Ruckhaft öffnet sich die Tür und wie erstarrt bleibe ich stehen. Wer öffnet sie? Panik steigt in mir auf, verschwindet aber sofort, als ich Michael erblicke. Es geht ihm also gut. Ich will was sagen, einen dummen Spruch loswerden, aber soweit komme ich gar nicht erst. Ich sehe wie eine Waffe in die Höhe gereckt wird. Fuck, aber warum zielt sie auf die Decke? Sie feuert, allerdings verlässt keine todbringende Kugel den Lauf, sondern etwas verdammt helles. Ist das Licht? Hat die Pistole gerade Licht geschossen? Es geht zu schnell, als das ich irgendetwas hätte erkennen können, aber in dem Moment in dem das Licht die Decke des Hotelzimmers berührt, zersplittert der Raum. Risse bilden sich in den Wänden und Stücke brechen heraus, erinnern mich an eine Glasscheibe, die bekanntschaft mit einem Baseballschläger gemacht hat. Die Scherben des Raumes lösen sich aus ihrer ursprünglichen Form, hinterlassen nichts als Dunkelheit und fallen lautlos ins Nichts, denn soetwas wie der Boden existiert nicht mehr. Alles ist dunkel.
Dann stehe ich plötzlich in Mitten des ehemaligen Raumes. Ich blicke mich um. Wir stehen in einer endlos erscheinen Dunkelheit. Das einzige Licht kommt vom Boden. Alle Anwesend sind im Kreis angeordnet, nur eine Person steht in der Mitte von uns. Alle stehen in kleinen Kreisen aus Licht. Ich blick auf den Boden unter mir Invidia, steht dort. Wie ist das passiert? Viel wichtiger ist momentan aber die Tatsache, dass die Person, die in der Mitte steht und die Waffe immer noch gegen Himmel gereckt hat nicht Zorn, sondern Maurice ist.
„Du Mistkerl!“, das ist definitiv Zorns Stimme. Ich blicke zu ihr und sie sieht ziemlich erbost aus. „Das ist mein Ritual! Du hast Glück, das ich hier festgehalten werde ansonsten-“ Festgehalten? Was meint sie damit? Niemand steht bei ihr. Mein Blick fällt wieder auf den Kreis samt Schriftzug unter mir. Ob es daran liegt? Ich versuche mich zu bewegen, irgendwie von diesem unheilvollen Lichterkranz wegzukommen, aber es gelingt mir nicht. Ich kann mich nicht richtig rühren. Was ist das?
„Dein Ziel ist Rache, die kannst du auch ohne den Wunsch ausüben, aber mein Ziel kann nur durch diesen Wunsch erfüllt werden“, Maurice klingt gefasst, während er seinen Arm wieder sinken lässt. Verdammt. Er hat nicht nur uns, sondern auch Zorn verraten. Was ist sein Ziel? Er hat uns weiß gemacht, dass Zorn böse ist und aufgehalten werden muss, er war der Fadenzieher hinter uns, wir waren nur seine Marionetten. Zorn war scheinbar auch nur eine Person, die von Maurice benutzt wurde.
„Du!“, zischt Zorn. „Wie lange hast du das schon geplant?!“
„Hm“, macht Maurice und lädt die Waffe nach. „Seit ich in Erfahrung gebracht habe, dass das Ritual einem jeden Wunsch gewährt.“
„Du-“, Zorn wird unterbrochen, allerdings nicht von dem doppelten Verräter, sondern von einer anderen Person.
„Maurice, was hat das alles zu bedeuten?“, mein Blick schwenkt zu Michael, der zu Maurice sieht. Er sieht traurig aus. Mein Blick verdunkelt sich. Mal wieder ist es Maurice' Schuld, das Michael leidet. Micha war in den letzten Tagen bei Zorn und damit unweigerlich auch bei Maurice und vermutlich hat dieser ihm wieder was vorgemacht.
„Ich habe gesagt, dass ich Zorn davon abhalte das Ritual auszuführen und das habe ich getan“, erklärt Maurice und zielt jetzt auf den Boden.
„Hör auf!“, und zu meinem Erstaunen stoppt Maurice wirklich und sieht zu Michael. „Sag mir endlich was das alles soll!“ Stille, dann ein leises „Bitte“. So viel Gefühl in diesem einzelnen kleinen Wort, zeigt mir wir sehr Micha noch an Maurice hängt. Nach all der Scheiße, die er gemacht und die er gerade mal wieder abzieht, liebt er ihn. Das war ja eigentlich klar, schließlich war ich damals im Auto schon von seinen Gefühlen für Maurice überwältigt. Aber ich dachte durch all das hier, wären dieses Gefühle zumindest etwas schwächer geworden, aber dieses eine Wort, hat alles zum Ausdruck gebracht. All die Verzweiflung, den Schmerz, aber eben auch die innige Liebe, die er für den Jungen empfindet, der momentan in seinem Vorhaben inne hält. Vermutlich weil Maurice auch gehört hat, was ich aus diesem Wort raushöre. Weil dieses Wort gerade alles ist. Maurice' Haltung erschlafft, seine Hand, die die Waffe hält, löst ihren Griff etwas.
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Hast du eigentlich auch genug von mir?
FanfictionEin neuer Lebensabschnitt beginnt, wenn man das Abitur hinter sich hat und jetzt nach einer geeigneten Universität sucht. Am liebsten möchte man ja ganz weit weg von zu Hause und endlich eine eigene Wohnung und Freiheit haben. Aber so einfach ist da...