Sichtwechsel: Jake
„Ich komme ja schon!", schrie ich entnervt in Richtung Tür.
Schnell stopfte ich drei Hefter in meine Tasche und verließ wutentbrannt mein unaufgeräumtes Zimmer, wobei ich versehentlich den Schreibtisch umstieß. Alle Stifte prasselten auf mein nächstgelegeneres Bett, wie der Regen auf eine Mülltonne. Allerdings musste ich zugeben, dass man mein Bett ruhig mit einer Mülltonne vergleichen konnte. Mich störte der Müll jedoch herzlich wenig, was zum Teil daran lag, dass ich die Matratze sowieso noch nie gebraucht habe.
Ich zog es vor auf dem Boden zu dösen. Richtig schlafen konnte ich nicht. Ein Wolf war nun einmal andere Dinge gewöhnt als ein normaler Mensch.
Wir Wölfe kannten keine Zuneigung und wollten es auch nicht. Zuneigung bedeutete Liebe und Liebe bedeutete Schwäche und mit Schwäche verlor man einen Kampf. Und ich verlor nie!
Das hat mir meine Mum schon früh beigebracht und ich teilte ihre Meinung vollkommen. Sie hatte mir außerdem gesagt, dass ich nicht zu sehr auf die Freundschaft der anderen vertrauen sollte. Das tat ich ja aber auch selbstverständlich nicht. Das tat keiner von uns.
Wir waren zusammen wie ich und mein Rudel. Ganz einfach und völlig unkompliziert. Allerdings hatte es etwas länger gedauert, bis ich meinen Eltern weismachen konnte, dass eine blutrünstige Fledermaus ebenfalls in der Gruppe war.
Da riss mich Mum schon wieder aus den Gedanken: „Wo bleibst du denn schon wieder? Kriegt ihr scheiß Männer in diesem Haus denn nichts auf die Reihe? Die anderen warten bestimmt schon auf dich! Na los! Mach hin! Schwachkopf!"
„Schlampe", zischte ich.
Ich hasste sie. Ich hasste ihre Art, ihren Hang zum Egoismus. Ich hasste es, wie sie sprach, atmete und mich versuchte, fertig zu machen. Und ich hasste dieses Gefühl, wenn ich erkannte, dass meine Mum mich auch hasste. Ich hasste sie so sehr, dass ich sie am liebsten genau jetzt qualvoll ermorden wollte!
„Ich tauch da auf, wann ich will. Du hast mir eh nichts zu sagen", rief ich von oben, schnappte mir meine Tasche und sprang die Treppe runter.
Unten wurde ich von meiner über alles geliebten Mutter herzlich begrüßt mit den Worten: „Das hab ich genau gehört, Pisser. Da bist du ja! Na los! Verschwinde! Und guten Hunger für die Menschen da, die nichts anderes als den qualvollen Tod verdient haben. Komm nicht zu früh! Ach ja. Heute ist eine Besprechung mit dem Rudel! Kann ein bisschen länger dauern."
Mit gehobenen Händen scheuchte sie mich aus unserer Höhle hinaus in den noch dunklen Wald. Instinktiv schüttelte ich grinsend den Kopf. Mum dachte tatsächlich, ich würde in die Menschenwelt gehen, um die Leute da zu zerfleischen. Fenrir vertraute ihr wohl nicht einmal das an...
Innerhalb von einer halben Sekunde verwandelte ich mich zurück in meine Wolfsgestalt und lief los...
Adrenalin jagte durch meine Adern, als ich durch den Wald rannte. Ich kannte dort jeden Stock und Stein. Ein Mensch konnte kaum die Hand vor Augen erkennen in der finsteren Dunkelheit in der Tiefe des Waldes. Mit aller Kraft rannte ich so schnell wie ich konnte und reagierte mich ab, ließ meine Wut an einem Reh ab, dass meinen Weg kreuzte. Es schrie und wehrte sich durch Zappeln, doch meine Zähne schlitzten den Körper wie Reißzähne auf. Sofort rannte ich weiter.
Nach geschätzten zehn Minuten erreichte ich den Marktplatz und rannte daran vorbei zum Ministerium. Dort warteten bereits Rose und Paul und natürlich Mr. Shepard.
Ich verwandelte mich zurück und wischte meine blutigen Lippen mit dem Ärmel ab. Mr. Shepard wandte angewidert den Kopf ab. Auch Rose schluckte einmal und bemühte sich, den Würgreflex bei ihr zu unterdrücken.
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Fate And The Present- Die Auserwählte
FantasyGut ist nicht gleich gut und böse ist nicht gleich böse. Aber wer bist du wirklich, wenn die Grenzen verschwimmen? Was soll Rose nur tun? Es ist nicht nur so, dass die 16-jährige Adelige aus dem beginnenden 17. Jahrhundert gestorben ist...Nein, jetz...