Teil 56

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Nathan

Nach dem der Besuch bei Jess so abrupt geendet hatte, war ich gleich zu Aidens Haus gefahren. Während der Fahrt versuchte ich meinen besten Kumpel die ganze Zeit über zu erreichen. Doch der Schweinehund fand es natürlich lustig mich zu ignorieren. Bestimmt bekam ich gleich eine Standpauke der Familie Jackson. Yeah! Um ehrlich zu sein, freute sich ein kleiner Teil in mir sogar darauf. Meine Eltern taten das nämlich nie.

An der Haustür wartete bereits Aidens Tante. Sie ließ mich wortlos hinein gehen. Erst im Wohnzimmer wurde es kritisch. Christin tigerte unruhig im Zimmer auf und ab, während ihr Schwager ruhig auf der Couch saß. Als ich ins Zimmer trat, sahen beide mich sofort an. Es war eindeutig eine ganz miese Idee von mir gewesen, sie zu diesem Zeitpunkt zu besuchen. „Nathan, warum ist Aiden in Houston?", fragte Aidens Onkel zu ruhig, „Sag bitte die Wahrheit!" „Er brauchte mal einen Tag Auszeit und besucht eine alte Freundin.", erklärte ich Aidens Beweggründe und sie waren auch gar nicht so gelogen. Mein Kumpel benötigte wirklich eine Kur. Als ich in die Augen seiner Mutter blickte, sah ich Tränen darin schwimmen. „Warum ist er deswegen nicht zu uns gekommen?", verlangte Christin zu wissen.

Ich schwieg kurz, da ich zuerst die richtigen Worte für Aiden finden musste. „Weil ihr ihn wegstoßt mit all den Maßnahmen, die ihr gegen ihn führt, wie das Hausarrest zum Beispiel. Mein bester Kumpel braucht eine Familie die mit ihm gegen seine Vergangenheit kämpft und nicht ohne ihn.", sagte ich zu ihnen. Ich war selbst erstaunt über mich, welches Vokabular ich im Wortschatz hatte. Meine Eltern hatten sich in meiner Kindheit wirklich mühe mit mir gegeben. Nur jetzt war ich ihnen zu anstrengend!

„Ich werde nun nach Houston fahren und meinen Kumpel suchen! Tschüss!", verkündete ich und stürmte an der soeben eingetreten Lily vorbei. Mir war bewusst das die Fahrt nach Houston etwas länger dauern würde. Vor allem war ich noch nie dort gewesen. Sämtliche Städte in Europa hatte ich bereits besucht, nur eben Houston nicht. Zum Glück hatte ich mein Handy als Navi, sonst hätte ich niemals den Hauptsitz der ‚Kids of the Fallen Angels' gefunden. Erst kurz vor Mitternacht befand ich mich in der Stadt. Ich hatte beschlossen bei Tagesanbruch weiter zu suchen und nahm mir deswegen ein Hotelzimmer. Der Preis war mir egal. Meine Eltern zahlten ja!

Gestärkt mit einem kräftigen Frühstück und einem Kaffee in der Hand, verließ ich das Nobelhotel und stieg in meinen Wagen. Erstaunlicherweise fand ich den Sitz der Gang sehr schnell auf Google Maps und begab mich auch gleich dorthin. Unter Kameraverfolgung fuhr ich auf den Hof. Achtsame, stämmige Bandenmitglieder kamen sogleich auf mich zu. Langsam stieg ich aus, lehnte mit verschränkten Armen wartend an meinem Auto, bis mich jemand holen kam. Es dauerte eine geschlagene Viertelstunde. Erst dann trat ein ca. 1,90 Meter großer, dunkelhaariger Mann auf mich zu. „Crossshield, mitkommen!", meinte er barsch. Schnell folgte ich ihm, bevor er es sich anders überlegte.

All meine Wertsachen musste ich abgeben, wurde abgetastet und gescannt. Eine Schande, dass sie nichts fanden! Wäre ich nicht so entspannt in den Tag gestartet und von Aidens Gemüt, wäre ich bereits gereizt. Doch ich war von bester Laune. Sie führten mich durch das Haus. Immer wieder kamen mir Gangmitglieder entgegen. Die meisten sahen zu unschuldig dafür aus. Viel erstaunter war ich aber über Aidens Aufenthaltsort.

Statt ihm im Bett vorzufinden, saß er tiefenentspannt in einer Küche und frühstückte. Ihm gegenüber saß Rhett Nightmoor. What the fuck! So entspannt hatte ich Aiden noch nie gesehen. Er schien das hier wirklich zu genießen. Hoffentlich hatten sie ihm keine Drogen untergejubelt!

„Nathan, schön dich zu sehen!", begrüßte mich mein bester Freund. Er stand eindeutig unter Drogen oder hatte in der Nacht Sex! Vielleicht auch beides. Der Gangboss bedeutete mir, dass ich mich setzen sollte. Schnell tat ich, war er von mir wollte. Nicht das ich in Schwierigkeiten geriet. „Crossshield, wie kommt es zu der Ehre? Die Party hast du leider um ein paar Stunden verpasst!", sprach mich Nightmoor direkt an. Ich konnte nicht anders und starrte ihn erst einmal an. Es kam nicht oft vor, dass man einen der berüchtigtsten Gangsterbosse gegenübersaß. Doch Aiden schien das offenbar nicht zu stören.

„Ich hatte gestern ein sehr interessantes Gespräch mit Aidens Erziehungspersonen und da er nicht zu erreichen war, musste ich ihn eben persönlich suchen.", erzählte ich ihm, „Darf ich wissen, warum ihr beide so unbeschwert zusammen frühstückt?" Ohne Umschweife erläuterte Aiden mir seinen Tagesablauf. Beginnend mit seiner Odise mit einer gewissen Megan, über das Treffen mit Ms. Lenning und seiner Sauferei am Friedhof. Danach erzählte er mir, hätte er einen Blackout und seine Erinnerungslücken wurden offenbar durch Nightmoor wieder aufgefüllt.

Nach dem er am Friedhof eine Wodkaflasche getrunken hatte, war er irgendwie doch noch zu den ‚Kids oft he Fallen Angels' gelangt, hatte dort weiter gesoffen und war schließlich am nächsten morgen im Bett eines Gangmitglieds aufgewacht. Offenbar war der Gangsterboss ihm gegenübergesessen. Gruselig! Zu seiner guten Laune sagte Aiden nur, dass er trotz Blackouts wie ein Baby geschlafen hatte und ohne Kopfschmerzen aufgewacht war. „Gut!", war das einzige, was ich auf seine Erzählung aussagte, „Wann können wir gehen?" Sofort verflog das Lächeln in Aidens Gesicht. Und er wechselte einen Blick mit Nightmoor: „Ich bleibe hier!" „Aiden Jackson! Ich bin nicht aus Spaß den ganzen Weg nach Houston gefahren! Ich hätte die ganze Nacht mit Jess verbringen können. Du bist einer der besten Schüler, die ich kenne und du brichst deiner Mum gefälligst jetzt nicht zum hundertsten Mal das Herz, nur weil sie einmal zuerst an sich gedacht hat! Du kommst jetzt sofort mit nach Blackheil und wenn ich dazu töten muss!", schrie ich ihn an. Dabei klang ich bestimmt wie seine Mum. Etwas Peinlicheres gab es nicht. Aber es musste gesagt werden!

No way Badboy!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt