Kapitel 6: Vermisst

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Sichtwechsel: Paul

Langsam streifte ich durch den feuchten Wald. Dunkelheit durchzog die Bäume und Sträucher schleichend und überfiel sie dann mit größter Gewalt. Ein nasskalter Windzug umhüllte mein Gesicht und durchzog jede Faser meines Körpers. Äste und Wurzeln knackten unter meinen Füßen, ein schaudererregendes Heulen erklang aus nicht weiter Ferne. Der Mond war durch die dichten Baumkronen nicht mehr zu erkennen. Es war nahezu pechschwarz hier unten. Nur für wenige Sekunden schien der Mond durch die nassen Blätter durch, ehe sie vom Wind zurück in die entgegengesetzte Richtung getrieben wurden und ihn vom rutschigen Waldboden fernhielten. Es duftete frisch nach Moos und Regenwasser. Die Umrisse von Bäumen zeichneten sich gelegentlich vor meinen Augen ab und verhinderten, dass ich mich an ihnen stieß. Für einen kurzen Augenblick blitzte das kalte, hochgewachsene Moos an den Baumstämmen im Licht des Mondes auf, ehe das Mondlicht wieder verschwand und die Dunkelheit sich abermals einen Weg durch den Wald bannte. Gerade jetzt kam mir meine Herkunft zugute. In der Hölle war es immer so düster. Meine Augen waren die Finsternis gewöhnt.

Ich hatte es kommen sehen. Unfähig, quirlig, kindlich- niemand mit dem man arbeiten konnte. Layla war nicht würdig. Wild, faul, sportlich- manchmal ganz nützlich, wenn auch die Tatsache, dass er nicht alles ernst nahm. Jake war nicht würdig. Weinerlich, verängstigt, alleine- völlig fehl am Platz, so wünschte sie sich nach Hause. Die Auserwählte war nicht würdig.

Großvater hatte versprochen, ich wäre höher gestellt als diese Leute. Falsch.

Ich war höher gestellt. Ich war es und würde es immer sein. Irgendwann würde ich Screenwich mit ihm und Vater leiten. Großvater würde den Untergrund ausschalten. Er hatte bereits jetzt schon die volle Kontrolle.

Shepard kontrollierte er und machte ihn von sich abhängig wie ein Schoßhündchen. Fenrir interessierte sich nur für Macht und nicht für die Politik. Ihm fiel gar nicht auf, dass mein Großvater bereits alle Zügel in der Hand hatte. Der Wolf brauchte lediglich das Gefühl von Macht. Vlad hatte genügend Hände voll damit zu tun, das Volk der Vampire zu leiten und was Ghost Arthur anging, so hatte dieser keinen Schimmer von Politik.

Mein Großvater war der alleinige Herrscher von Screenwich und das schon seit Jahren, ohne das es die Presse wusste. Es wurde nur das getan, was Großvater bestimmte. Wir brauchten es nicht zu hinterfragen. Er dachte sich etwas dabei. Großvater war der wohl einzige Mann, der es würdig war in Screenwich zu herrschen.

Und bald würde ich derjenige sein, der ihm half. Massen würden sich mir ergeben, mir wie ihm und bald auch Vater dienen wollen. Ganz Screenwich wird unter der Herrschaft der deVil Familie liegen. Ich müsste einzig und allein die Aufträge ausführen, die man mir aufgab und die Fehler rückgängig machen, die Darklight und Bite und bald auch die Auserwählte ausführten. Und irgendwann würde meine Rache kommen an einem Tag, an dem sie mich wirklich kennen lernen würden. Die Auserwählte war nur aus einem Grund hier in Screenwich. Gehorsamkeit des Volkes, der Auserwählten selbst, von mir gegenüber dem einzig wahren Herrscher, dessen war ich mir sicher.

Nach einigen Minuten Laufzeit durch den Wald, hielt ich an und versuchte mich zu konzentrieren auf meine Sinne. Wilde Geschöpfe waren zu spüren. Wilder und wilder. Unter den Rufen der Tiere, war etwas zu hören. Ein Frösteln. Kalter Wind. Die Auserwählte. Wind zog nach Norden.

Mit schnellen Schritten lief ich nach Norden zurück zur Höhle und bog dann etwas nach rechts ab.

„Hallo? Hört mich denn niemand?", ertönte eine laute, verzweifelte Stimme.

Kalt blickte ich mich um, ehe ich mein Tempo wieder beschleunigte und weiter lief. Die Person, der die Stimme, die von gelegentlichen Schluchzern erschüttert wurde, gehörte, sprach lauter, die Stimme rückte näher.

Fate And The Present- Die AuserwählteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt