Kapitel 77; Michael

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Als ich am nächsten Morgen aufwache, ist das erste, was ich wahrnehme, Maurice' Hand in meiner. Wir haben es also wirklich geschafft, zu schlafen, ohne uns voneinander zu trennen. Scheiße man. Das geht hier alles schon wieder in eine ganz falsche Richtung, auch wenn Maurice mich eigentlich nur beruhigen wollte. Ein Blick in sein Gesicht verrät mir, dass er noch schläft und das ist auch gut so.

Langsam löse ich meine Hand aus seiner und stehe dann vorsichtig auf, um ihn nicht zu wecken. So leise wie möglich versuche ich, mir Sachen zu nehmen und ins Bad zu verschwinden. Bevor ich das Zimmer verlasse, drehe ich mich noch einmal um und siehe da: Maurice pennt immer noch. Wahrscheinlich hätte ich mir beim leise sein nicht mal Mühe geben müssen.

Nach meiner erledigter Morgenroutine begegne ich Zorn auf dem Flur. So wie's aussieht, ist sie schon länger wach als ich. Sie kommt aus der Küche und als sie mich sieht, läuft sie zielstrebig zu mir.

„Greed, gut, dass du wach bist. Ich wollte gerade zu euch. Schläft Maurice noch?“, möchte sie von mir wissen. Sie grinst, und in Anbetracht dessen, was heute passieren soll, finde ich ihre Freude eher zweifelhaft. Ich weiß nicht einmal, ob ich wirklich wissen will, was Zorn mit dem Ritual vorhat.

„Als ich das Zimmer verlassen habe, hat er noch geschlafen“, teile ich ihr mit. Ob er jetzt wach ist, kann ich also nicht wissen. Allerdings bezweifle ich es, immerhin reden wir hier von Maurice.

„Kannst du ihn bitte wecken? Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit“, ihre Stimmlage lässt es mehr nach einem Befehl anstatt nach einer Bitte klingen, aber da ich sowieso ins Zimmer wollte und ich momentan auch nicht in der Position bin, Zorn zu widersprechen, nicke ich einfach. „Gut, danke. Kommt danach in die Küche.“

So schnell, wie sie vor mir stand, ist sie auch wieder verschwunden. Ich seufze und laufe dann wirklich zurück ins Zimmer. Mir geht das jetzt schon auf die Nerven und Maurice macht seit Jahren Zorns Hündchen. Dem Jungen muss ja echt alles am Arsch vorbei gehen. Hätte nicht gedacht, dass sein Desinteresse wirklich so ausreizbar ist.

Wie erwartet liegt er noch im Bett und schläft. Eigentlich würde ich ihn ja schlafen lassen, aber Zorn hat recht. Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit. Also wecke ich ihn wohl oder übel. Erst wirkt er nicht begeistert, aber als ihm einfällt, was für ein Tag heute ist, ist er in einem für ihn beeindruckenden Tempo fertig.

So, wie Zorn es wollte, gehen wir zusammen in die Küche. Gluttony und Zorn sitzen am Tisch und sehen auf, als sie unser Eintreten bemerken. Wir setzen uns zu den beiden, und sofort erhebt Zorn das Wort.

„Seid ihr dann jetzt fertig? Können wir endlich los?“, drängt sie schon fast. So lange hat sie auch nicht auf uns warten müssen.

„Ja“, kommt von Maurice und Gluttony nickt, woraufhin Zorn erleichtert seufzt und ihre Hand die Griffe der Handtasche vor ihr umklammern. Immerhin, wir vier sind fertig, aber was ist mit Lust? Die ist noch nicht hier.

„Und Lust?“

„Treffen wir vor dem Hotel. Euch zuliebe wird sie übrigens auch ihr Amulett ausziehen.“ Das ist wohl eher Zorns Entscheidung und nicht Lusts Wohlwollen. „Trotzdem wird sie es bis heute Abend behalten, die leichte Anziehung ihr gegenüber werdet ihr also ertragen müssen“, warnt sie uns vor. Damit kann ich leben. Solange ich noch mitbekomme, was um mich herum passiert, ist alles in Ordnung. Ihr blind nachlaufen will ich aber nicht.

„Wir haben doch den Ring? Bis heute Abend sind es ja keine 24 Stunden, also auch kein Risiko“, Maurice zuckt mit den Schulter. Damit wäre wenigsten einer von uns komplett unbeeinflusst von Lust.

„Damit ist aber nur einer von euch geschützt und wir wollen ja nicht, dass der jeweils andere Eifersüchtig ist“, Zorn fängt an zu lachen und ich verdrehe meine Augen. War ja klar, dass mir solche Kommentare nicht ewig erspart bleiben. „Das hab ich gesehen, Greed.“

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