Kapitel 9; Michael

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Ich wache auf, als Gonzo auf mich drauf springt. Oder eher, er erklimmt mein Bett, krabbelt auf mich und lässt sich dann einfach wie ein Stein runtersacken. Ich muss gähnen. Wie spät ist es überhaupt? Während ich Gonzo durchs Fell fahre, schaue ich zur Wanduhr. Oh, schon fast zehn Uhr. Ich blicke zurück zu Gonzo, der mich längst mit seinem Blick fixiert hat.

„Ist ja gut, dann musst du mich aber auch aufstehen lassen.“ Leise seufze ich, als Gonzo sich keinen einzigen Zentimeter bewegt. Ich hebe ihn hoch und lege ihn neben mich auf das Bett. Danach stehe ich auf und verschwinde im Bad. Anschließend ziehe ich mich um. Zusammen mit Gonzo laufe ich runter. Ich sehe, dass im Wohnzimmer Licht brennt, also gehe ich ebenfalls ins Wohnzimmer.

„Guten Morgen Michael“, mein Vater blickt von seinem Laptop auf, als ich den Raum betrete.

„Morgen Papa“, ich muss ein Gähnen unterdrücken, weswegen er schmunzelt. Gonzo stuppst mich ungeduldig mit der Schnauze an.

„Ich bin dann mal mit Gonzo raus.“ Genannter läuft schon zur Tür und kopfschüttelnd sehe ich ihm nach. Dieser Hund. Aktiv wie sonst was, aber wenn man was von ihm will ist er ein unbeweglicher Stein.

„Gut. Vergiss aber nicht, dass wir später noch zusammen losfahren wollten. Wir haben ja was vor“, erinnert er mich und ich nicke. Das habe ich schon nicht vergessen. Ich folge Gonzo, der schon vor der Haustür auf mich wartet. Ich schnappe mir die Leine, befestige sie an seinem Halsband und öffne die Tür. Hinter uns fällt die Tür ins Schloss und wir laufen die Auffahrt runter. Als ich das Grundstück verlasse, treffe ich auf unseren Gärtner, der die hohe Hecke am Zaun stutz. Ich grüße ihn kurz und schlüpfe dann zusammen mit Gonzo durch den Ausgang, der für Menschen und nicht für Autos gedacht ist. Wir laufen die Straße runter und kurz darauf biegen wir in den Park ab. Es dauert nicht lange und wir kommen bei der Wiese an. Ich mache Gonzo zwar los, aber wir bleiben heute nicht allzu lange da. Wir beenden unsere Runde schneller als sonst, aber Gonzo scheint trotzdem zufrieden zu sein. Sobald wir wieder zuhause sind löse ich Gonzos Leine und er läuft direkt ins Wohnzimmer. Ich folge ihm. Mein Vater sitzt immer noch an derselben Stelle wie vorher.

„Da bist du ja wieder. Heute wart ihr aber echt schnell“, überrascht sieht er hoch, als ich mich in den Sessel setze.

„Du hast doch selbst gesagt, wir haben heute was vor“, erinnere ich ihn. Er klappt seinen Laptop zu und platziert ihn auf dem Tisch.

„Sicher, dass wir Maurice nicht mitnehmen sollen? Er wird schließlich der Fahrer des Autos sein.“ Mein Vater betrachtet mich skeptisch. Er möchte nicht, dass Maurice hinterher unzufrieden mit unserer Wahl des Autos ist. Verständlich irgendwie.

„Ja, ich bin mir sicher. Du weißt doch, wie er bei solchen Sachen reagiert. Der Wohnungspreis hat ihn schon gestört und Autos sind halt teuer, egal welches. Würden wir ihn entscheiden lassen, hätten wir am Ende 'nen abgeranzten Gebrauchtwagen, damit wir bloß nicht zu viel bezahlen.“ Ich seufze leise und meint Vater nickt wissend.

„Ja, ich versteh schon. Er hat wirklich ein Problem damit, Sachen anzunehmen. Dabei machen wir das nicht nur für ihn, du profitierst am Ende ja auch davon, wenn ihr ein Auto habt.“ Eigentlich ist es ja gut, dass Maurice so ist. Je älter ich wurde, desto öfter hatte ich Freunde, die nur wegen dem Geld was mit mir zutun haben wollten. Maurice gibt zwar letztlich nach und nimmt alles an, was ich ihm gebe, aber vorher sträubt er sich.

„Danke übrigens, dass ihr das einfach so übernehmt. Das ist nicht selbstverständlich und das weiß ich“, ehrlich lächle ich meinen Vater an. Ich kann mich wirklich glücklich schätzen, dass meine Eltern das Geld nicht vor mir verschließen, sondern mich daran teilhaben lassen. Selbst mit meinem Portemonnaie hätte ich wahrscheinlich längere Zeit auf ein Auto sparen müssen, wenn meine Eltern nicht wären. Ein Grund mehr das ich versuche, so viel wie möglich von den Möbeln für die neue Wohnung selbst zu finanzieren.

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