16. Kapitel

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Tobio und ich standen unbewegt immer noch in der selben Position. ,,Bist du nur mit dem einen Fuß in eine Scherbe getreten, oder tut es woanders auch noch weh?", fragte er. ,,Nur mit dem einen Fuß.", sagte ich.

Ich sah etwas rötliches an meiner weißen Socke. ,,Ich glaube, ich blute.", sagte ich. ,,Scheiße.", zischte er nur. Yuki kam mit Handschuhen und einem Handfeger in die Küche. Sie fegte erstmal so, dass wir sicher aus dem Haufen Scherben kamen. ,,Bist du irgendwo reingetreten?", fragte sie Tobio. ,,Nein.", sagte er nur.

Er setzte mich auf einem Küchenstuhl ab und ich legte mein Bein auf einen anderen Stuhl. ,,Tobio, den Verbandskasten hast du noch in deinem Zimmer, oder?", fragte sie ihn. ,,Ja, ich hole ihn.", antwortete er und verschwand aus der Küche.

,,Ach, Ryoko. Das tut mir wirklich Leid.", sagte sie niedergeschlagen, während sie die restlichen Scherben aufsammelte. ,,Sowas passiert eben.", sagte ich. Als Tobio zurückkam, sagte sie: ,,So, und weil du schließlich dieses Chaos veranstaltet hast, darfst du dich auch um Ryoko's Verletzung kümmern."

Er setzte sich mir gegenüber auf den Stuhl, mit meinem Bein auf seinem Schoß. Vorsichtig löste er die spitze Scherbe, die noch halb an meinem Fuß steckte. Ich biss mir auf die Unterlippe, als mich kurz ein zuckender Schmerz durchzog. ,,Du musstest auch echt genau auf das spitzeste Stück treten.", brummte er und legte die Scherbe auf den Tisch.

,,Wie ist diese Tasse eigentlich runtergefallen?", fragte ich, während er in dem Verbandskasten herumwühlte. ,,Wollte sie in das Regal stellen, bin aber mit einem Finger am Henkel hängen geblieben.", meinte er nur. ,,Was für eine Meisterleistung.", kommentierte ich.

Daraufhin drückte er mir leicht gegen den Hacken. ,,Au!", quiekte ich auf. ,,Okay, schmerzempfindlich bist du noch.", sagte er. Schmollend schaute ich ihn an. Dann zog er vorsichtig die Socke über meinen Fuß. Als sie sich von meinem Hacken löste, zischte ich einmal auf. Ich bemerkte, wie sich ein hinterlistiges Grinsen kurz über seine Lippen zog.

,,Ach, du findest das witzig, oder was?", fragte ich gereizt. ,,Nein.", gab er nur stur von sich. Tze. So ein Fiesling. Er machte etwas von dem Desinfektionsmittel auf ein Tuch und tupfte damit über die Verletzung. Ich sog scharf die Luft ein und krallte mich leicht an den Stuhl.

Danach machte er eine Salbe auf eine Wundauflage und legte diese an meinen Hacken. Er griff mit der anderen Hand nach einer Bandage, wickelte sie um meinen Fuß und befestigte sie anschließend. ,,Kannst du laufen?", fragte er, während er den Verbandskasten zusammenpackte.

,,Ja, ich denke schon, dass es gehen müsste.", sagte ich und stand vorsichtig auf. Den Hacken des bandagierten Fußes hielt ich in der Luft. Es sah nun so aus, als würde ich mit dem einen Fuß normal laufen und mit dem anderen auf Zehenspitzen.

,,Okay, komm mit.", sagte er und ging langsam vor. Humpelnd folgte ich ihm in sein Zimmer. ,,Setz dich da hin.", befahl er mir und zeigte auf sein Bett. ,,Okay.", meinte ich nur und setzte mich. Er griff unter das Bett und holte irgendetwas zusammengerolltes hervor.

Er legte es auseinander und platzierte es neben seinem Bett auf dem Boden. Eine Luftmatratze. ,,Bin gleich wieder da. Ich hol nur die Luftpumpe.", sagte er und verließ das Zimmer. Ich nutzte die Chance und schaute mich ein wenig um.

Ein Volleyball, ein paar Sport-Poster, ein großer Schrank... Sieht eigentlich wie ein ganz normales Zimmer eines Jungen aus. Aber ich bin mir sicher, irgendwo versteckt jeder von ihnen dieses Schmuddelzeug. Überrascht über meine Gedanken, schüttelte ich den Kopf.

Tobio kam wieder in den Raum und schloss die Luftpumpe an die Luftmatratze. Dann schaltete er sie an und ließ sich neben mir aufs Bett nieder. ,,Und jetzt?", fragte ich. ,,Keine Ahnung.", entgegnete er mir. Yuki schaute auf einmal ins Zimmer und fragte: ,,Habt ihr Lust, Miwa und eine Freundin von ihr ins Kino zu begleiten?"

,,Aber dann müsstest du die Pumpe ausmachen, wenn wir weg sind.", sagte Tobio und sie nickte. ,,Achso, willst du überhaupt?", fragte sie dann mich. ,,Ja.", sagte ich lächelnd. ,,Okay.", meinte sie nur und verließ das Zimmer.

×××

Als wir im Kino angekommen waren, kauften Miwa und ihre Freundin die Karten und wir das Popcorn. Plötzlich vibrierte mein Handy. Ich nahm es aus meiner Jackentasche und schaute auf den Bildschirm. Tooru? Ich ging ran.

,,Ja?", fragte ich verwirrt. ,,Bist du schon zu Hause? Hast du gegessen und liegst jetzt brav im Bett?", fragte er. ,,Nein, nicht ganz. Weil kein Bus mehr gefahren ist, bin ich zu einem aus dem Team gegangen. Dort haben wir gegessen und jetzt begleiten wir seine Schwester und eine Freundin ins Kino.", sagte ich. ,,Und wer ist das, wenn ich fragen darf?", wollte Tooru wissen.

Plötzlich wurde mir das Handy aus der Hand genommen und ich hörte Tobio's Stimme. ,,Sag noch einmal, dass ich nichts kann, und ich beförder' dich mit einem Aufschlag ins Jenseits.", sagte er und gab mir das Handy dann zurück. ,,Ehm... ja, wie du grad gehört hast, bin ich bei Tobio.", sagte ich.

,,Warum denn bei ihm?", fragte Tooru. ,,Sorry, der Film fängt gleich an, ich muss auflegen.", sagte ich schnell. ,,Bye." ,,Tschüss..", gab Tooru leicht niedergeschlagen zurück, bevor ich auflegte. ,,Wieso nennst du mich eigentlich beim Vorname?", fragte Tobio plötzlich hinter mir.

Ich zuckte zusammen. ,,Oh, Gott. Du stehst da ja immer noch.", sagte ich nur. ,,Und? Ich höre?", fragte er weiter. ,,Deine Mutter hat es mir erlaubt.", sagte ich stumpf. Schweigend schaute er mich immer noch an, ehe er Richtung Kinosaal ging. ,,Warte!", rief ich und humpelte hinterher.

Seine Schwester und ihre Freundin setzten sich weiter weg von uns hin. ,,Ich weiß nicht mal, welchen Film wir schauen.", murmelte ich und zog meine Jacke aus. ,,Irgendwas mit Vampiren.", sagte Tobio und griff in die Popcorntüte. ,,Hör auf, schon vor dem Film alles zu essen!", sagte ich.

,,Macht das nicht jeder?", fragte er dann. ,,Ich mache das nur mit Nachos.", meinte ich und griff dann doch in die Tüte Popcorn. ,,Wieso zum Geier hast du eigentlich Trashykawa's Nummer?", fragte er. Oh, der Name ist auch was Neues. ,,Lange Geschichte.", meinte ich nur.

,,Naja, wir haben ja jetzt genug Zeit.", sagte er und grinste leicht.

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Ich versuche die ganze Zeit, verzweifelt auf das nächste Ereignis hinzuarbeiten, aber ständig kommen irgendwelche Kleinigkeiten dazu, die ich dann doch so passend finde, dass ich sie mit rein nehme. xD

Kageyama X OC || Der Blitz des SpielfeldesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt