„Maurice, ich meins ernst. Lass es“, zum wiederholten Male heute schüttel ich genervt den Kopf. Seit Manuel und Patrick eben gegangen sind, darf ich mir die ganze Zeit den selben Mist anhören.
„Ich mein's auch ernst. Wie können zwei Menschen, die sich so ähnlich sind, so einen Hass aufeinander haben?“, fragend legt er den Kopf schief und scheint wirklich darüber nachzudenken.
„Wir sind uns überhaupt nicht ähnlich!“ Ich will nicht mit Manuel verglichen werden. Ich verstehe nicht, wie Maurice auf so 'ne Scheiße kommt.
„So weit liegen Gier und Neid auch nicht auseinander.“ Aha, daher weht der Wind. Die Gegenstände und die dadurch verkörperten Charakterzüge.
„Kannst du mal aufhören, uns nur darauf zu reduzieren? Unsere Charaktere sind komplett unterschiedlich und wir haben nichts gemeinsam“, frustriert seufze ich. Irgendwann reicht's dann auch mal.
„Du weißt, dass ich Recht habe.“
„Ich weiß, dass du Unrecht hast“, korrigiere ich ihn sofort.
„Ihr-“
„Thema beendet“, ich unterbrechen ihn, bevor er weiterreden kann. Ich will's nicht mehr hören.
„Weil du's nicht zugeben willst“, vermutet er und ein fast schon siegessicheres Lächeln schleicht sich auf sein Gesicht.
„Maurice!“
„Ist ja gut, ist ja gut“, beschwichtigend hebt er die Hände, nur um sie kurze Zeit später wieder auf die Couch sinken zu lassen. „Sag mal, musst du nicht gleich zur Uni?“
„Ja, muss ich. Ich hab 'ne Vorlesung“, bestätige ich ihm, nachdem ich einen kurzen Blick auf die Uhr geworfen habe. Um viertel nach Elf startet die eineinhalb stündige Vorlesung. Ich habe also noch etwas weniger als eine Stunde, um zur Uni zu kommen.
„Soll ich dich hinfahren?“, bietet Maurice mir an, und ich ziehe eine Augenbraue hoch.
„Willst du wieder Uni-Wlan anzapfen?“
„Was? Nein, Quatsch. Wir sind Freunde und du hast das Auto bezahlt, da kann ich dich auch zu deiner Vorlesung bringen“, begründet er sein Chauffeur Angebot, allerdings lässt das kleine Schmunzeln diese Aussage nicht wirklich glaubwürdig erscheinen.
„Ah ja“, ich grinse etwas. „Na dann nehme ich das Angebot an.“ Aus welchen Gründen auch immer Maurice mich zur Uni bringen will, Hauptsache, keine öffentlichen Verkehrsmitteln.
„Sollen wir dann los?“
„Ja warte, ich hol nur schnell meinen Laptop.“ Ich rappel mich von der Couch auf und laufe schnell in mein Zimmer. Mein Laptop liegt wie immer auf dem Schreibtisch und als ich danach greife, stoße ich einen der daneben stehenden Bilderrahmen an. Gerade so kann ich verhindern, dass er umfällt. Erleichtert atme ich auf. Alles gut, weder dem Bild, noch dem Rahmen ist etwas passiert. Kurz betrachte ich das Bild, auf dem meine Familie abgebildet ist. Gerne würde ich mir mehr Zeit dafür nehmen, aber die Uni und Maurice warten auf mich. Gott, irgendwie vermisse ich meine Familie jetzt aber schon.
„Kann losgehen“, presse ich hervor, als ich, samt Laptop, wieder im Wohnzimmer ankomme. Maurice erhebt sich von der Couch und zusammen laufen wir in den Flur, um uns fertig zu machen. Während Maurice in die Parkgarage läuft, schließe ich die Tür ab und folge ihm dann schnell. Der Weg zur Uni verläuft eher schweigsam.
Maurice kommt auf dem Parkplatz zum stehen und sofort springe ich aus dem Auto. Ich habe nicht wirklich Zeitdruck, die Vorlesung beginnt erst in knapp fünfzehn Minuten, trotzdem hab ich's etwas eilig. Während ich also schon vorlaufe, höre ich, wie Maurice mir etwas nach ruft.
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Hast du eigentlich auch genug von mir?
FanfictionEin neuer Lebensabschnitt beginnt, wenn man das Abitur hinter sich hat und jetzt nach einer geeigneten Universität sucht. Am liebsten möchte man ja ganz weit weg von zu Hause und endlich eine eigene Wohnung und Freiheit haben. Aber so einfach ist da...