Kapitel 61: Wenn Wege zusammenführen

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Sichtwechsel: Layla

„Es tut mir Leid. Ich hätte nicht so wirsch reagieren sollen. Du hast es ja nur gut gemeint", entschuldigte sich der Idiot bei mir. Am liebsten hätte ich ihm sonst was ins Ohr gebrüllt. Wie konnte man nur so ein Arschloch sein und dabei noch so süß aussehen? Mal ganz ehrlich. Fast hätte ich ihm sogar gesagt, was ich wirklich für ihn empfinde. So ein Schwachsinn aber auch! Der war das doch gar nicht wert. Ganz sicher war er das nicht.

Ich wollte nur wissen, ob es stimmte, dass er früher geschlagen wurde. Ich konnte es mir nur zu gut vorstellen. Da hatte ich bei meinen Eltern ja fast noch Glück, so wie die mich behandelten. Klar, sie waren fies, gemein und unfair- manchmal zumindest- und manchmal wollte ich sie einfach gerne erwürgen- aber allein die Tatsache, dass ich es nicht tat, und sie ebenso wenig, obwohl wir alle dazu in der Lage waren, zeigte doch schon, dass wir uns gar nicht so sehr hassen konnten. Körperlich hatte ich nie Leid erfahren- okay, mal abgesehen von ein paar Raufereien und ein Biss von einem Fuchs, aber da war ich erst drei und noch unerfahren beim Jagen. Oder mein monatelanges Einsperren in einer Zelle, das zur Abwechslung mal nicht von meiner Familie, sondern der Regierung bestimmt wurde. Also in gewissermaßen doch meine Familie. Zumindest Grandpa.

Irgendwann fiel mir auf, dass der Trottel noch ein ‚Entschuldigung angenommen' von mir erwartete.

Also sagte ich das einzig Richtige: „Deine Entschuldigung kannst du dir sonst wo hinschieben, du Idiot! Da will man einmal nett sein und sowas machst du daraus. Ein Kindertheater! Okay, ganz alleine Schuld warst du auch nicht, aber wenigstens habe ich jetzt mal jemanden, dem ich die Schuld in die Schuhe schieben kann. Du glaubst doch jetzt wohl nicht ernsthaft, dass ich ein einfaches ‚Entschuldigung' jetzt einfach so gelten lasse, oder?" Ein Schmunzeln glitt über seine Lippen, was mich zum Lachen brachte. Innerlich verfluchte ich mich dafür.

‚Du verlierst den nötigen Respekt', hätte Grandpa jetzt wohl kopfschüttelnd behauptet, aber ich hätte ihm widersprochen, denn das war pure Anerkennung für meinen Charakter.

Ein paar Minuten später war das ganze Dilemma wieder vergessen. Na ja, nicht wirklich. Aber wir sprachen wenigstens nicht mehr darüber. Mittlerweile war ich mir sogar ziemlich sicher, dass Deragorn unsere Anwesenheit ziemlich belustigend fand- sie mehr noch, sogar richtig genoss.

„Wie kam es eigentlich dazu, dass ihr die Hölle verlassen musstet?", fragte Rose an Deragorn gewandt.

„Der Teufel hat uns vertrieben. Aber ich rede nicht gerne darüber."

„Das kann ich gut verstehen."

„Wann sind wir endlich da?", wollte ich wissen, weil wir nun schon viele Stunden hinter uns gelegt hatten. Jake blickte mich mit einem merkwürdigen Blick an.

„Du weißt schon, dass wir bestimmt noch Wochen unterwegs gewesen wären, wenn wir Deragorn nicht gefunden hätten. Wahrscheinlich würde es Tage dauern bis wir endlich ankommen."

„Wir sind in wenigen Stunden da", sagte Deragorn plötzlich und ich fing schallend an zu lachen.

„So, so. Noch Tage unterwegs." Ich äffte ihn nach. Mit einem aggressiven Blick sah er in meine Augen. Niemand von uns wagte es, zuerst den Blick abzuwenden. Um ehrlich zu sein hatte ich einen kleinen Vorteil aufgrund der Tatsache, dass Vampire nicht blinzeln mussten, aber das schien ihm egal zu sein.

Etwas später konnten wir dann endlich wieder landen. Von weitem sah man schon das Meer und es war beinahe erschreckend, wie schnell es näher rückte. Die Wasseroberfläche glitzerte wie tausende Diamanten. Man hatte die Schnelligkeit gar nicht bemerkt wegen der immer gleich aussehenden Landschaft. Der riesige See war so groß, dass das Ufer der anderen Seite längst nicht zu erkennen war. Und wenn es nun gar nicht existierte? An einer riesigen Bucht machte Deragorn halt und landete auf dem weichen Sand unter unseren Füßen. Durch die dicke Sonnenbrille und die Schicht Sonnencreme auf meinem Kopf konnte ich nicht die ganze Macht des Sees auf mich spüren lassen- wow, klang das gerade bescheuert.

Fate And The Present- Die AuserwählteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt