Wenn die Finsternis alles verdunkelt hat, werden Kinder des Lichts die Sterne anzünden.
- Unbekannt
Unerbittlich wirft die Sonne ihre grellen, heißen Strahlen auf den trockenen Boden des Savannenlandes. Im Namen Mutter Naturs gebietet sie über Leben und Tod, lässt Samen sprießen und Pflanzen gedeihen, um sie nur Augenblicke später wieder verwelken zu lassen. Sie quält uns und spendet uns doch Trost im Angesicht unserer Qualen. Sie führt uns entlang unseres geschwungenen Pfades hinauf auf die höchsten Gipfel und hinab in die tiefsten Klüfte.
Als nur eines ihrer unzähligen Kinder erscheinen meine Zeit und meine Taten unbedeutend. Sie verblassen förmlich im Angesicht des immerwährenden Glanzes, kaum Wert, jemals Erwähnung zu finden. Sehe ich heute in den saphirblauen Himmel, so erkenne ich verschwommen dieselbe helle Scheibe, die ich erblickte, als ich zum ersten Mal meine Augen öffnete. Vieles hat sich seither verändert. Nur sie nicht. Sie ist ganz die Alte, unveränderlich, unberührbar, was auch immer geschehen mag. Sollte heute der Tag gekommen sein, an dem ich sie zum letzten Mal erblicke, so tue ich es nicht mit Reue. Mit Bedauern vielleicht. Bedauern für das, was ich nicht im Stande war zu verhindern und mit Sorge in Anbetracht dessen, was womöglich noch geschehen mag. Aber niemals mit Reue.
Dies ist meine Geschichte. Eine Geschichte voll Trauer und Schmerz, vom Blut, das den Savannenboden rot färbte und von der unstillbaren Gier und dem Durst nach kalter Rache. Aber es ist auch eine Geschichte von Freundschaft, Liebe, Mitleid und der Hoffnung, dass all unser Streben und all unsere Mühen letztendlich nicht vergeblich sind. Es ist die Geschichte einer Löwin.
Es ist meine Geschichte.
Die Geschichte beginnt mit einem Sturm. Keinem gewöhnlichen, leichten Unwetter, sondern einem tropischen Orkan von gewaltigen Ausmaßen. Wie ein schwarzer Vorhang schob sich die unheilvolle Wolkendecke bis über die Berge von Milima Kubwa. Dort entfesselte sie die Macht und den unbändigen Zorn von Mutter Natur. Tosende Winde peitschten und zerrten an den Kronen der Bäume, Blitze zuckten in bizarren Formen über den hell auflodernden Himmel und markerschütternder Donner brachte die Erde zum Beben. In Ehrfurcht und durchnässt vom unaufhörlichen Regen kauerten die Löwen des Bergrudels dicht beisammen und harrten aus. Der Sturm entwurzelte Bäume und flutete Täler, er verlangte uns unsere ganze Standhaftigkeit ab. Doch er verging ebenso rasch, wie er aufgezogen war.
Als die Wolkendecke sich allmählich zerstreute und der Regen nachließ, wärmten milde Sonnenstrahlen unser Fell. Zögerlich wagten wir uns aus unseren Verstecken hervor, um das Ausmaß der Verwüstung zu betrachten. Mutter Natur war, in all ihrer Zerstörungswut, gnädig zu uns gewesen. Keinem der Rudelmitglieder war etwas zugestoßen. Es schien, als habe sich eine höhere Macht schützend über uns gestellt und uns vor dem wütenden Übel bewahrt. In den folgenden Tagen konnte das Leben wieder seinen gewohnten Lauf nehmen. Es gab nun andere Dinge, die uns Sorgen bereiteten.
Und doch... obwohl die schwarzen Wolken an diesem Tag weitergezogen waren, um ihren Zorn an andere Orte zubringen, war etwas geblieben. Eine kaum spürbare Unruhe. Als ob der Sturm lediglich der Stein des Anstoßes gewesen war, der zu einer Kette von Ereignissen führen und schließlich eine ganze Lawine des Schreckens auslösen würde.
Hätte ich anders gehandelt, wenn ich gewusst hätte, was geschehen würde? Vermutlich. Denn diese Geschichte hat mich eines gelehrt: Nur wer wachen Auges durch das Leben geht, erkennt die Zeichen, die die Welt für uns bereit hält.
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Savanne in der Abendkühle
FantasyDies ist meine Geschichte. Eine Geschichte voll Trauer und Schmerz, vom Blut, das den Savannenboden rot färbte und von der unstillbaren Gier und dem Durst nach kalter Rache. Aber es ist auch eine Geschichte von Freundschaft, Liebe, Mitleid und der H...