Hast du eigentlich auch genug von mir?

Kapitel 107; Michael

TW sexueller Inhalt/smut/lemon

Das macht doch alles keinen Sinn. Warum versuche ich überhaupt noch, hier irgendwas zu retten? Ich habs doch sowieso schon versaut. Der ganze Text ist einfach scheiße, damit kann man ja absolut nichts anfangen, verdammt. Nur knapp kann ich dem Drang widerstehen, meinen Laptop durchs Wohnzimmer zu pfeffern. Der kann ja schließlich auch nichts dafür, dass ich so dumm bin. Aber es hilft ja nicht, ich muss diese Aufgabe erledigen! Ich muss den scheiß hier durcharbeiten, sonst hab ich echt 'n Problem.

Also durchatmen. Alles löschen. Neu anfangen. Zum dritten Mal. Vielleicht muss ich das auch noch ein viertes Mal machen. Abwarten. Nichts überstürzen, Ruhe bewahren. Das sagt sich so leicht. Mittlerweile verstehe ich das Material nicht einmal mehr. Habe ich es überhaupt jemals richtig verstanden? Ich starre auf meinen Laptop und die Wörter verschwimmen vor meinen Augen. Ich lese ein Wort und habe es nach zwei Sekunden wieder vergessen. Sind das überhaupt Sätze oder nur zusammenhangsloser Müll? Natürlich sind das Sätze. Ich müsste mich nur konzentrieren, dann wär das hier gar nicht so schlimm. Anspruchsvoll, ja. Aber nicht die Hölle, die es jetzt ist. Ob Nico den Scheiß verstanden hat? Ich könnte mein Handy holen, könnte ihn fragen. Aber dann würde ich mich am Ende nur selbst ablenken und das ist nicht Sinn der Sache. Nein, ich muss mich nur zusammenreißen. Das ist alles. Fokus aufs wesentliche. Aber was ist hier das wesentliche? Auf welche Aspekte soll ich überhaupt achten? Scheiße man.

Ich lege meinen Kopf in den Nacken, starre an die Decke, seufze frustriert. Wie lange befasse ich mich jetzt eigentlich schon damit, ohne irgendwelche Fortschritte gemacht zu haben? Ich stehe quasi immer noch bei Null. Macht es überhaupt Sinn, mich jetzt dazu zu zwingen, mich damit zu befassen, wenn es trotzdem nichts bringt? Ich will den Mist hier endlich fertig haben, aber irgendwie bin ich trotzdem nicht produktiv. Eigentlich sitze ich nur rum und mache, ja, gar nichts halt.

Aber vielleicht kommt mein plötzlicher Motivationsschub ja noch? Außerdem weiß ich jetzt schon, dass mein schlechtes Gewissen mich quälen wird, wenn ich jetzt aufhöre. So oder so werde ich dann eh wieder nach fünfzehn Minuten hier sitzen, weil ich mich sonst schlecht fühle. Also weitermachen. Solange, bis ich zumindest einen Anfang gefunden habe. Oder bis ich vor Langeweile gestorben bin. Mal sehen, was zuerst passiert.

Mit einem weiteren genervten Seufzer reiße ich mich von dem Anblick der Decke los und starre zurück auf meinen Laptop. Fast so, als hätte meine Frustration ihn beschworen, öffnet sich die Wohnzimmertür und Maurice betritt den Raum. Ich höre seine Schritte, spüre seine Präsenz hinter mir, als er mir über die Schulter blickt.

„Mhm. Heute bist du irgendwie nicht ganz bei der Sache, kann das sein?“ fragt er nach und ich schüttle den Kopf.

„Ne. Meine Konzentration macht da gerade irgendwie nicht so mit. Ich glaube, die letzten Tage waren einfach zu anstrengend“, vermute ich. Würde mich nicht wundern. Das Jura fordernd ist, wusste ich ja von Anfang an, aber dass es teilweise so auslaugend sein würde... Naja, geht vermutlich jedem so, unabhängig vom Studiengang. Downs sind normal, oder?

„Verständlich. Wir haben diese Woche nichts anderes gemacht als zu lernen“, seine Worte werden von einem leisen Schnauben begleitet, während er die Couch umrundet und sich neben mich setzt. Sein Kopf findet einen Platz auf meiner Schulter und automatisch verschwindet meine Hand in seinen Haaren. War ich eben schon dazu geneigt, meinen Laptop wegzulegen, bin ich es jetzt noch mehr. Mein Kopf ist einfach viel zu voll. Mein Schädel explodiert, wenn ich diesen verkackten Müll nur noch ein weiteres Mal lesen muss.

„Ich hab einfach keinen Bock mehr“, lasse ich ihn wissen und hoffe, dass er versteht, dass er bleiben soll. Vielleicht hilft seine Anwesenheit mir dabei, den Kopf frei zu bekommen. Und selbst wenns nur ein paar Minuten sind, in denen ich mich nicht damit befassen muss. Wenigstens habe ich dann eine Ausrede. Das wird mein schlechtes Gewissen etwas reduzieren.