Kapitel 5; Michael

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Gemeinsam mit Gonzo laufe ich durch den kleinen Park in meiner Nähe. Hin und wieder stoppt er an einzelnen Stellen, um zu schnüffeln oder sein Revier zu markieren. Sobald wir an der kleinen Rasenfläche ankommen, die wir fast immer ansteuern, löse ich seine Leine und lasse ihn über die Wiese tollen. Wie jedes Mal macht er kleine Sprünge und wedelt mit dem Schwanz, bevor er sich von mir entfernt. Er rast über die Wiese und tobt sich aus. In diesem Hund steckt mehr Energie, als man ihm ansieht.

Als es Zeit wird wieder nach Hause zu gehen rufe ich ihn. Er stoppt in seiner Bewegung und schaut zu mir. Nachdem er sich einmal im Kreis gedreht hat, kommt er mit tappsigen Schritten angelaufen. Ich streiche einmal kurz über sein Fell und leine ihn dann wieder an. Wir laufen unsere Runde zuende und landen schlussendlich wieder bei mir zuhause. Ich öffne das Gartentor und laufe dann die Einfahrt hoch. Beide Garagentore sind verschlossen, sodass ich nicht sehen kann, ob jemand zuhause ist. Als ich gegangen bin, war weder meine Mutter noch mein Vater zuhause. Allerdings haben Gonzo und ich uns heute ganz schön viel Zeit gelassen. Ich schließe die Haustüre auf und lasse Gonzo rein. Sobald ich die Tür hinter mir wieder geschlossen habe, löse ich die Leine und hänge sie dann an den Haken. Sofort stürmt Gonzo ins Wohnzimmer, aus dem Stimmen ertönen. Damit hätte sich die Frage, ob ich alleine bin, wohl erledigt.

Ich ziehe meine Jacke und meine Schuhe aus. Danach gehe ich ebenfalls ins Wohnzimmer. Sobald ich dort ankomme, ziehe ich überrascht die Augenbraue hoch. Meine Mutter sitzt zusammen mit Maurice auf der Couch und die beiden unterhalten sich. Leise klopfe ich gegen die Tür, um auf mich aufmerksam zu machen. Beide unterbrechen ihre Unterhaltung und sehen zu mir. Sie lächeln.

„Micha, mein Schatz. Komm her, setz dich zu uns!“, fordert meine Mutter mich sofort auf. Ihr Lächeln hat nicht nachgelassen. Sie strahlt übers ganze Gesicht. Was hat sie bloß? Sie ist zwar immer positiv, aber das ist sogar für sie ziemlich krass. Ich komme der Aufforderung meiner Mutter nach und setze mich neben Maurice auf das Sofa.

„Na los, sag es ihm schon!“, meine Mutter schaut ungeduldig zwischen Maurice und mir hin und her. Gott, was ist den jetzt plötzlich los? Fragend sehe ich Maurice an.

„Ich wurde von der Uni angenommen. Heute kam die Bestätigungsmail“, berichtet er mir lächelnd. Und jetzt verstehe ich auch, warum die beiden so fröhlich sind.

„Das ist ja großartig!“ Ich freue mich wirklich für ihn. Maurice wurde angenommen. Das ist absolut fantastisch.

„Ja, nicht wahr? Hast du schon eine Rückmeldung von der Uni bekommen?“, möchte meine Mutter aufgeregt wissen, bevor Maurice überhaupt irgendetwas sagen kann. Ich zucke mit der Schulter.

„Ich weiß es nicht, ich habe heute noch nicht meinen Emails gecheckt“, gebe ich zu. Ich hoffe, ich wurde auch angenommen. Ich möchte so unbedingt an diese Universität.

„Na dann schau nach, schau nach!“ Meine Mutter greift nach ihrem Laptop, der vor uns auf dem Tisch liegt und drückt ihn mir in die Hand. Seufzend fahre ich ihn hoch und melde mich sofort bei meinem Email Konto an. Drei neue Nachrichten. Zwei davon sind von Gamelaunchern und informieren mich nur darüber, dass Spiele im Angebot sind. Die dritte kommt von der Universität. Maurice, der ebenfalls auf den Monitor sehen kann, stuppst mich an. Ich öffne die Mail und überfliege sie kurz. Ich wurde angenommen. Ich wurde angenommen! Wir wurden beide angenommen!

„Und? Jetzt sag schon!“ Unruhig rutscht meine Mutter auf ihrem Platz herum und mustert uns neugierig. Sie scheint beinahe schon zu platzen. Maurice und ich tauschen einen kurzen Blick und grinsen dann.

„Ich wurde angenommen“, verkünde ich ihr und sie stößt einen spitzen Schrei aus. Gonzo, der es sich am anderen Ende der Couch bequem gemacht hat, zuckt zusammen und springt vom Sofa. Er läuft zum Sessel und macht es sich dort -nach einem fast schon verurteilend wirkenden Blick- wieder gemütlich.

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