Kapitel 51; Michael

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Ohne hinzusehen lasse ich meine Finger über das Display meines Handys gleiten, um den Wecker auszuschalten. Mein ehemaliges Lieblingsslied verstummt und ich ziehe erleichtert meinen Arm zurück. Es ist gar nicht so leicht, sich zu bewegen, wenn Maurice auf meinem anderen Arm liegt. Seitdem die Sache mit meiner kleinen Panikattacke -wie er es nennt- passiert ist, hat er mich kaum noch aus den Augen gelassen.

Es ist nett, dass er so auf mich acht gibt, allerdings ist seine fast schon überfürsorgliche Art nicht wirklich hilfreich, was das zurückhalten meiner Gefühle ihm gegenüber angeht. Eher im Gegenteil. Es macht alles nur schlimmer und ich kann kaum noch einen klaren Gedanken fassen.

Vielleicht sind diese vier freien Tage genau das richtige, um mich selbst zu sortieren. Wir werden nicht mehr die ganze Zeit aufeinander hängen können, sondern werden zumindest für eine kurze Weile wieder getrennt leben.

„Hey Mauri.“ Vorsichtig rüttle ich an dem Jungen neben mir, bis er seine Augen aufschlägt. Langsam setzt er sich auf und mustert mich aus verschlafenen Augen, während er sich einzelne Strähnen aus dem Gesicht schiebt.

„Was ist denn? Ist was passiert?“ Jedes Mal wenn er mich so mustert wie gerade, habe ich das Gefühl, er könne direkt in meine Seele blicken. Es ist faszinierend und fast schon gruselig, wie prüfend sein Blick manchmal sein kann.

„Nein, alles gut. Wir sollten nur langsam aufstehen, wenn wir nicht erst heute Abend zuhause ankommen wollen.“ Die Frage, wie er es fast immer schafft den Wecker zu überhören, stelle ich mir nicht mal mehr.

„Noch ein paar Minuten, okay?“ Und damit lässt er sich auf meinen Oberkörper sinken und ich bin tatsächlich gewillt, noch fünf Minuten liegen zu bleiben. Mehr aber auch nicht. Wir haben ausgemacht, um 09:30 Uhr vor Patricks und Manus Wohnung zu sein, immerhin müssen wir ein paar Stunden fahren, bis wir zuhause sind.

„Gut, die paar Minuten sind rum.“ Widerwillig schiebe ich Maurice runter von mir. Langsam sollten wir uns wirklich fertig machen, sonst können wir unseren Zeitplan vergessen und das will ich nicht. Ich bin froh, wenn ich wieder zuhause bin, auch wenn's nur knapp vier Tage sind.

Ich stehe auf und sehe nach, ob mein Handy auch wirklich über Nacht geladen hat. Wäre nicht das erste Mal, dass ich das Netzteil nicht richtig angeschlossen habe. Zu meinem Glück ist das aber nicht der Fall, der Akkustand liegt bei vollen hundert Prozent. Mehrere Nachrichten werden mir angezeigt, um die ich mich aber später kümmern werde.

Ich ziehe das Kabel und lege es neben mein Handy, um es gleich bloß nicht hier zu vergessen. Danach gehe ich zu meinem Schrank und suche Kleidung raus. Während ich im Schrank krame, klettert Maurice murrend aus dem Bett und verlässt den Raum, geht wahrscheinlich in sein eigenes Zimmer.

Schnell springe ich noch unter die Dusche und laufe dann zurück in mein Zimmer. Ich greife nach meinem Ladekabel und stecke es in die Tasche, die an der Tür steht. Eigentlich dumm, dass ich so viel eingepackt habe. Ja, es ist nur Zeug für vier Tage, aber theoretisch hätte ich das nichtmal tun müssen, immerhin habe ich das meiste davon auch zu Hause. Naja. Egal. Ich werde die Tasche jetzt nicht noch mal neu packen.

Ich schnappe mir mein Handy, welches noch auf dem Nachttisch liegt und greife dann nach meiner Tasche, die ich in den Flur trage. Das Rauschen der Dusche lässt mich wissen, dass Maurice im Bad ist. In der Küche steht ein Kaffee auf dem Tisch, neben einer fast leeren Tasse Tee. Während ich also meinen Kaffee trinke und darauf warte, dass Maurice aus dem Bad kommt, lese ich die Nachrichten, die ich heute morgen bekommen habe.

Ich freu mich schon, dich heute Mittag wieder zu sehen. Papa hat sogar schon in deinem Zimmer Staub gewischt. Gesendet von meiner Mum um kurz nach fünf. Oh Man, sie ist echt schon lange wach. Wahrscheinlich war sie auch schon mit Gonzo unterwegs.

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