Sichtwechsel: Jake
„Nicht zu fassen. Einfach unfassbar das Ganze", beschwerte sich Mr. Shepard. „Hätte nicht jemand erwähnen können, dass die Engländer kein Halloween feiern?"
„Sie hätten ja auch einfach recherchieren können", meinte Layla.
„Ich recherchiere doch nicht. Ich bin der Bürgermeister!"
„Und zu seinen Aufgaben zählt auch, sich zu informieren."
„Oh nein. Ich bekomme die Informationen und unterschreibe die Gesetze! Mehr nicht!"
„Und wer stellt die Gesetze dann auf?"
„Hört sofort auf!", rief Mr. Shepard. „Das Einzige, was wir jetzt brauchen, ist ein todsicherer Plan. Erkundigt euch bei euren Mitschülern nach Festen, die extrem wichtig sind. Ein Fest, wo möglichst viele Leute von Zuhause weg gehen. Bis dahin bewahrt ihr Stillschweigen, verstanden? Ich werde euch direkt jetzt in die Schule schicken, damit wir möglichst schnell einen geeigneten Tag finden. In Ordnung?"
Wir alle nickten, obwohl wir alle lieber protestiert hätten, was aber ohnehin nichts genützt hätte.
So schnell wie wir konnten, zogen wir uns unsere Schuluniform an, nahmen unsere Schultasche und wuschen die Kratzer ab. Eine halbe Stunde später sahen wir statt Monstergestalten wieder aus wie ganz normale Schulkinder.
Er eröffnete das Portal und verstellte die Zeit so, dass es passte. Dann gelangten wir zurück in die Menschenwelt. Jetzt war es früher morgen und Anfang der Schule.
Der Himmel war weiß und von unzähligen Wolken übersät und es regnete leicht. Ein Geruch von Regen und Abgasen durchzog die Luft und wir beeilten uns nur umso mehr, zur Schule zu kommen. Als der Regen stärker wurde, zückte Paul einen Regenschirm, Rose und Layla machten es ihm nach. Ich hatte jedoch keinen dabei und stellte mich bei einer Bushaltestelle unter.
Plötzlich kam eine starke Windböe auf. Layla schlitterte über die rutschigen Pflaster und kämpfte vergebens mit ihrem Regenschirm. Die Stangen verbogen sich und der Stoff riss ab. Fluchend warf sie das nutzlose Ding fort, krempelte den Kragen ihrer Jacke hoch und stellte sich zu uns unter. Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen, woraufhin sie mir einen bösen Blick zuwarf.
Nach ein paar Minuten hörte der Regen dann ganz auf und wir konnten in Ruhe zur Schule laufen. Wir waren noch nicht zu spät. Die Schülermassen befanden sich in der Pausenhalle und stellten sich unter. Allerdings bemerkten nur die wenigsten, dass der Regen längst wieder aufgehört hatte, sie waren zu sehr mit ihren Handys beschäftigt.
„Hallo!", ertönte eine Stimme hinter mir und ich drehte mich um. Es war Sophie. „Warum seid Ihr heute so spät?"
„Regen!", antwortete ich und sie nickte verständnisvoll. Da fiel mir wieder ein, was Layla gesagt hatte und ich drehte mich wieder zu den anderen um. Verwundert stellte sich Sophie zu uns in den Kreis.
„Wann ist hier eigentlich so das nächste große Fest?", wollte Paul nach einer Weile wissen.
„Vor Weihnachten kommt höchstens Homecoming Tag, oder Guy Fawkes Tag", erklärte Matthew und Jessica hörte zu.
„Ja, aber, wenn ihr mich fragt, ist unser Schulfest, also Homecoming, viel besser. Eine ganze Woche lang wird es hier tolle Aktivitäten geben und am Ende der Woche gibt es dann ein riesiges Footballspiel wo die ganze Schule bei zuguckt. Der krönende Abschluss ist dann noch ein Schulball, den die ganze Schule besucht. Man geht da mit seinem Freund hin, oder wird zumindest von einem Jungen gefragt, mit dem man dann dort tanzt. Hoffentlich werde ich gefragt." Sie schaute offensichtlich zu Paul und lächelte ihn an. Dieser sah ausdruckslos weg und unterhielt sich weiter mit Matthew. Bevor ich mich jedoch auch unterhalten konnte, klingelte es auch schon zur Schulstunde.
Es dauerte wirklich lange, bis der Schultag dann auch rum war. Die anderen wollten sich noch mit uns Treffen, zumindest die Mädchen, aber wir winkten ab und wollten nur noch zurück nach Screenwich. Mittlerweile war ich schon achtundvierzig Stunden auf den Beinen und hatte keine Sekunde gefaulenzt. Das sah mir gar nicht ähnlich.
Zurück in Screenwich berichtete Rose Mr. Shepard ausführlich von den beiden Terminen, ehe wir verschwinden konnten. Eigentlich wollte ich nur noch entspannen, aber ich hatte wirklich keinen Bock auf die vielen Fragen von meinem kleinen Bruder Josef, meiner Schwester Lucy oder meinen Eltern. Den anderen ging es ähnlich, weswegen wir ins Hauptquartier verschwanden.
Kaputt schmiss ich mich auf das Sofa in unserem Hauptquartier und hörte den anderen bloß zu. Layla schubste mich vom Sofa. Wütend schrie ich ihr ins Gesicht.
„Lass das endlich, du dumme Kuh."
„Wen nennst du hier dumme Kuh?"
„Hör auf!"
„Hör du doch auf!"
Langsam wurde es mir echt zu blöd und ich begann ernsthaft darüber nachzudenken, was schlimmer war. Eine wütende Mutter, oder eine nervende Layla und ich kam recht bald zu dem Schluss, dass Letzteres zutraf.
„Ich geh mal nach Hause."
Paul und Rose unterhielten sich gerade. Ich fing ein paar Wortfetzen von Büchern, Fate, unmöglich und Geheimnis auf. Sie nickten dann aber.
„Das wird wohl besser sein. Ich werde jetzt auch gehen", erklärte Rose.
„Ich auch", schloss Paul sich an.
„Na super. Dann kann ich auch gleich gehen. Bis dann", rief Layla und verließ sogar noch als erstes durch ihren Geheimgang das Quartier.
„Tschüss!", verabschiedete sich auch Rose und betätigte den Schalter, sodass das Bücherregal aufschwang.
Paul teleportierte sich direkt in die Hölle. Schließlich verließ ich unser Quartier, verwandelte mich in einen Wolf und rannte so schnell mich meine Pfoten tragen konnten, nach Hause in meine Höhle.
Ich ließ Stock und Stein hinter mir, hüpfte über feuchte Moosstellen und streifte nasse Büsche. Der Wind peitschte mir feucht ins Gesicht und mein Fell wurde nass durch die Wassertropfen, die von den Pflanzen tropften. Kälte durchzog mich und ich wünschte mir sofort, endlich Zuhause zu sein. Als ich die ersten Höhlen meines Dorfes erreichte, durchdrang ein Heulen meine Kehle und noch im selben Moment fühlte ich mich wieder geborgen und frei. Ein anderes Heulen erwiderte den Laut aus meiner Kehle. Es bedeutete: „Hier bist du Zuhause und wieder frei!"
Doch als ich jedoch Zuhause ankam, wartete dort meine wütende Mutter. Bevor ich irgendetwas tun konnte, schlug sie mir heftig gegen den Wolfskopf, dass es nur so klatschte. Wimmernd und mit einem kläglichen Jaulen machte ich ihr klar, dass ich ihr unterwürfig war, was mir gar nicht gefiel.
Eilig verwandelte ich mich zurück in meine Menschengestalt, aber da bekam ich auch schon die nächste Ohrfeige. „Warum bist du so spät? Und lüge mich nicht an!"
Hinter ihr sah ich meinen kleinsten Bruder. Josef blickte ängstlich in mein Gesicht. Noch im selben Moment lächelte ich ihn an. Er sollte nicht Angst vor seiner Mutter haben und denken, sie sei ein Monster. Es reichte schon, wenn ich so dachte. Er lächelte zurück und verschwand dann in sein Zimmer. Kurz bevor ich den nächsten Schlag erlitt.
Mein Gesicht pochte und lief an der Wange rot an, wie ich im Spiegel erkennen konnte, als ich wenig später in mein Zimmer kam. Während des Abendessens wurden mir viele Fragen gestellt und meine Familie war empört, dass wir das Erschrecken immer noch nicht hinter uns gebracht hatten.
„Das ist nicht normal. Ich werde sofort Fenrir informieren, obwohl er es wahrscheinlich sowieso schon vom Untergrund weiß. So schlecht informiert waren die aber lange nicht mehr", schrie mein Vater mit lauter Stimme und ballt dabei seine Hände zu Fäusten. „Du gehörst zu deinem Rudel und nirgendwo sonst hin!"
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Fate And The Present- Die Auserwählte
FantasyGut ist nicht gleich gut und böse ist nicht gleich böse. Aber wer bist du wirklich, wenn die Grenzen verschwimmen? Was soll Rose nur tun? Es ist nicht nur so, dass die 16-jährige Adelige aus dem beginnenden 17. Jahrhundert gestorben ist...Nein, jetz...