Zögerlich betrat ich das riesige Kaminzimmer unserer Burg in Vladwick. Grandpa wollte mich sehen. Warum wusste ich nicht. Zumindest hoffte ich, dass es nicht um das ging, worum ich fürchtete, dass es ging. Immerhin hatte ich Großvater seit diesem Aufstand genug Gelegenheiten gegeben, wütend zu sein. Mein Verhalten am Aufstand, mein Verhalten in der Zelle, die zwei Morde, vielleicht noch andere Morde...
Grandpa hörte mich sofort. „Sir Eugene Hickinbotham wurde gefunden. Tot." Seine Stimme war ruhig und doch bemerkenswert dunkel und eiskalt. Ich würde lange üben müssen, um so eine Gänsehaut-Stimme zu bekommen. Eine Weile war es still.
Ich fing bei dem Namen an zu lachen und spielte theatralisch. „Er wird für immer in unseren Herzen weilen und sie nie verlassen. Nicht in Zeiten der Not, des Wohlstandes und der Angst, weil ein wahrer Platz im Herzen niemals schwindet. So gedenken wir auch heute noch diesem ehrbaren Hickin-irgendwas, auf das sein bescheuerter Name nicht Einfluss auf seine Ehre gibt, weil ein jeder sich bei diesem scheiß Namen in die Hose pisst." Mit meinen Fingern malte ich den Strich einer nicht existierenden Träne auf meiner Wange nach und schnäuzte in ein Taschentuch. „Er war so ein toller Mensch."
Grandpa warf mir einen grimmigen Blick zu. Sofort hörte ich auf. Diesmal schien er kälter zu sein als sonst.
„Was ist dir denn heute über die Leber gelaufen?"
Er erwiderte nichts.
Schließlich wurde ich ernst. „Wer genau ist dieser Eugene Mickinbotteram?" Es interessierte mich nicht. Kein bisschen.
„Hickinbotham, und er war Mitglied in der Armee von Mr. Shepard und gehörte zu dessen Leibwächtern, die den Aufstand niedergeschlagen haben und uns somit gerettet haben."
„Oh oh", machte ich.
„Ja, oh oh. Rate mal, wo sein Leichnam lag."
„Ich weiß gar nicht, was du meinst."
„Doch, weißt du wohl. Sehr genau weißt du das sogar. Bei den anderen zwei Leichnamen. In dem Gefängnis des Ministeriums. Oder zumindest in den Gängen." Peinliche Stille.
„Mir ist zu Ohren gekommen, dass die Leiche dieselben Dinge aufweist, die du in deiner Zelle verkündet hast. Interessant, nicht wahr? Soll ich mir die Details ersparen, oder willst du sie gerne hören?"
„Du brauchst nichts zu erwähnen. Aber Wahnsinn! Was für ein Zufall. Vielleicht sollte ich mich mit der Person mal aussprechen, die das getan hat. Werden uns bestimmt gut verstehen."
„Treib es nicht zu weit. Ich bin der einzige Grund, warum du noch zu den Botschaftern unseres Vermächtnisses, zu euch vieren, gehörst. Mit deinem Verhalten wirst du eine Schande für Screenwich, eine Schande für alle Vampire, eine Schande für unsere Familie. Eine Schande für dich und für mich. Du bist die Botschafterin für das Vermächtnis der Vampire, der neuen Generation und wichtig für das Land, also verhalte dich auch so!"
„Okay, aber das mit der Zelle war nicht fair!", verteidigte ich mich selbst.
„Allein, dass es dazu kommen musste, zeigt deine Unfähigkeit. Denk demnächst über deine Fehler nach, bevor du sie begehst, sonst werde ich es für dich tun. Geh jetzt!" Seine Stimme war bemerkenswert herrisch, dunkel und kalt und ein gefährlicher Unterton schwang darin mit.
Ohne zu protestieren stand ich auf und verließ das Zimmer. Ich hatte nicht vor gehabt, die Ehre meiner Familie zu beschmutzen. Hatte ich wirklich nicht. Um ihnen das Gegenteil zu beweisen, musste ich meine Familie so repräsentieren, wie sie war. Kalt, unvorhersehbar, ehrbar und pflichtbewusst. Außerdem hatte ich Hickinbotham nicht wirklich all das zugefügt. Ich hatte ihn erst bis in den letzten Topfen ausgesucht und der blutleeren Leiche ein paar Dinge angefügt, sodass es brutaler wirkte.
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Fate And The Present- Die Auserwählte
FantasiGut ist nicht gleich gut und böse ist nicht gleich böse. Aber wer bist du wirklich, wenn die Grenzen verschwimmen? Was soll Rose nur tun? Es ist nicht nur so, dass die 16-jährige Adelige aus dem beginnenden 17. Jahrhundert gestorben ist...Nein, jetz...