Kapitel 45; Michael

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„Wieso hast du das vorgeschlagen?“ Ich stehe im Badezimmer und sehe Maurice dabei zu, wie er versucht, seine Frisur zu ordnen. Immer wieder fährt er sich mit der Hand durch die Haare. Erfolglos. Seine Haare machen eh, was sie wollen.

„Du sagst doch sonst immer, ich soll mehr vor die Tür gehen.“ Scheinbar hat er aufgegeben, denn er lässt seine Hände sinken und stützt sich am Waschbecken ab.

„Ja, aber doch nicht mit den beiden!“ Kurz spiele ich mit dem Gedanken, ihm eine seiner Haarsträhnen aus dem Gesicht zu schieben, lasse es dann aber doch. Sie würde direkt wieder nach vorne rutschen, so wie es die ganze Zeit der Fall war.

„Warum hasst du sie so? Sie haben dir doch nichts getan.“ Er richtet sich auf und schiebt die Strähne selbst aus seinem Gesicht. Wider Erwarten hält sie sogar.

„Gegen Patrick hab ich ja auch nichts, aber Manuel muss ich nicht unbedingt in meiner Nähe haben.“ Ich möchte meine Gedanken für mich behalten. Und das geht nicht, wenn er da ist. Ob ich's will oder nicht, er hört alles, was ich denke, ohne, dass ich es verhindern kann. So ist es nur eine Frage der Zeit, bis er versteht, was ich für Maurice empfinde. Und so wie ich Manuel einschätze, bin ich dann am Arsch. Ich bezweifle stark, dass er seinen Mund hält.

„Neid und Gier sind sich nicht so unähnlich. Gerade deswegen verstehe ich einfach nicht-“ Stopp.

„Lass es. Wir haben nichts gemeinsam. Merk dir das. Wir sind mehr als diese verdammten Gegenstände und ich schwöre dir, du wirst nichts finden, was an uns gleich ist.“ Ich bin nicht wie Manuel. Wir sind nicht gleich, werden es nie sein. Genauso wenig wird jemals eine Freundschaft zwischen uns existieren. Ich tue das für Maurice. Für niemand anderen sonst. Das ist alles.

„Du bist so stur!“ Maurice hat recht. Ich bin stur, allerdings weiß er ja auch nicht, wie es ist, für Manuel ein offenes Buch zu sein.

„Ich schätze meine Privatsphäre und hasse Neid. Das ist alles.“ Ich habe in meinem Leben schon genug Neider getroffen. Einige haben sich sogar in meinen Freundeskreis geschlichen. Vorne rum versuchen, die Geldquelle anzuzapfen und sie hintenrum schlecht machen. Ich habe genug davon. Ich will das nicht mehr.

„Bist du nicht neidisch? Willst du nicht manchmal Sachen unbedingt haben, selbst wenn sie jemand anderem gehören?“ Nein. Von klein auf wollte ich nie so sein. Das bin ich nicht.

„Ich will aber nur Sachen haben, die ich mir auch leisten kann, Maurice!“, seufzend schüttel ich den Kopf. Ich nehme mir nur Dinge, die noch frei sind. „Ob du's glaubst oder nicht, es gibt auch Dinge, die ich nicht haben kann.“ Und gerade du müsstest wissen, dass hinter mir mehr steckt als nur ein verwöhnter Bastard, also stell mich nicht mit jemandem auf eine Stufe, der nur das in mir sieht.

Ich verlasse das Badezimmer. Das Gespräch ist für mich beendet. Bin ich enttäuscht? Ein wenig. Ich verachte Neid und ich verachte mich selbst, jedesmal wenn ich merke, dass auch nur der geringste Hauch von Neid in mir aufsteigt. Maurice hat recht, wenn er sagt, dass Neid und Gier nah beieinander liegen, aber es ist trotzdem nicht dasselbe.

Ich bin noch nicht weit gekommen, als ein Ziehen an meinem Ärmel wahrnehme. Sofort bleibe ich stehen. Ich seufze, drehe mich aber um. Maurice steht hinter mir, Kopf gesenkt, mit sich selbst hadernd. Er blickt auf, Reue liegt in seinem Blick und ich weiß, dass egal was er jetzt sagen wird, ich es akzeptieren werde. Weil ich mich schuldig fühle. Weil ich mein Ego mal wieder über alles andere gestellt habe.

„Bist du sauer? Es tut mir leid. Ich dachte nur, das würde helfen, besser miteinander auszukommen. Ich mag die beiden wirklich, außerdem-“, er bricht von selbst ab. Seine Unterlippe zittert. Leicht, aber ich sehe es trotzdem. Angst, und ich hasse es. Weil ich Maurice so nicht kenne und ihn so nicht sehen will.

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