Kapitel 67; Michael

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Mika parkt das Auto vor dem Haus und ich seufze. Das kann da oben ja jetzt witzig werden. Ich öffne die Tür und steige aus dem Auto.

„Denk dran, ihr fahrt wirklich weg. Nicht, dass Zorn euch hier unten noch sitzen sieht, wenn sie meine Wohnung verlässt“, erinnere ich Mika in der kurzen Zeit wahrscheinlich schon zum zehnten Mal. Genervt seufzt sie.

„Ich hab's verstanden, wir sind weg. Meld dich bei uns, sobald du das hinter dir hast“, Mika trommelt nervös mit ihren Händen auf dem Lenkrad rum.

„Und sei vorsichtig“, höre ich Manu sagen, bevor ich die Beifahrertür zuschlage und zum Hauseingang laufe. Bevor ich den Hausflur betrete, sehe ich dabei zu, wie das Auto aus der Parkbucht ausschert und davon fährt. Hoffentlich kommen die drei nicht noch auf komische Ideen.

Vor der Wohnungstür zögere ich. Sie ist nur angelehnt, nicht geschlossen. Irgenwie habe ich schon damit gerechnet, dass sie innerhalb meiner Wohnung auf mich warten wird. Auch wenn ich keine Gefahr mehr für Zorn bin, heißt das nicht, dass sie mich nicht umbringen könnte. Immerhin hat sie schon fälschlicherweise Leute umgebracht, nur weil sie dachte, sie hätten Gegenstände. Anderseits komme ich da jetzt auch nicht mehr drum herum. Je eher ich die Wohnung betrete, desto eher habe ich es hinter mir. Bevor ich sie aber betrete, sehe ich mir kurz das Schloss an. Ich bin zwar kein Profi, aber ich würde sagen, der Mechanismus funktioniert wenigstens noch.

Die Tür schwingt auf und vor meinem inneren Auge sehe ich schon Zorn mit einer Waffe auf mich zielen, aber entgegen aller Erwartungen ist der Flur leer. Also zuerst ins Wohnzimmer, da würde ich sie nämlich als erstes vermuten. Und tatsächlich sehe ich Zorn entspannt auf der Couch sitzen, als ich die Tür zum Wohnzimmer öffne. Maurice sitzt mit einigen Zentimetern Entfernung neben ihr und sobald sie mich sieht, bildet sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht. Scheinheilige Schlampe.

„Wilkommen zuhause, Greed. Schön hast du's hier, und so aufgeräumt“, ihr Blick wandert durchs Wohnzimmer, bis er schlussendlich wieder bei mir hängen bleibt. „Na, hat dir meine Umdekoration gestern gefallen?“

„Nicht wirklich. Dein Geschmack was Einrichtung angeht muss wohl echt beschissen sein“, natürlich, provozier ruhig die Frau mit der Waffe, das ist eine wirklich gute Idee. Zu meinem Glück ist die einzige Reaktion, die ich darauf bekomme, ein Lachen.

„Das ist aber nicht sehr nett, dabei hab ich dir sogar jemanden mitgebracht“, sie schüttelt den Kopf und deutet auf Maurice, den ich erst jetzt richtig ansehe. Sein Blick verfängt sich mit meinem und wieder habe ich das Gefühl, mich nicht davon losreißen zu können. Zumindest solange, bis Zorn anfängt zu lachen und ich meine Aufmerksamkeit gezwungenermaßen auf sie lenke.

„Ach Greed, dieses Glänzen in deinen Augen, wenn du Maurice ansiehst. Einfach herrlich. Man spürt förmlich, wie sehr du ihn besitzen willst“, Spott liegt in ihren Augen, während sie ihren Mund in dasselbe scheinheilige Lächeln verzogen hat.

„Ich will ihn nicht besitzen!“, entsetzt schüttel ich den Kopf. Was zur Hölle geht bitte bei ihr? Ich weiß selbst, dass man über Menschen nicht verfügen kann. So verblendet bin ich jetzt auch nicht.

„Ach nein? Macht dich das etwa nicht wahnsinnig?“, ihre Hand legt sich auf Maurice' Schulter und ich merke, wie mich das tatsächlich ziemlich stört. Ich will nicht, dass sie ihn anfasst. „Oh, hab ich da etwa dein Eigentum angepackt?“

„Kannst du bitte nicht von mir sprechen, als ob ich ein Objekt wäre?“, Maurice schiebt ihre Hand von seiner Schulter und erleichtert stelle ich fest, dass sie keine Anstalten macht, ihn noch einmal anzufassen.

„Aber Maurice, genau das bist du doch für ihn. Ein lebloses Objekt, auf das er einen Besitzanspruch gestellt hat, nur um seine jämmerliche kleine Gier zu befriedigen“, bemitleidend neigt sie ihren Kopf, dann wendet sie sich wieder mir zu. „Und wenn sich das jetzt schon so schlimm anfühlt, wie wird es denn dann in ein paar Tagen sein? Oder in den nächsten Wochen? Dieses Gefühl wird immer schrecklicher werden, das tut mir wirklich sehr leid“, ihr belustigter Unterton macht ziemlich deutlich, dass ihr das ganze doch nicht so leid tut. Aber sie hat recht. Ich will mir gar nicht erst vorstellen müssen, wie schlimm das ganze noch wird, sollten wir unsere Gegenstände nicht wiederbekommen.

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