Kapitel 74: Irgendwann sehen wir uns wieder

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Eine Woche später:

Ich betrat den Marktplatz. Layla und Jake warteten bereits auf mich. Sie würden heute mit mir zum Friedhof gehen. Ich würde zum ersten Mal das Grab von meinen Eltern sehen. Ich würde das erste Mal das Grab von Paul sehen und Layla und Jake unterstützten mich dabei. Sie war eine so gute Freundin und er ein wirklich guter Freund. Ich hatte es nicht geschafft, eher zum Friedhof zu gehen. Alleine schon gar nicht. Ich wusste auch nicht, ob ich jetzt dafür bereit war.

Aber jemand hatte mich gelehrt, meinen Ängsten ins Auge zu sehen. Mir blieb gar keine andere Wahl.

Nun kamen sie mir entgegen. Wir begrüßten uns schnell. Ich versuchte auszuweichen, wollte nicht meine Unsicherheit zeigen, wollte das Zittern meiner Arme und Beine verbergen sowie meine schreckliche Angst, was mir nur mäßig gelang.

Dann warf Layla einen Blick auf den fehlenden Kinderwagen und die fehlende Isabelle. Während der vergangenen Woche war sie immer wieder und wieder gekommen, um Isabelle zu sehen. Layla hatte auf Isabelle aufgepasst, als ich ins Ministerium gegangen war, um eine neue Familie für Isabelle zu finden, sie zu melden und andere Dinge zu klären, was die Anfragen der Politik anging. Die Angestellten dort meinten jedoch, es würde eine Weile dauern, bis sie ein Paar gefunden hätten, dass diese Aufgabe übernehmen wollen würde. Bis dahin müsste Isabelle von einer Betreuerin im magischen Pflegeheim großgezogen werden.

Es tat mir weh, sie abzugeben. Ich mochte Isabelle sehr. Dennoch war es das Beste für sie. Ich war im Moment nicht zurechnungsfähig. Ich hatte gerade erst den Tod von Paul realisiert. Noch immer füllten sich meine Augen mit Tränen, wenn ich nur an ihn dachte.

„Also ich finde, sie hätte sich bei dir am Wohlsten gefühlt. Adoptiere du sie doch. Das tut euch beiden bestimmt gut", rief Layla aufmunternd. Wir drei stiegen in die Teleportationszelle.

„Ich habe schon darüber nachgedacht, aber ich weiß nicht, ob ich es kann und es sich richtig anfühlt, mich direkt um jemand so kleinen und verletzlichen zu kümmern. Vielleicht ist es einfach besser so", murmelte ich wahrheitsgemäß. Jake schüttelte den Kopf.

„Sie braucht dich und nicht irgendeine Heimmutter, die Daisy nie gekannt hat." Statt einer Antwort wählte ich für uns auf der Landkarte als Ort den Friedhof aus. Das Innere der Zelle bewegte sich erneut und wir drehten uns mit ihr. Ein Gefühl von Übelkeit stieg in mir auf.

Endlich, mehr oder weniger endlich, waren wir auch schon da. Mit einem ängstlichen, mulmigen Gefühl stieg ich aus. Der Friedhof sah genau so aus, wie vorher. Natürlich war er größer nach der Schlacht, dennoch genau so friedlich wie zuvor.

Ich wusste nicht, wo das Grab meiner Eltern war. Statt erst einmal genau zu gucken, schlug ich nach Gefühl einfach schnurstracks eine Richtung ein. Es sah mir nicht ähnlich, aber in der letzten Woche hatte ich kaum noch etwas wirklich für mich Typisches gemacht.

Es war, als wäre ich nicht mehr ich selbst. Als wäre mein Ich gefangen in einem schwarzen Mantel aus Kummer und Schmerz, der von Stärke zu einer neuen Person geworden war. Meine Freunde kamen mir hinterher gelaufen, aber hielten Abstand. Verwundert sah ich sie an.

„Du solltest das besser alleine sehen. Nur kurz. Wenn du willst, komm ich auch direkt mit", sagte Layla sanft. Langsam schüttelte ich den Kopf. Nein, sie hatte wohl recht.

Da! Plötzlich sah ich es. Ich fühlte schon aus der Ferne, dass es das Grab meiner Eltern war. Es ging eine merkwürdige Wärme von ihm aus. Das Grab hatte einen grau geschliffenen Stein mit goldenen Lettern und über der dunklen Erde ein hübsches Blumenbeet mit weißen Blüten. Die Namen auf dem Stein zu sehen fühlte sich merkwürdig an.

Fate And The Present- Die AuserwählteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt