Kapitel 72: Trauer und Schmerz

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Stechender Schmerz breitete sich in meinem Kopf aus, der sich durch meinen ganzen Körper zog und die Luft wurde mir abgeschnürt. Es fühlte sich an, als würde mein Kopf zerplatzen. Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, wie alle Kreaturen um mich herum sich in die Arme fielen und glücklich, sowie erschöpft lächelten, angeführt von Fate, die glücklicher als je zuvor schien.

Ich konzentrierte mich nur auf den Schmerz. Eine Stimme in mir wünschte sich, dass einfach alles vorbei wäre. Kein Schmerz und Leid mehr, kein Vermissen von Menschen, die ich in meinem Herzen immer lieben werde. Einfach Stille, Ruhe und Frieden.

Dann ließ ich mich auf den Boden fallen, war mit meiner Kraft und allem völlig am Ende. Ich hatte keine Kraft mehr, wollte auch gar nicht mehr kämpfen. Wozu auch? Meine Sicht verschwamm und ich strengte mich an, einigermaßen regelmäßig zu atmen. Ich fühlte nichts außer Trauer und merkwürdige Leere.

Obwohl alle so fröhlich waren, dass wir es tatsächlich geschafft hatten, konnte ich es nicht wahrhaben. Diese zwei Jahre wollte ich nichts anderes als Frieden, doch jetzt, wo ich ihn erreicht hatte, wollte ich wieder das zurück, was davor war. Ich nahm Pauls Hände zurück in meine Hände und sah in sein Gesicht. War dieses Reise, die Freundschaft, war das alles nur für diesen Moment? Und war der Tod von meinen Eltern und Paul der Preis für diesen Frieden?

Ich sah eine Weile lang still zu Paul.

„Ich will nicht ohne dich leben", flüsterte ich und sah zu, wie meine Tränen sein Shirt nass machten. „Warum habe ich diese zwei Jahre nur an die Zukunft gedacht und nicht gesehen, was ich hatte?"

„Wir haben gewonnen, Rose", rief Layla und strahlte mich an. „Jetzt wird alles gut. Du wirst schon sehen."

„Nichts wird gut. Paul ist tot. Mutter und Vater sind tot."

„Und sie wollten nur das Beste für dich. Du musst weiterleben. Nicht nur für dich, sondern auch für sie und für uns alle. Du bist die Auserwählte. Du hast uns durch diese Zeit geführt, uns gerettet und du hilfst uns jetzt auch durch diese neue Zeit. Du bist stark und schaffst alles, was du willst. Ich weiß genau, dass ich jetzt tun würde, was Großvater sagt oder wieder mal für ein paar Monate eingesperrt wäre, wenn du nicht gekommen wärst. Ich würde mich weiter mit Mr. Shepard anlegen und Jake provozieren. Aber du bist gekommen und jetzt sieh uns an. Jeder hier hat sich verändert. Du hast den Teufel besiegt! Du kannst alles schaffen. Ich frag mich immer noch, wie du das gemacht hast."

Ich hörte nicht richtig hin. Dass Layla all dies sagte war klar. Sie wollte mir helfen, aber ich wollte nicht, dass mir geholfen wurde. Ich wollte einfach alleine sein und bei Paul sein und dann auch wieder nicht. Tränen rannten mir weiter übers Gesicht. Ich hatte gekämpft, um zu helfen und versagt und alles, was ich spürte, war diese schreckliche Leere, unendliche Traurigkeit in mir, die meine Stimme versagen ließ. Alles schmerzte, sodass mir jegliche vergangene Sekunden wie eine Strafe vorkamen. Alles tat weh, ich konnte kaum atmen.

Fate hexte wieder Teleportationszellen für die Menschen, um zurück zu ihrer Heimat zu gelangen. Sie führten in jedes Gebiet von Screenwich. Layla kam zurück zu mir. Dass sie kurzzeitig weg war, habe ich gar nicht bemerkt. Ihr Lächeln erstarb, als sie mich sah.

„Ach Rose." Sie nahm mich in den Arm, versuchte es zumindest. „Versuch doch wenigstens etwas glücklich zu sein. Deine Eltern und Paul hätten das bestimmt gewollt. Feiere doch ein bisschen mit uns. Dann vergeht der Kummer bestimmt. Weißt du was? Jake und ich sind jetzt fest zusammen. Ich wollte dir das eigentlich irgendwie schon vorher sagen, aber irgendwie habe ich das nicht geschafft. Du bist doch jetzt nicht sauer, oder?"

Ich schüttelte bloß den Kopf, schaute monoton zurück zu Paul. Innerlich hasste ich mich für mein Verhalten. Ich hasste mich auch dafür, dass ich meine Eltern und Paul nicht gerettet hatte.

Fate And The Present- Die AuserwählteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt