
Man kann mich auspeitschen.
Würde mein Baby den Schmerz ertragen?

Ich atmete tief ein und zitterte dabei am ganzen Leib.
Ganz ruhig. Mir ging es gut. Total gut.
Ich war nur an diesem Stuhl in diesem fremden Ort angekettet.
Daran ist nichts auszusetzen.

Ich hörte wie die Türen aufgingen und hörte nur eine einzige Person, die hochhackige Schuhe trug, also musste es eine Frau sein.
Ich atmete tief ein, kurz bevor die Person sich vor mir stellte und sammelte meinen ganzen Mut zusammen.

Ich hätte es erwarten müssen.

Eleonore stand vor mir.

"Abigail.", sagte sie und lächelte. "Hallo."

"Willst du mich jetzt eigenständig töten? Wie machst du das? Gift? Oder eine Waffe? Oder ein Schwert?"

"Wenn ich wollte, dass du tot bist, wärst du das schon längs!", rief sie. Dann atmete sie tief ein und massierte ihren Nasenrücken.

"Ich dachte du seist tot.", sagte sie.

"Nein. Wir haben uns gegenseitig ans Licht geführt, was diese Sache betrifft."

Sie lächelte. "Das stimmt. Wir sehen uns also nicht nur ähnlich, wir handeln auch noch gleich."

"Wir handeln gleich? Ich lasse nicht auf meine Kosten töten! Ich bin abgehauen weil man mich töten wollte! Ich habe dich nicht verjagt!"

"Ich weiß, ich weiß!", schrie sie dann. "Es tut mir leid. Du wirst es mir ohnehin nicht glauben, aber es tut mir schrecklich leid! Ich habe jede einzelne Sache bereut, die ich getan habe! Ich habe Tränen geweint als ich realisierte, dass du meinetwegen 'gestorben' bist. Das meinetwegen dein ganzes Leben zerstört wurde!"

"Ich glaube dir nicht.", antwortete ich.

Sie schaute mich etwas traurig an. "Ich nehme es dir nicht übel. Wenn ich da säße und du hier ständest, würde ich es dir auch nicht glauben."

"Wie hast du mich gefunden? Durch James?"

"Nein. James und ich tauschen kein einziges Wort miteinander aus."

"Wie dann?"

"Mutter und Vater sind raus aus dem Koma und sie sind in der Lage wieder normal zu leben. Ich habe sie besucht, weil ich sie vermisst habe. Weil ich froh war, dass der König sie nicht umgebracht hat. Und weil ich wollte, dass Paul mich zu dir führt. Ich habe irgendwie gespürt, dass du noch lebst."

Ich schaute sie skeptisch an und antwortete nicht.

"Die Königin hat mir erzählt, dass du dich regelrecht für Mutter und Vater eingesetzt hast, als es hieß, ihnen würde etwas passieren. Dass du den König angeschrien hast. Wow. Ich hätte mich das nie getraut. Wahrscheinlich noch nicht mal, wenn es um meine Eltern geht."

"Es ist mir sehr nahe gegangen und ich habe unbewusst gehandelt."

"Mutter und Vater sind dir sehr dankbar dafür.", sagte sie dann. "Und sie wollen dich belohnen."

"In dem man mich bewusstlos schlägt? Entführt? Ankettet?"

"Es musste sein! Wir wissen beide, dass du sonst nicht mitgekommen wärst, wenn man doch freundlich gefragt hätte."

Ich musste zugeben, sie hatte recht.

"Ich brauche kein Geld.", sagte ich dann. "Deine Eltern können mich gerne wieder zu den Almonds schicken, da bin ich sicher. Wenn der König weiß, dass ich hier bin, bin ich tot."

"Hör bitte auf 'deine Eltern' zu sagen. Es sind auch deine."

Ich schwieg. Und verstand kein Wort.

Eleonore schaute mich wieder an und irgendwie sind ihre Gesichtszüge viel weicher geworden.

"Wir sind Zwillinge."

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Auf Wunsch vieler habe ich noch ein Kapitel geschrieben, ich hoffe euch hat es gefallen :)
Viele haben das hervorgesehen! :) ich hoffe dennoch, dass es euch, beziehungsweise einige überrascht hat und das es spannend ist :)

Liebe Grüße und bis morgen! ❤️

Lady Ghetto Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt