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Antonio ist entsetzt. Dass sein alter Freund und Weggefährte nun doch nach unendlich langen Jahren doch geschnappt und dingfest gemacht wurde tut ihm leid und es geht ihm sehr nahe. Er ist als Teenager bei Hamish unter gekommen nachdem sein stets betrunkener Vater ihm die Knochen gebrochen hatte und mit nichts an als seiner Haut in die Gosse geworfen hatte. Hamish hatte ihn eingesammelt, ihm die Wunden versorgt und die Knochen gerichtet, ihn gefüttert und gekleidet. Danach hat Antonio für Hamish geklaut. Aber das war nicht schlimm. Hamish hat ihm das Leben gerettet und ihm das Überleben gesichert. Zumindest so lange wie Antonio es wollte. Als Antonio dann eines Tages mit einem fahrenden Zirkus mitgehen wollte hat Hamish ihm eine Flasche Wasser und ein paar Brote und Äpfel gegeben. Er hat ihm alles Gute gewünscht und den Jungen in seine selbst bestimmte Zukunft entlassen. Hamish hat sein Herz am rechten Fleck, auch wenn er brummig ist und die Jungs zum Klauen schickt. Als Antonio die beiden zerlumpten Jungendlichen so ansieht da tun sie ihm leid. "Wollt ihr bei mir bleiben?" fragt er lieb. Die Jungs bekommen leuchtende Augen und sie nicken schüchtern. "Was könnt ihr denn ausser klauen?" fragt Antonio grinsend. Die Buben werden rot. "Er kann gut balancieren und tanzen." sagt der ältere und zeigt auf den jüngeren. Antonio nickt und er fordert den kleinen Mikesch auf einmal zu zeigen was er drauf hat. "Mit oder ohne meinen Schwanz?" fragt der und Antonio versteht nicht was Mikesch von ihm will. "Mikesch ist ein Hybrid und er hat einen Katzenschwanz." erklärt Hasso. "Wenn er ihn nutzt dann kann er viel besser balancieren, aber dann mögen ihn die meisten Menschen nicht." Hasso und Mikesch scheinen sich für diese Tatsache zu schämen. "Zeig erst einmal mit Schwanz und dann ohne." fordert Antonio den Mikesch auf denn er würde Mikeschs Katzenschwanz gerne einmal sehen. Er hat noch nie einen echten Hybriden gesehen und ist sehr gespannt wie der kleine aussieht. Mikesch befreit seinen Schwanz aus seinem Pulli und dann suchen sich die beiden Buben ein Brett. Mikesch läuft elegant über das Brett, turnt ein wenig darauf herum und hüpft und springt gekonnt. Antonio ist beeindruckt. So gut sind seine Seiltänzerinnen nicht. Ok, die beiden haben auch wenig Zeit auf dem Seil zu üben weil sie noch die Pferdenummer und die mit dem Elefanten haben. Ausserdem spielen die beiden so wie jeder Artist noch im Orchester mit. Manchmal treten die beiden noch mit den Clowns auf. Sie haben also mehr als genug zu tun. Antonio ist begeistert von Mikeschs Nummer. "Kannst du noch mehr?" fragt er den Jungen strahlend und der nickt. Nun verbiegt er sich abenteuerlich und steckt seinen Kopf zwischen seinen Beinen hindurch. Der Junge ist der perfekte Schlangenmensch. "Kannst du auch was?" fragt Antonio den Hasso und der schüttelt errötend seinen Kopf. "Ich habe Mikesch bisher nur unterstützt, manchmal festgehalten dass er nicht fällt oder so." erklärt Hasso schüchtern. "Kannst du dir vorstellen zu jonglieren oder so?" fragt Antonio und Hasso nickt zögerlich. "Hab ich noch nie gemacht." sagt er zögerlich und Antonio lacht. "Wenn du täglich übst wird das bestimmt." macht er dem Jungen Mut. Dann nimmt er die beiden mit ins Zelt und dort darf Mikesch das erste mal auf ein echtes Seil um dort zu tanzen. Mikesch kann seine Nummer auch auf dem Seil sehr gut tanzen. Auch die Sprünge gelingen ihm. Er hat ein sehr gutes Körpergefühl und da er seinen Schwanz als Balance nutzen darf ist er mehr als nur gut. Dann erblicken die Jungs die Trapeze. Sie bekommen leuchtende Augen und Antonio zeigt den Buben wie man daran turnt. Sie entwickeln eine Übung bei der Mikesch quer durch den Zelthimmel fliegt und von Hasso aufgefangen wird. Nach ein paar Wochen sind die beiden brauchbare Artisten und gut in die kleine Truppe integriert. Da sie beide kein Instrument spielen sind sie für den Kartenverkauf und das Kontrollieren der Eintrittskarten verantwortlich. Antonio hat zwar zunächst Bauchschmerzen ausgerechnet den beiden kleinen Gaunern seine Abendkasse anzuvertrauen aber seine Bedenken waren unbegründet. Weder Hasso noch Mikesch betrügen. Im Gegenteil. Sie können beide gut rechnen und lassen sich nicht von den Kunden betuppen. Sie vertun sich auch nicht mit dem Wechselgeld. Einmal beobachtet Antonio wie Hasso aufgeregt einen Gast zurückruft der sein Wechselgeld vergessen hat. DerGast fand das sehr gut denn es war eine ordentliche Summe die er versehentlich bei Hasso liegen gelassen hat. Dieser Herr war am nächsten Abend dann wieder da und er hatte seine Freunde dabei. "Ein Zirkus bei dem die Mitarbeiter ehrlich sind ist eine Seltenheit!" erklärt er lachend seinen Freunden "und dieser Junger hat mir gestern mein Wechselgeld hinterhergetragen." beendet er seinen Satz und Mikesch wird von den Herren bestaunt. Sie schauen ihn wohlwollend an bis einem Mikeschs Katzenohren auffallen. "Bist du ein Hybrid?" fragt der unvermittelt angeekelt und Mikesch senkt traurig seinen Kopf. "Ja." schluchzt er nur noch und die Menschen empören sich dass sie so einer Missgeburt ihr sauer verdientes Geld anvertrauen sollen. Antonio macht das einzig mögliche: er löst Mikesch ab. Nun kommt wieder Ruhe in die Gäste und die Vorstellung kann ungehindert beginnen. Doch bei Mikeschs Auftritt buhen die Leute. Entsetzt flieht der kleine Kater aus der Manege und Hasso spurtet ihm hinterher. Antonio lässt die Clowns auftreten und Mikesch darf sich erst einmal wieder fangen und bei seinem Freund ausweinen. "Wieso mögen mich die Leute nicht?" fragt der kleine Kater verzweifelt. Hasso hat darauf keine gescheite Antwort. Er weiss einfach nicht was in den Köpfen dieser intoleranten Menschen vor sich geht. Er nimmt seinen kleinen Freund in den Arm und sagt nur: "Also ich mag dich. Und zwar ganz genau so wie du bist." Das hilft Mikesch nur bedingt. Stets der Aussenseiter zu sein und von der Gesellschaft ausgestossen zu sein ist kein gutes Gefühl. Es nagt unglaublich am Selbstwertgefühl des kleinen Jungen. Mikesch ist am Abend nach der Vorstellung so weit dass er gerne den Zirkus verlassen möchte. Traurig gehen die Buben zu Antonio und unterbreiten ihm ihren Vorschlag. Antonio wiegt seinen Kopf. "Wisst ihr, so ein Skandal ist häufig echt gut für das Geschäft. Ich muss kein Hellseher sein um zu wissen dass morgen viel mehr Gäste kommen um Mikesch zu bewundern. Ein Hybrid ist eine Ungeheuerlichkeit und die Sensationsgier zwingt die Leute praktisch zu uns zu kommen. Wenn du morgen wieder auftrittst dann können wir uns übermorgen vor Publikum nicht mehr retten." erklärt Antonio den erstaunten Kindern.

Nur eine KatzeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt