Am 6.März 1603:
Finsternis legte sich über die Dörfer von Cerkwall und drohte alles Leben auf den Straßen zu gegebener Stunde zu verschlucken. Die Nacht brach mit solcher Geschwindigkeit über uns alle herein, dass ich schon fürchtete, der Winter nehme dieses Jahr gar kein Ende mehr. Dabei war es schon März. Die Tage müssten allmählich wieder länger werden. Draußen spiegelten sich Bäche im Schein des Mondes und raschelnde Baumkronen wurden von Wind getragen und malten Schatten auf den vom Mondschein erstrahlten See vor meinem Anwesen.
Aber nicht hier drinnen in meiner von altem, fast morschem Holz geprägten Bibliothek, in die ich mich nicht gerade selten verkroch, wenn ich mich nach Ruhe oder Einsamkeit sehnte. Oft reichte es schon aus, wenn ich zu arbeiten hatte wie nun auch. Es beruhigte außerdem in diesem Moment meine Nerven etwas.
Da saß ich nun also wieder einmal und kümmerte mich um den Papierhaufen, der sich auf meinem eigentlich sehr aufgeräumten Schreibtisch, bis auf die Sache mit dem Papier, stapelte. Mein Arbeitszimmer lag dunkel vor mir. Die Welt hinter den Fenstern war düster und gefährlich. Einzig das Licht der Laternen half den Leuten, draußen überhaupt die Hand vor Augen erkennen zu können. Wie sie auf den Weg zu ihrer sicheren Bleibe waren, wo ihre Frauen die Ehemänner bereits erwarteten und, wo zahlreiche Hausierer an ferne Türe klopften. Das nur, um womöglich doch noch etwas von ihrer Ware verkaufen zu können und wenige Pfunde zu verdienen.
Eine große Zahl an Sternen funkelte am Himmel und im Mondschein leuchtete der Hof meines Anwesens nur noch geheimnisvoller. Langsam stand ich auf um die seidenen Vorhänge zu schließen, dessen samtweiche Bezüge das Fenster zierten.
Ich hatte es wirklich gut, nahezu fulminant. Im Gegensatz zu vielen anderen hatte ich eine sichere Bleibe schon seit meiner Geburt. Cerkwallmanor war für viele Leute eines der meist beeindruckenden Anwesen in der Umgebung Londons und viele Leute wünschten sich, hier auch zu hausen. Mit der perfekten Fassade, dem weitläufigen Garten und dem prunkvollen Ballsaal war es aber auch wirklich einzigartig. Allerdings gedachte ich nicht allzu viel zu schwärmen. Dies schien mir äußerst unpassend zu sein.
Im Schein der Kerzen besah ich mir die weiteren Papiere. Allzu viele Einladungen häuften sich und ebenso viele geschäftliche Angelegenheiten waren zu regeln. Im Grunde war ich ein sehr fleißiger Graf, aber ich glaube, dass viele von Euch den Überblick verlieren würden, wenn Eure Frau hochschwanger wäre und bald ihr erstes Kind zur Welt bringen würde. Ein Graf brauchte schließlich einen Nachfolger oder eben eine Nachfolgerin, wobei letzteres nicht wirklich dem Wunsch der Gesellschaft entspräche. Nein mehr noch, dazu führen würde, dass all mein Hab und Gut ein entfernter Cousin erben würde.
Ich setzte mich zurück an den Schreibtisch und nahm den ersten Brief zur Hand, prüfte die Anschrift, dass sich der Briefträger auch ja nicht vertan hatte. Doch, da stand es schwarz auf weiß! An seine Ehren Graf Nicholas Leopold Wulfric Aberforth Ghostwind. Nur hie und da schlich sich ein Fehler ein und es war ein anderer Empfänger. Diese Briefe sortierte ich aus. Auf ein paar wenigen Briefen war explizit die Anwesenheit meiner reizenden Frau erwünscht. An ihre Ehren Gräfin Violet Elisabeth Kathleen Ghostwind.
Ein wohliges Gefühl umgab mich, als ich an sie dachte. Sie war guter Hoffnung und würde schon in wenigen Tagen mein erstes Kind gebären. Ich betete zu Gott, dass er mir ein gesundes Kind schenkte und Violet die Geburt überlebte. Vermutlich war es nun wieder an der Zeit nach ihr zu sehen. Bei einer schwangeren Frau sollte man gewiss kein Risiko eingehen.
Doch, gerade als ich aufstehen wollte, um nach ihr zu sehen, erschien ein merkwürdiger weißer Schein und die Kerze an meinem Schreibtisch flackerte, bis sie schließlich erlosch. Nun sah ich nichts mehr, nichts außer dem weißen Schein, der sich unheimlich in der Luft räkelte. So grell, dass er dem hellsten Schein der Mittagssonne glich. Es dauerte eine Weile, bis etwas geschah.
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Fate And The Present- Die Auserwählte
FantasyGut ist nicht gleich gut und böse ist nicht gleich böse. Aber wer bist du wirklich, wenn die Grenzen verschwimmen? Was soll Rose nur tun? Es ist nicht nur so, dass die 16-jährige Adelige aus dem beginnenden 17. Jahrhundert gestorben ist...Nein, jetz...