4

76 7 0
                                    

Die beiden Jungen kommen noch rechtzeitig heim. Rechtzeitig bedeutet in diesem Fall noch bevor die anderen Jungs aus den Federn gekrochen sind. Hasso hat ein volles Schälchen Sauermilch aus der Röhre gefischt und die drei Katzenwelpen schlabbern hungrig um die Wette. Lucky ist zum Glück stark genug dass er mit seinen Geschwistern aus dem Schüsselchen lecken kann. Als sie ein paar Minuten später die Bäuche voll haben streichelt Mikesch die dicken Milchbäuche damit seine Kätzchen kein Bauchweh bekommen. Hasso darf ihm helfen. Mikesch vertraut ihm seine Katzenwelpen gerne an. Immerhin hat Hasso seinen Lucky lebendig gemacht. Mikesch weiss zwar nicht wie Hasso das geschafft hat aber in seinen Augen ist Hasso ein Held. Ehrfürchtig schaut er zu dem älteren und beobachtet wie der liebevoll einen kleinen Katzenbauch krault. In diesem Moment betritt Hamish die Küche. Er schaut die beiden Jungs und die kleinen Katzen an und er brummt: „Dieses Ungeziefer hat in meiner Küche nichts verloren." Hasso schaut den
Alten an und er erwiedert: „Dürfen die Katzen im Stall nach den Mäusen jagen?" Hamish denkt kurz nach und dann brummt er zustimmend. Morgens ist der alte Mann nicht wirklich redselig. Hasso nickt und er zieht Mikesch auf die Füße. Dann schnappt er sich einen Eimer und eine Kanne und geht mit dem jüngeren in den Stall wo Hamish fünf Ziegen hält. Hasso zeigt Mikesch wie man die Ziegen melkt. Es ist eigentlich eine langweilige Tätigkeit und Hasso mag nicht wirklich die Ziegen melken. Doch der Lerneifer mit dem Mikesch ihn imitiert lässt Hasso lächeln. Er mag es dem Kleinen etwas beizubringen. Und wenn es Ziegen melken ist. Die kleinen Katzenwelpen machen es sich derweil im Stroh gemütlich. Sie sind schnell eingeschlafen. Die kleine getigerte Katze und ihr roter Bruder haben sich ineinander gerollt. Der winzige, kohlschwarze Lucky liegt etwas abseits. Als Hasso und Mikesch den Stall verlassen nimmt sich Mikesch seinen Lucky und legt ihn in seine Kapuze. Hasso lacht und meint: „Lass dich nicht von Hamish erwischen." Mikesch macht ein zerknirschtes Gesicht und er sagt leise: „Ich hab Angst dass Lucky im Stall etwas passiert." Hasso nickt und er stopft den schlafenden Katzenwelpen etwas tiefer in Mikeschs Kapuze. „Komm, lass uns zu Hamish gehen und die Aufträge für heute abholen. Dann müssen wir die Jungs wecken und sie für die Touren einteilen." Mikesch nickt zwar aber er versteht kein Wort von dem was Hasso sagt. Er traut sich aber nicht weiter nachzufragen. Er folgt dem älteren Jungen einfach und findet sich nach ein paar Schritten in einer warmen Stube wider. Hamish sitzt dort in einem tiefen Ohrensessel. Der Alte hat einen Teller mit leckeren Schinkenbroten auf dem Schoss und ein dampfender Tee mit süßer Sahne steht vor ihm auf dem kleinen Öfchen dessen Rohr wohl in der Küche endet. Mikesch atmet den leckeren Duft des Tees ein. In dieser Wärme könnte er sich sehr wohl fühlen! Hasso setzt sich auf einen Schemel auf den der Alte bis dahin seine Füße gelegt hatte. Hasso zieht Mikesch auf seinen Schoss und legt beschützend seine Arme um dessen Mitte. Hamish beäugt den Kleinen auf Hassos Schoss misstrauisch. „Das ist Mikesch. Wir haben ihn gestern gefunden. Er ist alleine und hat in einem Keller gewohnt." stellt Hasso den Knaben vor. Hamish nickt. „Kann er schon was?" fragt er mit krächzender Stimme. Hasso zuckt die Schultern und Mikesch wird bei der Bewegung etwas geschüttelt. „Ich nehme ihn heute mit und schaue ihn mir an. Zumindest hat er überlebt." antwortet Hasso. Und der alte brummt missbilligend. „Wir haben gar keinen Platz frei." sagt er und Mikesch wird Angst und Bange. Wird der alte ihn aus seinem Haus schmeißen? Und was passiert dann? Wird er einen neuen Keller finden? Doch Hasso antwortet fröhlich: „Er schläft bei mir." „Du scheinst ja einen Narren an dem Winzling gefressen zu haben." sagt der Alte nun belustigt. Hasso nickt eifrig. „Er ist so dünn und ausserdem sehr beweglich. Er kann gut klettern und hat in einem Keller gehaust den er nur durch ein winziges Fenster betreten konnte. Bestimmt kann er uns gute Dienste leisten." Hamish schaut sich den kleinen Jungen genauer an. Der Bub ist klein und dünn. Er sieht aus wie sechs oder sieben Jahre. Mit seinen grossen dunklen Augen wirkt er sehr süss. Seine Stupsnase und sein voller Mund lassen ihn niedlich erscheinen. Die dunklen Haare stehen strubbelig vom Kopf ab. "Wie alt bist du?" fragt Hamisch und der Junge zuckt mit den Schultern. "Das weiss ich nicht, Sir." sagt er mit einer ganz hellen Kinderstimme. Hamish muss ein bisschen grinsen. Diesem Sonnenschein wird niemand böse sein wenn er mal die Finger lang macht. Er könnte wirklich sehr nützlich sein. Hasso hat seine Jungs gut angelernt. Hasso ist sehr sehr geschickt und er achtet auf seine Kameraden. Er hat das Stehlen perfektioniert. Seit dem er die Jungs anlernt ist keiner mehr erwischt worden. Und wenn dann hatte der Junge nie die Beute bei sich und es konnte ihm nichts nachgewisen werden. Früher hat er alle Nase lang seine Jungs ins Gefängnis ziehen lassen müssen. Doch das ist dank Hasso Vergangenheit. Ausserdem ist Hasso ein vorausschauender Einbrecher. Er würde nie einfach so in ein Haus steigen. Er beobachtet das Gebäude vorher stets tagelang und weiss wann die Bewoher schlafen und wann sie nicht zu Hause sind. Hasso selbst ist zu gross und zu kräftig um durch enge Fenster zu klettern aber der kleine Bub wird diesen Job mit Sicherheit gut ausführen können. Hamish nickt und dem kleinen Mikesch fällt ein Stein vom Herzen. Dieses Nicken bedeutet dass er ein neues zu Hause hat, dass er einen warmen Platz zum Schlafen hat und aller Voraussicht nacht stets etwas zu Essen. Mikesch fühlt sich gerade als sei er im Himmel angekommen. Ein Glücksballon schwillt in seinem Inneren. Getrübt wird das Glücksgefühl weil Mikesch weiss dass seine Amy und ihre Welpen tot sind. Aber das kann er nicht mehr ändern. Schlimme Dinge passieren und er ist der letzte der das verhindern kann. Nun hat er mehr als er  jemals in seinem Leben hätte träumen können. Mikesch strahlt Hasso von unten an. Er muss dazu seinen Kopf nach hinten beugen. Der ältere schaut belustigt nach unten und freut sich dass der Kleine offensichtlich begeistert ist dass er bleiben darf. Hasso hat den kleinen jetzt schon lieb gewonnen wie einen kleinen Bruder. Und dann besprechen Hamish und Hasso die nächsten Einbrüche und Diebstähle. Hamish ist nicht gerade begeistert dass Hasso stets so lange braucht um ein Haus auszukundschaften. Die Häuser die er als letztes beobachtet hat haben sich alle nicht als geeignet gezeigt um dort einzubrechen. In den meisten wohnen Wachhunde und es gibt Angestellte die das Eigentum ihrer Herren bewachen. Hasso schlägt vor bei den weniger reichen Menschen einzubrechen. Der Lehrer oder der Pfarrer scheinen ihm geeignet zu sein. Hamish möchte nicht einen Gottesmann bestehlen aber der Lehrer ist okay. Hamish beauftragt also Hasso den Lehrer auszukundschaften und herauszufinden wo er sein Geld versteckt und wie man es ihm stehlen kann. Hasso berichtet über die letzten Diebstähle und dass er Mikesch anlernen will. Hamish ist mehr als einverstanden und er entlässt die beiden Jungen frohen Mutes. Hasso und Mikesch gehen die anderen Jungs wecken. Das ist recht chaotisch und die meisten sind nicht gerade begeistert aufstehen zu müssen. Sie murren über die frühe Stunde, hadern mit sich ob sie die saure Milch essen mögen und beschweren sich über die Kälte. Mikesch staunt über die Unzufriedenheit der Buben. Er hält das Zimmer in dem die Jungs schlafen für warm weil es darin nicht friert, die Küche ist wunderbar und das Essen ein Gaumenschmaus. Er fragt sich ob die Jungen jemals in ihrem Leben mit etwas zufrieden sind.  

Nur eine KatzeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt