Kapitel 29: Die Strafe

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Sichtwechsel: Paul

Einen Tag später gab es dann wieder unsere normale Routine, die mittlerweile für uns zum Alltag geworden war. Von 05:00- 08:45 mussten wir für Halloween üben und im Anschluss besuchten wir die Menschenschule bis 16:30. Danach nahmen wir gezwungenermaßen noch an Arbeitsgemeinschaften teil, ehe wir zurück nach Screenwich durften. Wenn wir aber erst einmal dort waren hatten wir natürlich noch Hausaufgaben zu machen oder für Arbeiten zu lernen.

Doch mit der Zeit fing es an, anders zu werden.

Mir blieb nichts anderes übrig, als den normalen Rhythmus beizubehalten, den man mir und meinen Bekannten aufdrängte und ich gehorchte immer noch dem, was mein Vater mir auferlegte. Zumindest versuchte ich es.

Aber irgendwann fragte ich mich, warum wir dies tun sollten. Und ich sprach meinen Vater darauf an.

Es war beim Essen, als mir dieser Gedanke kam. Unser Haussklave brachte uns das Essen. Es war wie immer ungewöhnlich still und kalt. Ohne Liebe und Geborgenheit, aber ich kannte es auch nicht anders.

„Ich habe eine Frage", sprach ich in die Stille hinein.

Mein Vater sah kalt von seinem Essen auf. „Was habe ich dir gesagt?"

„Keine Fragen stellen beim Essen, einer Unterhaltung, Terminen, oder generell. Nicht sprechen, oder andere Unannehmlichkeiten tun. Keinen Schaden anrichten. Mein Vater ist über mir gestellt. Mein Großvater ist über uns alle gestellt. Die Frauen sind weiter unten gestellt. Keine Regel darf missachtet werden, sonst werde ich bestraft", zählte ich monoton auf und ausdruckslos auf.

Mein Vater wandte sich wieder seinem Essen zu. Es wurde wieder still.

„Warum gehen wir in die Menschenwelt, wenn wir die Menschen doch als Narren beschimpfen und warum gehe ich dort zur Schule, wenn ich doch auch hier unterrichtet werden könnte? Und warum soll ich die Menschen an Halloween erschrecken?"

Er sah mich nur kalt an, als er von seinem Essen aufsah. Unberechenbare, leere Augen ohne Funkeln. Seine Lippen formten still Wörter. „In deinem Zimmer. Nach dem Essen!" Dann aß er weiter.

Schnell schluckte ich einen Kloß hinunter, der mir die Luft zuschnürte. Natürlich wusste ich, was gleich passieren würde. Und das machte mir Angst...

Er packte mich energisch am Arm und zog mich zu meinem Zimmer. Die letzten Meter zog er so fest an meinem Ohr, dass ich fürchtete, er würde es mir abreißen. Dort angekommen riss er die Tür auf und schupste mich ins Zimmer, sodass ich umfiel. Schnell rappelte ich mich auf, doch da schlug er auch schon zu. Ein-, zwei-, dreimal, ich wusste nicht mehr, wie oft. Ich schmeckte Blut in meinem Mund und sah, dass meine Nase blutete. Der Geschmack von Eisen machte sich in mir breit und ich spürte den Schmerz, der in mir ein taubes Gefühl auslöste.

Wie auf Kommando kamen zwei alte Bekannte ins Zimmer, beide wie immer in schwarze Kleidung gehüllt, und schlossen hinter sich die Tür ab. Sie sahen fragend zu meinem Vater.

„Sehr gut. Da sind Sie ja endlich. Wie immer bitte das volle Programm." Er setzte sich auf einen Stuhl und nahm eine Tasse Espresso entgegen, die ein Diener ihm reichte. Dann sah er genüsslich dabei zu, wie ich an einen weiteren Stuhl gekettet wurde.

Da schlug der Größere der Männer auch schon zu. Schmerzen lösten ein taubes Gefühl aus, mein Kopf dröhnte und schmerzte fürchterlich. Schnell schloss ich meine Augen und versuchte verzweifelt an etwas anderes zu denken, was mir jedoch beim besten Willen nicht sonderlich gelang. Keine einzelne Träne vergeudete ich dafür.

Ein weiterer Schlag donnerte in mein Gesicht, gefolgt von vielen weiteren und die Männer warfen meinen Stuhl um, sodass ich mit meinem Gesicht auf dem Boden landete. Die Schmerzen waren das Einzige, woran ich denken konnte. Tausende Nadelstiche brannten sich in meine Haut ein. Mit jeder Sekunde stieg der Schmerz. Müdigkeit überkam mich und ich schloss meine Augen...

Fate And The Present- Die AuserwählteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt