Kapitel 54; Manuel

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Ich wache dadurch auf, dass meine Mutter von unten ruft, dass das Essen fertig ist. Müde richte ich mich in meinem Bett auf und schleppe mich dann mit trägen Schritten nach unten. Mein Bruder sitzt schon dort und sieht genauso müde aus wie ich mich fühle.

„Hast du gut geschlafen?“, fragt meine Mutter während sie die Brötchen auf den Tisch stellt und wieder in der Küche verschwindet, um eine kleine Kaffeekanne mitzubringen.

„Ja, war nur etwas kurz“, grummel ich und schenke mir Kaffee ein, um endlich richtig wach zu werden.

„Es ist 10:30 Uhr und ihr beide seht so aus als hätte ich euch um 5 Uhr geweckt“, amüsiert sieht meine Mutter zwischen Peter und mir hin und her.

„Es fühlt sich auch so an als wäre es 5 Uhr“, brummt Peter und ich grinse, während meine Mutter lacht. Wir beginnen zu frühstücken und als ich gerade mein Brötchen fertig belegt habe, erhebt meine Mutter wieder das Wort.

„Wie ist das Studium denn so? Du meintest es macht dir Spaß, erklär doch mal warum“, lächelnd betrachtet meine Mutter mich.

„Es ist halt einfach genau der Stoff, der mich interessiert. Ich bin mittlerweile theoretisch in der Lage Depressionen zu diagnostizieren. Es gibt so ein Buch namens ICD-10 und da sind alle klinischen Störungen aufgelistet. Es ist einfach so faszinierend und dem Dozenten könnte ich ewig zu hören, außerdem ist es sogar eine Veranstaltung in der Palle auch anwesend ist, sodass wir nebeneinandersitzen können“, rede ich drauflos. Meine Mutter lächelt glücklich und mein Bruder grinst.

„Auch schon andere Freunde gefunden?“, fragt er dann wohlwissend, dass ich nicht unbedingt der sozialste Mensch bin.

„Ja“, eingeschnappt blicke ich zu Peter. „Natürlich hab ich auch andere Freunde.“

„Ach, wirklich? Wie heißen die denn?“, skeptisch zieht er seine Augenbraue in die Höhe und grinst dabei. Arsch. Als ob es wirklich so abwegig ist, dass ich Freunde finde.

„Sandra, Lucy, Johanna, Maurice und Michael“, zähle ich auf. Maurice und Michael als Freunde zu bezeichnen missfällt mir etwas, aber da Palle mit ihnen befreundet ist, bin ich das ja mittlerweile auch irgendwie. Ich hasse Michael jedenfalls nicht mehr und das ist doch schon mal was.

„Und wie viele davon hat Patrick dir vorgestellt?“, hakt mein Bruder nach und ich schnaube.

„Palle hat mir nur Maurice und Michael vorgestellt. Ich bin sehr wohl in der Lage dazu auch selbst Freunde zu finden“, motze ich und beiße trotzig in mein Brötchen. Ich bin in der Lage auch ohne Palle Freunde zu finden. Tatsächlich ist es ja so, dass ich mich mit Sandra viel besser verstehe als mit Maurice und Michael.

„Natürlich kannst du das“, beruhigt meine Mutter mich etwas. „Aber sag mal du hast ja ganz schön viele Mädchen genannt, ist eine davon vielleicht-“

„Mama!“, unterbreche ich sie genervt. „Es sind nur Freunde, okay?“

„Wer’s glaubt“, murmelt Peter und ich werfe ihm einen giftigen Blick zu, was ihn grinsen lässt. „Schau mal wie er zu mir sieht, Mama! Und er verteidigt sich auch so. Er hat bestimmt schon längst eine Beziehung und es ist ihm nur peinlich“, sagt er in dem Wissen, das meine Mutter ihm in dieser Hinsicht zustimmen wird.

„Das muss dir doch nicht peinlich sein, wenn du eine Freundin hast“, lächelnd fährt meine Mutter kurz durch meine Haare woraufhin ich meinen Kopf schüttle. Ich schweige und das scheint meine Mutter zu verunsichern. „Wenn du einen Freund hast, ist das auch völlig in Ordnung für mich. Das weißt du doch, oder? Ich liebe dich und alle meine Kinder egal was kommt. Solange ihr glücklich seid bin ich es auch“, ihre leicht weinerliche Stimme hält mich davon ab ihr genervt zu sagen, dass sie sich irrt. Ich stehe auf, umrunde den Tisch und umarme sie, was Peter mir gleichtut.

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