Nur eine Katze

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Nicolae mustert den Werwolf beeindruckt. Er hat einen wachen Verstand und offenbar kennt er sich sehr gut und kann sich selbst gut einschätzen. Warum zur Hölle hat er, obwohl er seinen Verstand bei Vollmond als bestialisch beschrieben hat seinen Erschaffer nicht angegriffen? Dariush sieht nicht so aus als könne er gegen diesen riesigen Jungen bestehen. Laut den Aufzeichnungen seines Vaters Viktor werden Werwölfe beim ersten Vollmond alles angreifen das in ihrer Nähe ist und weil sie ihre eigene Existenz verabscheuen und sich selbst hassen wendet sich der Hass bald gegen denjenigen der sie zu dem gemacht hat was sie sind: ihrem Erschaffer. Hasso hätte Dariush aktiv finden und ihn eliminieren müssen. Ausserdem agieren die beiden auch jetzt völlig falsch. Normalerweise sollte Hasso Dariushs Untertan sein wenn gerade kein Vollmond ist. Aber bei den beiden hat Nicolae eher das Gefühl als sei Hasso derjenige der das Sagen hat. Dariush wirkt viel zu zart und zu verletzlich als dass er ein mächtiger Werwolfbezwinger sein könnte, oder? Nicolae schaut zu Dariush herüber. Offenbar irrt sich Nicolae, denn Dariush sitzt wohlbehalten auf dem Sofa während sie gelassen über Hassos erste Vollmonderfahrung plaudern. Ausserdem dürfte kein Hybrid an seinem Erschaffer hängen. Die reagieren nämlich nicht nur bei Vollmond ablehnend gegenüber ihren Erschaffern. Die hassen die Vampire meist mit einer glühenden Leidenschaft dass sie manchmal von den Menschen als Vampirjäger ausgebildet werden. Und der kleine Mikesch hat genügend Grips um von den Menschen benutzt zu werden. Wieso ist er bei seinem Erschaffer? Und dass Dariush die beiden Kater verwandelt hat sieht jeder. Die beiden Katzen sind sehr menschliche Hybriden und haben Dariushs Gesichtszüge. Mikesch ist noch ein klein wenig vollkommener als Lucky der sich noch mit Tatzen und Raubtiergebiss herumplagen muss. Nicolae will diese Diskrepanz zwischen der jämmerlichen Erscheinung Dariushs und seiner offensichtlichen Macht seine Wesen bei sich zu halten nicht in den Kopf. Wie kann dieser Knirps zwei Hybriden und einen Werwolf an sich binden? Das hat bisher noch kein Vampir geschafft. Nicolae beschliesst die vier Jungs erst einmal zu studieren. Er muss hinter das Geheimnis der vier kommen. Dazu muss er sie dazu bringen ihm zu vertrauen und dafür wird er ihnen helfen etwas über die Werwölfe herauszufinden. Er lächelt den Buben zu und er sagt: "Ich glaube ich kenne das richtige Buch das euch weiterhelfen kann." Nicolae steht elegant auf und er läuft zu einem der riesigen Bücherregale. Er schaut dort eine Weile und dann nimmt er ein kleines Buch heraus. Er bläst den Staub von dem Buch und wischt es mit seinem Ärmel etwas sauber bevor er sich wieder zu den Jungs umdreht. "Das hier hat mein Vater geschrieben. Es ist eine Abhandlung über Werwölfe. Nicht gerade spannend erzählt aber es steckt sein gesamtes Wissen darin." Nicolae hält das Buch Hasso hin. Normalerweise müsste Dariush nun zischen oder irgendwie anders seinem Unmut kund tun. Doch er reagiert nicht. Hasso bedankt sich und schlägt das Buch mit leuchtenden Augen auf. Er überfliegt ein paar Zeilen und sagt dann mit fröhlicher Stimme: "Dariush, schau, ich glaube das is sehr hilfreich." Dariush schaut zu Hasso und der erhebt sich um sich neben Mikesch auf das Sofa zu setzen das unter dem zusätzlichen Gewicht ächtzt. Gemeinsam schauen die Buben nun in das Buch und nach ein paar Sekunden sagt Dariush: "Das Buch kenne ich. Das hat mein Grossvater auch in seiner Bibliothek. Darin steht nicht wie man den Werwolf am Leben erhält. Nur wie man ihn vernichtet." Nicolae ärgert sich dass ausgerechnet das interessanteste Buch über Werwölfe Dariush schon bekannt ist. "Die anderen Bücher sind nicht so wissenschaftlich fundiert." entschuldigt sich Nicolae. Hasso fragt mit offenem Gesicht ob er sich das Buch ausleihen dürfe und Nicolae erlaubt es ihm. Dariush fährt gedankenverloren dem grossen Jungen durch die Haare und er schaut ihn liebevoll an. "Glaub aber bitte nicht alles was du in dem Buch liest. Du bist ganz anders als die dort beschriebenen Werwölfe." Während Dariush mit Hasso geredet hat ist er aufgestanden. Darum hat er die giftigen Blicke der beiden Kater nicht mitbekommen. Nicolae aber sehr wohl. Beide schauen zu Dariush als wollten sie ihm das Gesicht zerkratzen. "Oha!" denkt Nicolae. "Der Werwolf ist also der Schlüssel zu dem Geheimnis!" Doch als Dariush zu dem Bücherregal geht in dem die Bücher über die Werwölfe stehen geht Lucky mit ihm mit. Dariush lächelt dem unvollkommenen Hybriden zu und der erwidert das Lächeln. Dariush liest die Titel der Bücher vor und Lucky nickt entweder oder er schüttelt seinen Kopf. Bei jedem Nicken hat Dariush das Buch aus dem Regal gezogen und in seinen Arm gelegt. Nach fünf Büchern nimmt Lucky wie selbstverständlich dem Vampir die Werke ab. Nicolae erschaudert. Die beiden gehen wirklich wie Freunde miteinander um. Wäre Lucky sein Hybrid, denkt Nicolae, dann würde der für ihn die Küche putzen. Wenn er auf die komische Idee käme mit dem Hybriden gemeinsam Lektüre auszusuchen dann würde der Hybrid die Werke von Anfang an schleppen müssen und nicht erst nachdem sie zu schwer werden. Lucky hat aber offensichtlich aus freien Stücken gehandelt und Dariush schaut erst verwundert zu Lucky und bedankt sich dann mit einem kleinen Lächeln. So ein Verhalten ist empörend und Nicolae kann es nicht gut ertragen. Wie kann sich ein Vampir, der offenbar mächtig genug ist gegen einen Werwolf zu bestehen auf die gleiche Stufe wie ein Hybrid stellen? Nicolae tauscht einen erstaunten Blick mit Drogo der leicht seinen Kopf schüttelt. Nicolae entspannt sich daraufhin und er springt nicht auf um Dariush die Leviten zu lesen. Soll der kleine Vampir sich erst einmal wohl fühlen. Vielleicht kommen sie so schneller an sein Geheimnis und können die Gefahr die von ihm ausgeht vernichten. Nachdem Dariush und Lucky sich einige Werke ausgeliehen haben fragt Drogo darum fröhlich: "Soll ich euch eure Zimmer zeigen?" Die vier Jungs schauen ihn verwirrt an. "Na, ihr habt hier doch keine andere Bleibe. Wollt ihr nicht ein paar Tage hier im Herrenhaus verbringen um eure Studien zu betreiben?" Dariush und Hasso strahlen Drogo an. "Vielen Dank dass ihr uns helft." sagt Dariush schüchtern. Hasso nickt Drogo fröhlich zu als sei er gleichberechtigt. Drogo steht geschmeidig auf und schnappt sich ein paar der Bücher die Dariush und Lucky zusammengetragen haben. Mikesch und Hasso nehmen ebenfalls ein paar der Werke und gemeinsam gehen sie eine sehr imposante Treppe hinauf. Im oberen Stockwerk sind wunderbare alte geschnitzte Türen. Drogo öffnet eine der Türen und dahinter ist ein wunderbarer Raum. Ein alter Schreibtisch mit Intarsien, ein bequemer Stuhl davor, ein Himmelbett und entzückende Nachtkästchen sind in dem Raum. Neben der Tür ein wuchtiger aber wunderschöner Schrank. Eine schmale Tür ist offen und dahinter kann man ein kleines Badezimmer erkennen. "Wer will hier schlafen?" fragt Drogo. "Wir alle." strahlt Hasso. "Wir sind es gewohnt zusammen zu pennen und das Bett ist gross genug." erklärt er dem erstaunt drein schauenden Drogo. "Wir hätten aber für jeden für euch ein eigenes Zimmer." sagt Drogo einladend. Aber auch Dariush schüttelt seinen Kopf. "Danke, Drogo. Aber wir bleiben lieber zusammen." sagt er und erblickt die Wut die für eine Millisekunde hinter Drogos Augen aufgeleuchtet ist.