Kapitel 2: Der Tod zieht ins Haus ein

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„Ich hatte gedacht, Ihr könntet mich einmal in meinem derzeitigen Anwesen besuchen kommen, solange ich noch hier in der Gegend bin. Mein Onkel wohnt dort, aber er lässt mich so lange dort wohnen, wie ich will. Auch er ist sehr darauf erpicht, Euch einmal kennen zu lernen. Ich reise bald wieder zurück nach London in mein Heimathaus. Auch ein sehr vortreffliches Haus wie das Eure. Aber solange mir das Eure noch nicht gehört, werde ich wohl in London wohnen bleiben. Meine gesellschaftliche Stellung ist gesichert, mit Eurem Anwesen zukünftig auch das Finanzielle und eine gute Partie bin ich auch. Ihr werdet bemerkt haben, dass ich meinen Blick nicht von Euch wenden kann und Euch begehre...", fasste Henry zusammen.

Ich bekam höllische Angst. Auf einmal fiel mir das Atmen noch viel schwerer. Die Welt kreiste. 

Bevor ich ihn irgendwie bremsen konnte, spürte ich auf einmal einen heftigen Krampf im Bauch. Die Welt verschwamm um mich herum und abermals setzte ein starkes Schwindelgefühl ein. Ich wollte schreien, doch der Laut erstickte in meiner Kehle. Verzweifelt schwankte ich hin und her und konnte eben noch so von jemandem aufgefangen werden. Henry, wie ich kurz darauf erkannte. Er hielt meinen Körper in einer festen Umarmung ließ mich langsam, aber sachte zum Boden hinunter. Mein Kopf dröhnte und alles fing an zu schmerzen. Tausende kleine Nadeln stachen in meinen Körper ein. Bitterlich fing ich an zu husten. Wasser, viel zu viel Wasser sammelte sich in mir auf und hinderte mich daran zu atmen. 

„Was passiert mit mir?", schrie ich entsetzt und leicht panisch. Meine Sicht verschwamm fast vollends. Im Hintergrund hörte ich Schreie statt Musik. Jemand rannte zu mir hin, schob einen anderen zur Seite und drückte sich an mich. Angestrengt blinzelte ich um diesen jemand erkennen zu können. Großmutter. 

Bald schon drängten sich immer mehr Personen zu mir durch, doch viel erkennen konnte ich nicht, nahm nur noch die schrecklichen Schmerzen wahr, die mir das Atmen mit jeder Sekunde erschwerten.

Ächzend lag ich am Boden, krümmte mich. Tosender Lärm in meinen Ohren. Alles war zu viel. Schmerzen, so stark, dass ich schreien musste. Mit Leibeskräften schrie ich gegen den Schmerz an. Luft! Ich brauchte Luft!

Mein Atmen war flach, ungleichmäßig, viel zu schnell. Und diese furchtbaren Schmerzen. 

Macht, dass es aufhört! Es musste aufhören! 

Ich keuchte und japste nach Luft und spürte wieder nur diesen unerträglichen Schmerz, der meine Adern gefrieren ließ. Etwas pulsierte, mein ganzer Körper zitterte und alles war heiß. Wieder qualvoller Schmerz. 

Aufgebrachte Menschen und dazwischen dieses schreiende Mädchen. Ich.

 Es war schrecklich, qualvoll. 

Schweiß brach mir aus, meine Kräfte sanken. 

Alles verschwommen, nun erkannte ich fast niemanden. Nur schemenhafte Umrisse. 

Meine Großeltern.

An vereinzelten Schreien und Wimmern hörte ich aus den unzähligen Stimmen die meiner Eltern heraus. Ihnen ging es genauso wie mir. Das spürte ich sofort. Wie konnte das sein? 

Der nächste Schmerzstoß löschte meine Gedanken aus.

Meine Lider wurden allmählich schwer, der Schmerz wurde von einem merkwürdigen Pulsieren und einem tauben Gefühl abgelöst. 

Das Letzte, das ich noch wahrnehmen konnte, war meine weinende Großmutter, mein Großvater, der sie in den Arm nahm, ein blasser Henry, meine gequälten Eltern und die Stimme von van Bringsbouth, die zu meinem Vater sagte: „Gift ist immer noch die beste Methode um jemanden auszuschalten, alter Freund!"

Ich schloss meine Augen, war zu schwach, um noch etwas zu fühlen, viel zu denken oder etwas zum Abschied zu sagen. Es gab so vieles, was noch zu sagen war, aber keine Kraft, keine Energie. Nur der Willen erlaubte mir diese letzen Sekunden, während ich starb. Ich starb, ohne Gewissheit zu haben, ob etwas folgte. Der Himmel, oder bloß tiefe Schwärze, in der ich mich verlor, wo ich nichts denken oder fühlen konnte. Gedanken zu dem Tod hatte ich mir nie gemacht, obwohl doch viele Menschen Angst vor genau dem hatten. 

Fate And The Present- Die AuserwählteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt