Kapitel 28: Wiedersehen mit Cerkwallmanor

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Sichtwechsel: Rose

Hinter dieser Tür verbarg sich wie gedacht die beeindruckende Gemäldegalerie. Hier hingen all die Bilder meiner Vorfahren. Bei einem großen Exemplar an der Wand blieb ich stehen. Ein paar von den Bildern waren mir neu und mussten wohl nach meinem Tod entstanden sein.

Mein Herz pochte als ich auf das Gemälde sah. Es zeigte meine Großeltern als verheiratetes Ehepaar mit meinem Vater auf dem Schoß, der zu diesem Zeitpunkt gerade einmal fünf Jahre alt gewesen war. Sie alle sahen so glücklich aus. Direkt daneben war das riesige Gemälde meiner Familie. Meine Eltern sahen so glücklich aus. Der Maler war ein alter Bekannter und hatte sich damals viel Mühe für unser Bild gegeben. Es war ihm wirklich großartig gelungen.

Dann wanderte mein Blick weiter zu meinem Abbild. Es war für mich kein ganzes Jahr her, als ich gemalt worden bin, doch trotz dessen war es etwa 400 Jahre her.

Hier war es fast vierhundert Jahre her.

Ein Schmunzeln glitt mir über die Lippen, als ich mich selbst auf dem Gemälde sah. So vieles hatte sich geändert, aber das Mädchen, dass die Aufgabe hatte, das Anwesen weiter zu führen und einen wildfremden Mann heiraten sollte, um ja die Rolle einer adeligen Frau zu erfüllen, existierte nicht mehr.

Mein Verhalten war anders geworden. Nicht etwa schlecht, das wollte ich nicht sagen. Aber die Rolle einer adeligen Frau oder Mädchens ist doch immer gleich gewesen damals. Sie alle hatten die Rolle einer Ehefrau und Mutter, aber nur wenige waren in die Geschichte eingegangen, weil sie die Welt veränderten oder etwas aus ihrem Leben machten. Niemals wollte ich so enden- als Witwe oder unglücklich verheiratet mit einem Mann, den die Frau nicht liebte oder, der die Frau nicht liebte. Damals galt es als töricht, diesen Gedanken auch nur zu denken, deswegen blieb er lange Zeit unausgesprochen.

In dieser Welt und der Welt von Screenwich war dies nicht mehr notwendig.

Die anderen sahen sich ebenfalls das Einzelporträt an, auf das ich solange starrte. Meine Haare waren in einer wunderschönen Frisur nach hinten gebunden und vordere Strähnen zu goldenen Engelslöckchen gedreht. Hübscher Schmuck baumelte meinen Hals hinunter. Noch heute weiß ich, dass es ein teurer Saphir war, den ich von meinem Cousin geschenkt bekommen hatte anlässlich eines Kennenlernens und vorläufiger Verlobung, die ein paar Monate später vermutlich auch eingetreten wäre, wenn ich dann noch gelebt hätte. Mein Kleid war silbern und bläulich und ist extra für diese Kette geschneidert worden. In dem Gemälde lächelte ich wie eine Prinzessin.

„Komisch", murmelte Sophie.

„Was ist los?", fragte Jessica.

„Irgendwie erinnert die mich an wen", erklärte diese.

Ein Schauer lief mir über den Rücken. „Echt?", wollte ich wissen. Ich meine, wäre ja nicht so, dass ich das war, fügte ich in meinen Gedanken hinzu.

Sie zuckte mit den Achseln. „Keine Ahnung. Denke ich. Aber ich weiß nicht, woher."

„Vielleicht aus dem Geschichtsbuch", schlug Jake vor.

„Oder aus dem Unterricht", ergänzte Paul.

„Aber an wen kann dich die Frau denn erinnern?", meinte Layla gespielt überrascht und deutete auf ein ganz anderes Gemälde, das mir gänzlich unbekannt war. Es musste eine Nachfahrin von Henry sein...

„Nicht die Frau", rief Sophie. „Das Mädchen auf diesem Gemälde!" #

„Jetzt wo du es sagst, erinnert die mich auch an wen", sprach Jessica nachdenklich aus.

Erleichtert atmete Sophie aus. „Oh zum Glück. Dann bin ich also nicht verrückt?"

Mike und Matthew fingen an zu lachen. Mir wurde augenblicklich schlecht und ein beklemmendes Gefühl beschlich mich.

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