Das lautlose Fortbewegen auf dem von unzähligen Zweigen und vertrocknetem Laub übersäten Waldboden war eine Kunst für sich. Es erforderte äußerstes Geschick und Konzentration. Zwar mochte die dicht stehende Vegetation einem Jäger bei der Pirsch ein gutes Maß an Deckung spenden, dafür genügte ein einziger Fehltritt und die Beute war auf und davon.
Immer wieder rief Nia sich Angavus Worte ins Bewusstsein, während sie mit äußerster Behutsamkeit voranschlich, den Atem so flach wie es ihr nur irgend möglich war, die Augen geradewegs auf das junge Impala gerichtet, dessen Flanke zwischen den Blättern voraus auszumachen war. Das Tier war nun nicht mehr weit entfernt und die Art, mit der es genüsslich die gerupften Sträucher zerkaute, ließ vermuten, dass es sich der Gefahr, in der es schwebte, bislang nicht bewusst war.
»Was dir fehlt, ist Geduld«, hatte Angavu ihr weiszumachen versucht. »Nur wenn du geduldig bist, hast du auch Erfolg.«
Nia hatte sich diese Worte sehr zu Herzen genommen. Sie gab zu, dass sie keine gute Jägerin war und Hilfe kam ihr gerade recht. Angavu war erfahren und geübt und sie vertraute darauf, dass seine Hinweise ihr den Weg zum Erfolg ebnen konnten. Daher hatte sie sich in Geduld geübt. Tatsächlich hatte sie sich so viel Zeit gelassen, dass das Impala bereits zweimal den Fleck gewechselt hatte und Nia deshalb gezwungen gewesen war, ihre Annäherung von vorne zu beginnen. Allmählich begann die geduckte Haltung unangenehm zu werden und die Löwin sehnte sich danach, sich ins Laub fallen zu lassen und ihre Gliedmaßen durchzustrecken. Doch solange sie noch Kraft besaß, war sie nicht bereit aufzugeben. Mittlerweile war sie dem Tier so nahe gekommen, dass sie glaubte, es mit zwei oder drei großen Sätzen erreichen zu können. Aber war das nah genug? Wie weit musste sie noch?
Sie hielt den Atem an, als das Impala plötzlich den Kopf hob und sein Kauen unterbrach. Seine großen, löffelförmigen Ohren zuckten und drehten sich Nia entgegen. Es musste etwas gehört haben. Wenn es jetzt die Flucht ergriff, war all die Mühe umsonst gewesen.
Ein Gefühl von Trotz stieg in Nia auf. Sie spürte, dass sie nun handeln musste. Wenn sie es jetzt nicht versuchte, würde sie vielleicht keine Gelegenheit mehr erhalten. Also spannte die Löwin ihre Muskeln an, atmete tief durch und stieß sich ab.
Die Blätter und Zweige der Büsche raschelten und schlugen ihr unsanft ins Gesicht, während sie in gerader Linie voranpreschte. Gerade wollte sie sich für ihren Sprung bereit machen, da bemerkte sie, dass das Impala sich längst nicht mehr an seiner Position befand. Sie sah nur noch die Hinterläufe des Tiers, ehe es im Dickicht verschwand, neben ihm einige weitere Artgenossen, die Nia ebenfalls aufgeschreckt hatte. Niedergeschlagen und enttäuscht nahm die Löwin den Schwung aus ihrem Angriff und blickte den Tieren hinterher, die für sie nun unerreichbar waren. Es war kaum zu glauben, all der Aufwand für nichts und wieder nichts. Wie so oft.
Während sie deprimiert zu Boden blickte, atmete Nia tief durch. Die Tatsache, dass sie so nah an ihr Ziel herangekommen war, ohne bemerkt zu werden, spendete ihr wenig Trost. Immerhin war sie diesmal nicht gestürzt, das zumindest war ein kleiner Erfolg. Sie hörte, wie Angavu hinter ihr aus dem Gestrüpp hervortrat.
»Insgesamt nicht schlecht«, kommentierte er Nias Versuch. »Aber du hast dir den denkbar schlechtesten Zeitpunkt für deinen Angriff ausgesucht. Was habe ich dir über Geduld gesagt?«
Er wartete ab, ob Nia reagieren würde. Als die Reaktion ausblieb, begann er noch einmal zu erklären, was er Nia bereits mehrere Male vorgepredigt hatte: »Wenn du bemerkt wirst, musst du warten und ausharren, bis das Tier sein Interesse an dir verliert. Du darfst nicht in Panik geraten.«
Ohne den Löwen anzusehen, nickte Nia kaum merklich. Es passte ihr nicht so recht, dass er wieder einmal recht hatte, aber sie sagte nichts deshalb.
»Lass dich nicht entmutigen«, fügte Angavu hinzu und kam näher an sie heran, bis ihre Flanken sich berührten. »Das wird schon noch. Alles was du brauchst, ist ein wenig Übung.«
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Savanne in der Abendkühle
FantasyDies ist meine Geschichte. Eine Geschichte voll Trauer und Schmerz, vom Blut, das den Savannenboden rot färbte und von der unstillbaren Gier und dem Durst nach kalter Rache. Aber es ist auch eine Geschichte von Freundschaft, Liebe, Mitleid und der H...