73. Kapitel

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Für einen Moment starrte ich meinen Gegenüber schweigend an, bevor ich die Tür panisch zuknallen wollte. Allerdings entdeckte ich, als mein Blick nach unten ging, dass er seinen Fuß zwischen Tür und Türrahmen gestellt hatte. Als wäre mein Kopf wie leer gefegt, drückte ich einfach weiter stur gegen die Tür und hoffte, sie würde irgendwann zugehen.

Ich habe ihn sofort erkannt. Als seine Stimme ertönte, zuckte ich zusammen, wodurch er die Tür ein wenig weiter öffnen konnte. Obwohl ich ihn noch nie gesehen habe, hat mir mein Instinkt sofort gesagt, dass er gefährlich ist. ,,Ryoko, meine Liebe.", sagte er langsam und gruselig. Ängstlich quietschte ich auf und stemmte mich nur fester gegen die Tür. ,,Du musst doch keine Angst vor deinem lieben Vater haben~", hörte ich von der anderen Seite der Tür.

Mein Herz schlug mir bis zum Hals und eine Welle von Panik überschwemmte mich. Mein Onkel hat mir schonmal erzählt, dass ich mich auf keinen Fall auf meinen Vater einlassen soll, da er anscheinend nur Geld im Kopf hat. Er wird mich für Geld benutzen! Als die Kraft, die die Tür gegen mich drückte, immer größer wurde, bekam ich langsam feuchte Augen. Scheiße. Was mache ich jetzt? Wo soll ich hin?

Für einen kurzen Moment drückte ich noch einmal mit aller Kraft gegen die Tür. Ich bemerkte, dass es nicht besonders viel brachte, aber mir kam eine Idee. Mit einem schnellen Sprung wich ich von der Tür und stolperte etwas nach hinten, während sich diese nun mit Schwung komplett öffnete. Der Mann, der im Türrahmen stand, hatte dunkelbraune Haare, einen leichten Bart und ein graues Jackett.

,,Ryoko-" ,,Geh weg!", unterbrach ich ihn mit erstaunlich fester Stimme. Ich klang momentan viel selbstsicherer, als ich eigentlich war. Überrascht schaute er mich an und seufzte dann. ,,Ryoko, lass es mich doch erklären.", meinte er und ging einen Schritt ins Haus. Seine Beine gut im Auge behaltend und dafür bereit, jederzeit wegzurennen, schaute ich ihn schweigend an. ,,Ich habe dich seit deiner ersten Lebenswoche nicht gesehen, lass dich doch umarmen.", sagte er und setzte ein Lächeln auf.

Ich runzelte die Stirn und schaute ihn an, während er seine Arme ausbreitete. Wenn ich vorgebe, ihn umarmen zu wollen und dann an ihm vorbei nach draußen renne- Wie, als hätte er meinen Blick bemerkt, schloss er die Haustür hinter sich. Schwer schluckte ich. Okay, Planänderung. Denk nach. ,,Ryoko, hätte ich früher gewusst, zu was einem hübschen Mädchen du heranwächst, hätte ich nie-" ,,Was willst du hier?", unterbrach ich ihn und funkelte ihn misstrauisch an.

,,Ich möchte dich wiedersehen, ich möchte dich in meine Arme schließen und dir zeigen, wie groß die Welt sein kann.", sagte er und klang dabei irgendwie nicht ehrlich. ,,Was genau soll das heißen?", fragte ich. ,,Ich werde mit dir um die Welt reisen und dich zu einer Bekanntheit machen.", sagte er und kam auf mich zu. Ohne zu zögern machte ich auf dem Absatz kehrt und rannte die Treppen hoch. Die schweren Schritte meines Vaters konnte ich dicht hinter mir vernehmen.

Im Flur überlegte ich nicht lange und schlüpfte durch die halb offene Tür meines Zimmers und schloss diese kurz darauf. Erleichtert atmete ich aus, als ich den Schlüssel im Schloss umdrehte. Hinter der Tür hörte ich kurz darauf ein raues Lachen. ,,Ryoko, versteck dich doch nicht vor mir!" Es lief mir eiskalt den Rücken runter. Ich brauche Hilfe.

Hektisch schaute ich mich in meinem Zimmer um, während mein Vater gegen die Tür klopfte und versuchte, mich mit süßen Worten herauszulocken. Ich entdeckte mein Handy und stolperte auf es zu. Mit zitternden Händen wählte ich Tobio in meinen Kontakten aus und drückte auf Anruf. Warum ihn und nicht die Polizei? Das weiß ich selbst nicht.

Es tutete eine Weile, sodass ich schon Angst bekam, er hätte sein Handy nicht in der Nähe. ,,Ja?", ertönte seine Stimme auf der anderen Seite. ,,T-tobio hilf mir! Mein Vater ist hier. Er will mich mitnehmen, mir wehtun oder so, ich weiß es nicht. Bitte komm schnell her, ich weiß nicht, wie lange er braucht, um eine Möglichkeit zu finden, in mein Zimmer zu kommen.", ratterte ich sofort runter, aber auch leise, damit mein Vater nichts davon hörte.

,,Was?! Ryoko- bleib wo du bist, ich komme!", sagte er überfordert. ,,Tobio..", murmelte ich leise und bemerkte, wie mir eine Träne die Wange hinunterlief. ,,Ich hab Angst.." ,,Keine Sorge, alles wird gut.", sagte er und legte auf. Mir war schwindlig, weshalb ich vorsichtig neben meinem Bett auf den Boden sank und schwer atmete. Beruhig dich. Hilfe kommt. Es wird alles gut.

,,Ryoko, komm da sofort raus, sonst muss ich diese Tür eintreten!", rief mein Vater hinter der Tür und klopfte nun aggressiver und mit Fäusten gegen sie. ,,Ryoko!" ,,Geh weg!", rief ich einfach nur und stand vorsichtig auf. Bitte Tobio, beeil dich. Als sich plötzlich auf der anderen Seite ein Schlüssel im Schloss umdrehte, wurden meine Augen groß. Ängstlich trat ich einige Schritte zurück und hoffte, dass ich mir nur eingebildet hatte, wie er die Tür aufschloss.

Allerdings entgegen meines Gebetes öffnete sich die Tür langsam und mein Vater kam in das Zimmer. ,,Du wolltest ja nicht hören. Und jetzt komm mit.", sagte er und holte nach mir aus. Mit meinem letztmöglichen Schritt wich ich nach hinten und viel dabei auf mein Bett. Die großen und rauen Hände griffen nach meinen Handgelenken und zogen mich mit. ,,Nein! Lass mich los!", schrie ich und trat nach meinem Vater.

Dieser aber ignorierte die Tritte gekonnt und zerrte mich weiter aus meinem Zimmer. Als ich jedoch versuchte, nach ihm zu beißen, drückte er mich im Flur gegen die Wand und legte eine Hand an meinen Hals, was mich sofort erstarren ließ. ,,Komm mal runter. Sonst wird es dir ziemlich Leid tun.", sagte er und drückte langsam zu. Nach Luft schnappend griff ich mit einer Hand an seine und wollte seinen festen Griff lösen.

,,Lass- mi-ich.. los..!", bekam ich angestrengt heraus und sah langsam mein Leben an mir vorbeiziehen. Ist das mein Ende? Wird er mich hier und jetzt töten? ,,Hach.. Ryoko..", sagte er, was ich nur noch so halbwegs mitbekam, da ich um Sauerstoff kämpfte. ,,Entweder hörst du jetzt auf, dich zu wehren und kommst mit mir mit, wie es ein braves Mädchen tun würde... oder du wirst hier die letzten Minuten deines Lebens verbring- Uagh!!"

Plumpsend landete ich auf dem Boden und spürte, wie sich meine Lungen wieder mit Luft füllten. Als ich aufschaute, sah ich wie Tobio meinem Vater gerade einen Faustschlag verpasste. ,,To-bio!", röchelte ich erleichtert. Dieser warf mir nur einen ganz kurzen Blick zu, bevor er einen Schlag meines Vaters einsteckte. ,,Was bist du denn für eine Witzfigur??! Verschwinde von hier!", drohte mein Vater Tobio. Dieser ließ sich davon jedoch nicht einschüchtern und rangelte weiter mit meinem Vater.

Als Tobio zu Boden viel, realisierte ich, dass ich immernoch tatenlos daneben saß und sprang auf. ,,Tobio!", rief ich geschockt. Mein Vater ignorierte den, aus der Nase blutenden Tobio, und kam stattdessen auf mich zu. Er wischte sich über den Mund, aus dem ebenfalls ein wenig Blut tropfte und sagte: ,,Wenn er sich schön brav aus der Sache raushält, dann wird euch beiden nichts passieren."

Damit wollte er abermals nach mir greifen, jedoch tauchte Tobio plötzlich hinter ihm auf und zerrte ihn zu Boden. ,,Du kleiner Mistbengel! Lass es sein, sonst werde ich nicht gerade vorsichtig mit meiner Tochter umgehen!", brachte mein Vater während des Gerangels heraus. Ohne mich anzusehen rief Tobio: ,,Ryoko! Lauf weg!"

Ich zuckte zusammen. Nein.. Ich werde nicht weglaufen. Ich werde dich nicht ihm überlassen. ,,..N-nein!", schrie ich laut. Tobio hielt für einen Moment inne, weshalb mein Vater wieder die Oberhand ergriff und Tobio nach unten drückte. Nun drückte er auch seine Hände gehen Tobio's Hals. Alle meine Haare stellten sich zu Berge und ich schaute mich wild im Flur um. Nein! Auf keinen Fall! Nicht mit mir!

Ich ergriff die nächstbeste Vase, die auf einem kleinen Schränkchen stand und rannte damit auf meinen Vater zu.

Es schepperte laut, mein Vater fiel über Tobio zusammen und durch die Fenster konnte ich Blaulicht ausmachen, das in der Ferne aufleuchtete. Schwer atmend schaute ich auf meine leicht blutende Hand, in der der zerbrochene Griff der Vase lag. Im nächsten Moment ließen meine Beine nach und ich brach zusammen. Noch kurz vor dem Boden fing mich Tobio auf und setzte sich mit mir hin.

Viel bekam ich nicht mehr mit. Nur eine warme Decke, die um uns gelegt wurde und Tobio's Herzschlag, der mich beruhigte und einschlafen ließ.

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Ich habe diesen Teil eindeutig zu sehr gelebt. Hilfe xD

Irgendwie wollte ich noch schreiben, dass ihr Vater hässliche, grüne Lederschuhe hat, aber da bin ich dann wohl doch nicht dazu gekommen. Jedenfalls... er hat hässliche, grüne Lederschuhe.

Kageyama X OC || Der Blitz des SpielfeldesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt