Der nächste Morgen beginnt genauso langweilig, wie der vorherige. Es ist verdammt komisch, alleine zu sein, obwohl man eigentlich nicht alleine ist. Außerhalb meines Zimmers sind Maurice, Gluttony und Zorn. Ich müsste nur den Raum verlassen.
Und trotzdem bleibe ich in meinem Zimmer, weil ich nicht zu ihnen gehöre. Nicht richtig. Ich bin der Außenseiter, der es irgenwie geschafft hat, sich in die Masse zu drängen und jetzt von allen Seiten ignoriert wird. So fühlt es sich zumindest gerade an.
Ich weiß, dass es nicht so ist. Ich weiß, dass ich nicht grundlos hier bin, ich weiß, dass Zorn mich hier haben wollte und ich weiß, dass ich mich bis zum geht nicht mehr bei ihr und Gluttony einschleimen sollte. Und viel Zeit habe ich nicht mehr. Übermorgen will Zorn schon das Ritual durchziehen. Aber sobald ich dieses Zimmer verlasse und Maurice über den Weg laufe, wird er mich wieder mit diesem absolut missbilligenden Blick anschauen und dann schnellstmöglich verschwinden.
Dabei liegt der Fehler nicht einmal bei mir. Er war derjenige, der auf Abstand gegangen ist. Wir hätten einfach ganz normal miteinander reden können. Aber jetzt, wo seine Anwesenheit mich nicht mehr so stark beeinflusst, erscheint ihm das wohl unnötig. Andere für seine Fehler verantwortlich zu machen, ist ja einfacher.
Die Tür zum Gästezimmer knallt auf und erschrocken zucke ich zusammen. Für einen kurzen Moment befürchte ich, dass Zorn vor mir steht und sie irgendwoher weiß, was Manu, Patrick und ich geplant haben. Aber es ist nicht Zorn, die da vor mir steht.
„Glutt sagt, ich soll dich in die Küche holen“, Maurice seufzt genervt und macht dann auf dem Absatz kehrt, bevor ich überhaupt irgendwas sagen kann. Er verlässt das Zimmer und perplex sehe ich ihm nach. Was war das denn für ein Auftritt? Der wird doch wohl nicht so angepisst sein, nur weil er mich holen sollte?
Immer noch verdutzt schreite ich durch die Tür, durch die Maurice eben gestürzt ist, bevor er ein zweites Mal ins Zimmer platzt. Außerdem möchte ich wissen, was Gluttony von mir will.
Obwohl Maurice schon verschwunden ist und ich ihm somit nicht mehr folgen kann, ist es alles andere als schwer, die Küche zu finden. Zum einen war ich selbst eben schon zwischendurch dort, zum anderen ist die Wohnung relativ klein. Verlaufen kann man sich also nicht darin.
Ich betrete die Küche und sehe Maurice und Gluttony sich am kleinen Esstisch gegenüber sitzen. Während er so ausschaut, als hätte man ihm alle schlechten Nachrichten verkündet, die man überhaupt verkünden kann, strahlt sie förmlich. Maurice Blick ist aus dem Fenster gerichtet, Gluttonys Aufmerksamkeit liegt auf dem gedeckten Tisch vor ihr.
„Du wolltest mich sprechen?“, sage ich und klopfe nebenbei leicht an die geöffnete Tür neben mir, um auf mich aufmerksam zu machen. Maurice verharrt in seiner Position, doch Gluttony sieht auf und schenkt mir ein leichtes Lächeln. Dann nickt sie.
„Stimmt, mehr oder weniger. Eigentlich sollte Maurice dich zum frühstücken holen“, erklärt sie mir mit einem schnellen Seitenblick zu Maurice, der immer noch seltsam abwesend ist. „Hallo? Erde an Sloth? Kannst du mich hören? Maurice?“
„Er ist doch jetzt hier, oder nicht? Ich hab ihn hergeholt“, brummt er leise, und jetzt regt er sich auch etwas. Er stützt seinen Kopf auf seiner Hand ab, dann schließt er seine Augen. Ich höre, wie er seufzt.
„Weißt du, wenn du einfach wie Greed im Gästezimmer schlafen würdest, anstatt im Wohnzimmer, so wie es geplant war, dann würde Lia dich auch nicht so früh wecken!“, ein sanfter Vorwurf schwingt in ihrer Stimme mit. Demonstrativ bleiben Maurice' Augen geschlossen und während Gluttony die Augen verdreht, setze ich mich zu den beiden an den Tisch.
„Lia? Damit meinst du doch Olivia, oder?“, versichere ich mich und warte gleichzeitig darauf, dass sie plötzlich hinter mir auftaucht.
„Ja. Sie muss halt früh aufstehen, damit sie rechtzeitig bei der Arbeit ist, und das weiß Maurice auch, aber trotzdem muss er ja unbedingt im Wohnzimmer schlafen“, wieder derselbe Ton in ihrer Stimme, doch die einzige Reaktion, die sie von Maurice bekommt, ist ein leises seufzen. Also ist der Junge einfach nur hundemüde, okay.
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Hast du eigentlich auch genug von mir?
FanficEin neuer Lebensabschnitt beginnt, wenn man das Abitur hinter sich hat und jetzt nach einer geeigneten Universität sucht. Am liebsten möchte man ja ganz weit weg von zu Hause und endlich eine eigene Wohnung und Freiheit haben. Aber so einfach ist da...