Sichtwechsel: Layla
„Ja, hast du!", sagte ich. Wut brodelte in meinem Körper hoch, wie die Lava in einem Vulkan. Langsam atmete ich ein und aus und kam wieder runter. Selbstbeherrschung, Layla! Das kannst du sonst doch auch so gut.
Verwirrt starrte sie in mein Gesicht, als wäre sie vollkommen unschuldig. Wahrscheinlich machte die das auch noch extra.
Ich räusperte mich und drohte leise: „Ich bin nicht freundlich! Kapiert? Wenn du gesagt hast, ich wäre nett, hast du gelogen, denn ich bin nicht nett. Ich bin ein Vampir! Ich bin böse! Wenn du noch einmal so etwas behauptest, werde ich dir eigenhändig den Kopf abreißen. Und mir wird dann auch völlig egal sein, dass wir dich offenbar brauchen oder so. Denn, wenn du glaubst, dass du wichtig bist und wir dich brauchen, liegst du falsch, weil wir dich eben nicht brauchen. Wir sind bestens ohne dich ausgekommen! Und wenn du glaubst, du könntest dich zwischen die Freundschaft von mir und Jake, und auch Paul drängen, liegst du falsch. Du bist nur Ballast für unsere Mission, weil wir schon unser ganzes Leben das Böse kennen und es auch sind, während du offenbar nur die guten Seiten oder was auch immer kennst. Wenn du willst kannst du ruhig wieder verschwinden von dort wo du herkommst und dich weiter mit einer glücklichen Zukunft im Jahr 301 oder wann auch immer du gelebt hast, befassen, weil du hier ja nichts anderes kannst. Hast du das verstanden? Hier spielt eine andere Musik und wenn du glaubst, du hättest das gleiche herrschaftliche Leben und du hättest zehntausend Diener und eine Leibgarde hier, hast du dich gehörig geschnitten. Wahrscheinlich hast du beim Himmel nur aus versehen eine falsche Abzweigung genommen und müsstest statt hier zu sein eigentlich jetzt bei deinem Herrscher und den ganzen anderen Toten sein, oder an wen du auch immer glaubst. Aber nicht hier, weil hier ein anderes Leben ist, in das du verdammt nochmal nicht gehörst. Und wenn du dir auch nur noch einen Fehler erlaubst, werde ich dich mit dem größten Spaß der Welt auf die grausamste Art ermorden, die du dir in deinem kleinen Gehirn auch nur ausmalen kannst!"
Ich sprach dunkel, leise und ruhig, dennoch mit drohendem Unterton. Eine Weile war es still.
Mit süffisanter Stimme ergänzte ich spielerisch: „Verstanden, Prinzessin? Eigentlich müsste ich dich ja loben. So viele dumme Dinge hast du bisher gar nicht getan und du kannst wahrscheinlich ziemlich viele Dinge unfassbar gut."
Mit der Zunge fühlte ich meine spitzen Zähne, die bedrohlich im Licht der Fackel funkeln mussten, leckte einmal darüber, ließ die Neue dabei nicht aus den Augen. Plötzlich spürte ich den Drang, sie zu töten, sehnte mich nach einem qualvollen Aufschrei. Wütend wandte ich den Kopf in das Gesicht von Rose.
Völlig verängstigt stand sie auf ihrem Platz. Reglos verkrampfte sie ihre Arme und Beine und ließ zu, wie kleine Tränen ihre weiße Wange hinunter rollten. Sie nickte mit geweiteten Augen, bis sie schließlich wimmerte: „1603-1619."
Verwirrt blinzelte ich. „Was meinst du damit?", fragte ich mit normaler Lautstärke. Die Wut stand mir deutlich ins Gesicht geschrieben.
„Die Zeit, in der ich gelebt habe", flüsterte sie, ohne sich die Mühe zu machen, die Tränen wegzuwischen.
„Aha", machte ich nur, konnte aber nicht verhindern, dass ich sie immer noch hasserfüllt anstarrte.
„Du glaubst wohl, du könntest dir alles erlauben. Die Welt hier so verändern, wie es dir gefällt. Licht ins Dunkle werfen und den Machenschaften hier ein Ende setzen. Aber Screenwich wird untergehen, wenn du es auch nur versuchst. Der Untergrund hat sich ein hinterlistiges Mädchen als Kandidatin ersehnt und dich bekommen. Wir alle müssen damit leben. Sowohl du als auch ich. Du musst dich verändern, wenn du hier überhaupt etwas zu melden haben willst. Hier laufen die Dinge anders. Völlig anders. Wenn du geschlagen wirst, schlägst du zurück. Wenn du angeschrien wirst, schreist du zurück. Wenn dir etwas anderes widerfährt, auch, wenn du selbst dran schuld bist, schiebst du die Schuld jemandem anderen in die Schuhe und sorgst dafür, dass ihm das widerfährt. Ganz einfach. Feuer mit Feuer bekämpfen. Keine Freundschaft, kein Liebesgesäusel, kein Gefasel vom Sinn des Lebens oder Frieden, oder was für ein Quatsch Mädchen wie dir sonst noch einfallen könnte. Kapiert?"
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Fate And The Present- Die Auserwählte
FantasyGut ist nicht gleich gut und böse ist nicht gleich böse. Aber wer bist du wirklich, wenn die Grenzen verschwimmen? Was soll Rose nur tun? Es ist nicht nur so, dass die 16-jährige Adelige aus dem beginnenden 17. Jahrhundert gestorben ist...Nein, jetz...