Kapitel 11; Michael

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Als ich heute morgen aufgestanden bin, saß meine Mutter schon in der Küche. So groß wie ihre Augenringe sind, bezweifle ich, dass sie überhaupt geschlafen hat. Jetzt sitzen wir zu dritt - oder zu viert, wenn Gonzo mitzählt- im Wohnzimmer auf der Couch und warten auf Maurice. Sobald er hier ist, laden wir die Sachen, die ich mitnehmen möchte, in sein - beziehungsweise unser- Auto und fahren zu unserer neuen Wohnung. Die bestellten Möbel werden heute ebenfalls von einem Umzugsunternehmen dorthin geliefert. Krass. Ich ziehe heute in meine erste eigene Wohnung. Shit, ich bin etwas nervös. Instinktiv drücke ich Gonzo, der es sich auf meinem Schoß bequem gemacht hat, etwas mehr an mich. Ich würde ihn so gerne mitnehmen. Es wird schwer, ihn hier zulassen. Schon als er noch ein kleiner Welpe war, ist er immer um mich rumgewuselt. Aber es ist besser so. Ich habe viel zu viel Angst davor, dass ich durch die Uni nicht genügend Zeit für ihn habe, wenn er mitkommt. Meine Eltern werden sich schon gut um ihn kümmern. Vor allem meine Mutter. Ich glaube, wenn ich weg bin braucht sie erstmal jemanden, den sie verhätscheln kann. Und Gonzo wird sich über die Extrazuwendung wahrscheinlich auch freuen.

„Ich fass es nicht, mein kleiner Junge zieht aus und geht zur Uni." Zum wiederholten Male heute wischt meine Mutter sich bemüht unauffällig eine Träne aus dem Augenwinkel. Irgendwie bekomme ich ein schlechtes Gewissen, wenn ich sie so sehe, aber sie hat mir in den letzten Tagen oft genug gesagt, dass ich mir um sie keine Sorgen machen muss.

„Na komm, so schlimm ist es auch nicht. Du tust ja gerade so, als würde er auswandern", mein Vater schmunzelt etwas. Ihn nimmt mein bevorstehender Auszug nicht ganz so sehr mit wie meine Mutter.

„Eben, wir sind nur ein paar Stunden von einander getrennt. Außerden komm ich euch ja auch hin und wieder besuchen", ich lächel meine Mutter an und hoffe, sie etwas aufmuntern zu können. Zum Glück erwidert sie mein Lächeln. Während wir weiter auf Maurice warten, wischt sie sich trotzdem noch zwischendurch verstohlen eine Träne aus den Augen. Mein Vater konzentriert sich wieder auf seinen Laptop und ich streichel Gonzo. Wer weiß, wann ich das wieder tun könnte. Man, ich werde meine Familie schon vermissen, aber andererseits freue ich mich auch darauf, zusammen mit Maurice mehr oder weniger auf eigenen Beinen zu stehen. Als es klingelt, zucken wir trotzdem alle vor Schreck zusammen. Sofort schiebe ich Gonzo von mir runter und laufe zur Tür. Wie erwartet steht dort Maurice, den ich zur Begrüßung in eine Umarmung ziehe und dann die Tür hinter ihm schließe. Gemeinsam gehen wir ins Wohnzimmer und er begrüßt meine Eltern und Gonzo, indem er ihm kurz über den Kopf streicht.

„Und? Hast du alle deine Sachen im Auto? Nichts vergessen?", hake ich nach. Stundenlang zu unserer neuen Wohnung zu fahren, nur um zu merken, dass man was vergessen hat und dann stundenlang zurückzufahren, um es zu holen, stelle ich mir nicht wirklich angenehm vor.

„Ja, ich hab alle Bücher, Filme und Spiele eingepackt", er überlegt kurz, dann nickt er. Genau das hab ich auch in meine Kartons gepackt. Wobei Maurice wahrscheinlich doppelt so viele Bücher haben wird. Ich hab mich dann doch eher an Spiele und Filme gehalten.

„Kleidung? Alltägliche Produkte?", mein Vater grinst amüsiert, als er Maurice' Aufzählung hört.

„Ah ja, das auch", er winkt ab und lässt sich auf die Couch sinken. Eigentlich kann er direkt wieder aufstehen. Sonst sitzen wir am Ende stundenlang hier rum, bevor wir fahren können. Ich meine, ich liebe es, nachts Auto zu fahren. Aber uns werden heute noch Möbel zur neuen Wohnung geliefert, da sollten wir schon anwesend sein. Sonst kommen die ja nicht rein und die Nachbarn beschweren sich, dass Möbel vor dem Haus stehen.

„Dann lass uns mal die Kisten ins Auto packen, oder?" Ich verschränke meine Arme und mustere Maurice. Er sieht nicht so aus, als hätte er jetzt Lust, aufzustehen. Letztlich rappelt er sich aber doch auf. Gut.

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