Kapitel 50: Alleine im Schnee

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Ein paar Wochen später:

Sichtwechsel: Paul

„Paul, glaubst du vielleicht, dass Mr. Shepard nicht unbedingt alleine an dem Tod von Jessica und Sophie Schuld ist?", fragte mich Rose zögerlich. Ich überlegte einen Moment. Die Frage kam recht überraschend, wir hatten seit einer Weile nicht mehr über die Beiden gesprochen. Wir stapften schweigend weiter. Seit ein paar Stunden liefen wir nun schon durch die triste Gegend. Ein Windstoß gefolgt von dem Nächsten. Jake und Layla liefen etwas weiter hinten und unterhielten sich, über was hätte ich nicht sagen können.

„Ja. Ich bin mir da sogar ziemlich sicher. Mr. Shepard wird es wohl kaum alleine durchgezogen haben. Seine Entscheidungen beruhen ganz auf den Entscheidungen des Untergrundes. Auch wenn er zum Untergrund gehört und die Entscheidungen auch bekanntgibt, so denke ich nicht, dass er sie auch tatsächlich bestimmt. Zu dem Untergrund zählen schließlich mehrere Leute. Ghost Arthur, Fenrir, Graf Dracula, mein Großvater und eben auch Mr. Shepard. Er hat die höchste politische Stellung, aber ich kenne meinen Großvater. Es gibt keine Person, die höher gestellt ist, als er. So denkt er jedenfalls. Und wenn er merkt, dass eine Person diesen Triumpf gefährden könnte, schafft er sie aus dem Weg. Er hat sich in aller Welt einen Namen gemacht. Jeder kennt ihn und auch jeder fürchtet ihn. In Wirklichkeit lenkt er Screenwich, die Politik und das Parlament. Deswegen sind die Sitten in Screenwich ja auch so schrecklich und grausam. Der Teufel benutzt Mr. Shepard nur. Zudem beruhigt es das Volk, wenn es weiß, dass es in guten Händen ist. Generell sind die wirklich Bösen in Screenwich nur unsere Vorfahren, der Untergrund", legte ich offen. Es war immer offensichtlich gewesen und doch hatte es nie jemand ausgesprochen. „Aber das ist doch nicht richtig. Warum wehrt sich das Volk denn nicht. Sie könnten Screenwich doch so viel besser machen", protestierte Rose verständnislos. Meinem Gesicht entglitt ein kleines Schmunzeln.

Dann wurde ich wieder ernst. „Man kann nur schlecht gegen etwas antreten, wenn man es gar nicht kennt. Das Volk weiß nur recht wenig von den Intrigen und interessiert sich oft mehr für den Klatsch und Tratsch, statt für wirklich wichtige Dinge. Bei deiner Ankunft zum Beispiel war es ähnlich. Die Reporter und Journalisten wollten alles über dich wissen und haben während du unterrichtet wurdest sogar manchmal das Haus deiner Eltern belagert, weil sie so neugierig waren. In der Zeitung wurde monatelang von uns vieren berichtet. Selbst als wir in der Menschenwelt waren kam immer wieder ein Artikel heraus, was wir denn dort so machen würden. Währenddessen ist die Politik für viele in den Hintergrund gerückt. Im Parlament geht nicht alles mit rechten Dingen zu. Ich habe gehört, manche würden dort sogar vom Untergrund bestochen werden, damit sie die Gesetze, die Mr. Shepard aufstellt, auch für gültig erklären. Selbst wenn das Volk von all den Intrigen in Screenwich wissen würde. Es würde nicht viel ändern. Das Volk würde es vermutlich sogar für gut heißen, was dort alles so verbrochen wird. Wenn man in Screenwich mordet, stiehlt, oder etwas anderes Schlimmes tut, wofür man eigentlich bestraft werden müsste, spricht man hier seinen Glückwunsch für diese Tat aus. Es ist mit der Zeit einfach vollkommen normal geworden. Andere Rassen treffen sich nicht, sondern sind im Übrigen Feinde. Jede Rasse bleibt für sich allein. Sei es zur Vergnügung, in der Schule, bei der Arbeit oder sogar der Heirat. Etwas anderes ist nicht erlaubt. Vermischte Rassen werden ausgerottet. Ich glaube es gibt nur noch eine bekannte Familie, die gemischt ist."

„Richtig ist es trotzdem nicht", rief Rose laut heraus. Ich nickte nur. Natürlich war es nicht richtig. Aber wir konnten es ja bisher auch nicht ändern.

„Wir müssen den Menschen einfach nur klar machen, was richtig und was falsch ist. Es kann doch nicht sein, dass alle immer in Angst und Schrecken leben müssen. Um glücklich zu sein muss man doch keine schlimmen Werke tun. Im Gegenteil sogar. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass es den Menschen egal ist, was mit ihnen und ihrem Land passiert. Das kann nicht sein. Das Volk braucht einfach jemanden, der ihnen zeigt, was richtig und was falsch ist. Das Parlament müsste vollkommen neu gewählt werden", überlegte sie.

Fate And The Present- Die AuserwählteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt