Kapitel 18; Manuel

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„Einen großen Latte Macchiato, bitte -und oh- ich hätte gerne noch ein Stück von diesem Schokokuchen da“, die junge Frau deutet auf einen Kuchen und berührt dabei leicht das Glas, das zur Theke gehört.

„Gerne, darf's sonst noch was sein?“, frage ich in meiner besten kundenfreundlichen Tonlage und schenke ihr ein Lächeln, obwohl mir überhaupt nicht nach lächeln zu mute ist.

„Nein, danke“, erwiderte sie und kramt in ihrer Handtasche, um ein schwarzers Portemonnaie mit silbernen Verzierungen hervorzuholen. „Wie viel macht das?“, fragt sie und kramt schon in ihrem Portemonnaie herum.

„Das macht“, schnell tippe ich ihre Bestellung ein, „4,90“, sage ich und die Frau reicht mir einen Fünfer.

„Stimmt so“, sagt sie und wirft zusätzlich noch einen Euro in die Trinkgelddose. Lächelnd bedanke ich mich bei ihr und bereite ihre Bestellung zu. „Dankeschön“, flötet sie, schnappt sich den to-go-Becher und die Tüte mit dem Kuchen und eilt aus dem Café in Richtung der nächsten Bushaltestelle. Ich schaue mich im Café um und sehe Matthias eine Bestellung aufnehmen. Kurz darauf kommt er zu mir, tippt die Bestellung in den Computer und schon bereite ich alles zu und stelle es auf ein Tablet, das Matthias sofort nimmt und damit zum entsprechenden Tische eilt. Heute habe ich Thekendienst, also kümmere ich mich um die Bestellung und um die Leute, die ihr Essen mitnehmen möchten. Der große Ansturm ist glücklicherweise schon vorbei. Es war echt anstrengend gewesen, freundlich zu klingen und zu lächeln, obwohl mir überhaupt nicht danach ist. Heute morgen habe ich mich irgendwie etwas mit Palle verkracht. Ich habe ihn nur darauf angesprochen warum er Maurice unbedingt in unsere Wohnung schleppen musste und scheinbar hab ich das nicht sehr nett gesagt, denn Palle ist wütend geworden und bevor wir das klären konnten, musste ich arbeiten gehen. Jetzt habe ich seitdem dieses miese Gefühl und ein sehr schlechtes Gewissen. Ich habe Palle noch mal gesagt, dass ich Maurice nicht vertraue und dann hat er mir wieder eine Predigt gehalten und irgendwie ist dann alles eskaliert. Ein Räuspern reißt mich aus meinen Gedanken. Ich blicke auf und erblicke einen älteren Herrn, der mich sofort freundlich anlächelt.

„Entschuldigung, könnte ich bitte einen Cappuccino haben?“, fragt er und ich nicke hastig.

„Ja klar, mittel?“, frage ich und er sieht zu der Tafel mit den Preisen, die hinter mir erhöht an der Wand hängt und überlegt kurz, bevor er zustimmend nickt. „Darf es sonst noch etwas sein?“ Der Mann schüttelt seinen Kopf und ich bereite seinen Kaffee zu. „Das macht dann 2,90“, sage ich und der Mann reicht mir drei Euro und murmelt, dass ich die zehn Cent ruhig behalten könnte. Sobald ich ihm seinen Becher reiche verschwindet er und meine Gedanken kreisen wieder um Palle und unsere kleine Auseinandersetzung. Ich traue Maurice einfach nicht und was macht Palle? Er lädt ihn zu uns ein und verlangt von mir ihm und Michael eine Chance zu geben. Er hat leicht reden, schließlich muss er ja nicht permanent die unerträglich lauten Gedanken von diesem Arschloch ertragen. Aber immerhin kann ich die Gedanken hören und weiß, wen ich vor mir habe, aber bei Maurice ist das was anderes. Wenn ich nur einmal seine Gedanken lesen könnte, wäre ich glaube ich etwas beruhigter und könnte mich vielleicht wirklich mit ihm anfreunden. Mit Michael würde ich mich niemals anfreunden. Für Palle würde ich seine Gegenwart stillschweigend ertragen, aber mehr würde ich nicht tun. Ich schiebe die Gedanken beiseite und bediene die nächsten Kunden, aber das negative Stressgefühl bleibt.

Erleichtert atme ich auf, als meine Schicht beendet ist und ich gehen kann. Matthias drückt mir mein Trinkgeld in die Hand und schon mache ich mich auf den Weg in die Wohnung. Ich schließe die Tür auf und Palle kommt aus der Küche zu mir.

„Wegen heute Morgen es-“, fange ich an, komme aber nicht weit.

„Schon vergessen“, winkt Palle ab. „Wir haben uns beide 'n bisschen dumm verhalten. Ich hätte dir Bescheid sagen sollen, dass ich Maurice mitbringe. Es war nur so spontan, dass ich nicht daran gedacht habe.“

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