▫Noel▫
"Du musst es dir nicht mitansehen, das weißt du." sagte Mike noch, woraufhin Benny nur nickte. "Ich glaube irgendwie, das es besser ist, wenn ich hier bleibe. Ist so ein Gefühl. Vielleicht verstehe ich das ganze dann mehr oder irgendwie sowas." sagte er in einem nachdenklichen Ton, woraufhin Mike nur nickte und sich dann wieder zu mir wand.
Ich lag entblößt auf seinen Beinen, vor ihm und Benny. Ein kleines Déjà-vu kam in mir auf, als Caleb und Basti hier waren und Mike mich vor ihnen bestrafte. Das war unangenehm und peinlich gewesen, unglaublich schmerzhaft noch dazu. Aber jetzt...es war nur peinlich so entblößt hier zu liegen, klar hatte ich Angst, aber ich wusste, dass ich gleich, wenn ich das hier geschafft hatte, Schach spielen konnte! Alleine das gab mir so viel Hoffnung und Kraft, dass ich wusste, dass ich das hier durchstehen würde.
"Bereit?" fragte Mike sanft, woraufhin ich nickte und den Kopf in Richtung der Couchwand und weg von Benny drehte. Mein verweintes und schmerzverzogenes Gesicht musste er nicht sehen...Es reichte ihm wahrscheinlich mein Weinen und mein Wimmern zu hören...
Würde er sich so fühlen, wie ich es bei Basti tat? So wie ich mich immer fühlte, wenn ich hörte wie er bestraft wurde? Nein...ich glaube es wäre doch etwas anders für ihn...immerhin war ich nicht sein Freund, aber trotzdem versuchte er mich ja irgendwie zu beschützen oder wollte auf mich aufpassen...halt auf seine Art...zumindest hatte Mike das so erklärt...
Die Schlägen waren schmerzhaft aber ich stand es durch. 45 Schläge innerhalb den ersten drei Stunden des Tages waren doch nochmal etwas anderes...Ich musste weinen, wimmern, schreien und mich in Mike Bein festkrallen. Nach zehn Minuten war es schon geschafft und Mike hielt mich fest in seinen Armen, während ich Halt bei ihm suchte, mein Gesicht in seine Brust drückte und mich beruhigte.
Benny sah uns beide immer noch so verwundert aber auch teilweise fasziniert an. Für ihn musste das ganze genauso verwirrend sein, wie ich es irgendwann auch mal empfand. Mittlerweile hatte ich mich damit abgefunden diese zwiegespaltene Beziehung und solche Emotionen und Anhänglichkeit zu ihm zu haben. Doch für jemand außenstehenden wie ihn war es doch noch einmal verwirrender.
Mike streichelte mit dem Daumen über meine Talie und stetzte mich dann auf der Couch ab. "Ich geh das Schachspiel holen." lächelte er mich an, woraufhin ich selbst wieder lächeln, fast schon grinsen, musste und nickte. Und so verschwand er und ich war mit Benny alleine. Er sah mich einfach nur an und ich spielte leicht mit meinen Fingern, ehe ich mir die letzten Tränen weg wischte.
Selbst eine Konversation anfangen durfte ich ja eigentlich nicht, da mir das selbstständige reden ja untersagt war, doch Benny schien das zu wissen und begann so selbst ein Gespräch. "Noel, geht es dir in Ordnung? Oder hast du starke Schmerzen?" fragte er normal, nicht mehr in dieser sanften und ruhigen, fast schon kindlichen Stimme.
Ich schüttelte den Kopf und lächelte ihn an. "Es geht, d-das war es mir wert." hauchte ich leise und freute mich schon richtig auf die Partie. "Seit wann spielst du denn Schach?" fragte er mich weiter, woraufhin ich selbst kurz überlegen musste. "Seit...Seit ich 11 bin, vielleicht auch schon mit 10, also knappe 7-8 Jahre?" überlegte ich laut, woraufhin Benny mich nur fasziniert ansah. "So lange also schon, na dann muss ich ja ernst machen, um gegen dich zu gewinnen."
Ich musste leicht lachen und freute mich über das "Kompliment". Aber ich wusste noch gar nicht, ob ich gewinnen durfte, das musste ich Mike noch fragen, nicht dass es wie bei Bast endete...nochmal Schläge heute wären eindeutig zu viel für mich.
Mike kam mit einem kleinen Koffer in der Hand wieder, welchen er auf dem Wohnzimmertisch abstellte. "Richte das Spielfeld schonmal Noel." sagte er zu mir und ließ sich neben mir nieder. Ich nickte und rutschte von der Couch auf den Boden und öffnete mit aufgeregten, zittrigen Fingern den Koffer. Mike legte seine Hand in meine Haare und kraulte leicht durch diese.
Wieder ein Schachset in den Händen zu haben, die einzelnen Schachfiguren zu sehen und später führen zu dürfen, ich freute mich wie ein kleines Kind darauf. Als ich alles aufgebaut hatte schaute ich unsicher zu Benny. Wollte er weis oder schwarz spielen?
"Such du aus, nehm die Farbe, die du besser kannst, sonst wird es für mich ja vielleicht doch zu einfach." sagte er nur gelassen und sarkastisch zu mir, woraufhin ich nickte und das Brett so drehte, dass die schwarzen Figuren auf meiner Seite waren.
Benny nickte und began auch schon mit seinem ersten Zug. Doch ich musste zuerst noch etwas fragen, etwas wissen. Unsicher drehte ich mich zu Mike und sah diesen fragend an. Er bemerkte dies und forderte mich mit einem "Was ist den los Kleiner?" zum Reden auf.
"Naja, wegen der Sache mit Basti und Caleb, als wir zu dritt ein Spiel gespielt haben..." fing ich an zu erklären, woraufhin es Mike einleuchtete und er nickte. "Ich wollte wissen, ob ich gewinnen darf bzw. naja, es halt versuchen darf." redete ich zuende, woraufhin Mike zu Benny nickte, welcher uns wieder verwundert ansah. Naja, sowad war ja für manche bestimmt auch komisch.
Doch Mike bemerkte Bennys Unverständnis der Situation und fing an zu erklären. "Noel darf als Sklave nicht immer und nicht gegen jeden in Brettspielen gewinnen. Das hat mit der Autorität und dem Respekt zu tun. Wenn wir zum Beispiel irgendwo sind, darf er nicht mit Absicht gegen mich gewinnen, sondern es ist eher so, dass die anderen Master und ich dann um die oberen Plätze spielen und die Sklaven untereinander versuchen der oder die beste zu werden. Jetzt kommt es halt drauf an, ob du willst, dass er in diesem Spiel mit dir sozusagen auf Augenhöhe sein darf."
Benny nickte verstehend und sah dann wieder zu mir. Er seufzte einmal und nickte erneut. "Ich will, dass Noel versucht gegen mich zu gewinnen, einen vorgespielten Sieg will ich nicht." erklärte er und sofort nickte ich, hauchte ein leises aber überraschtes "Danke" und sank meinen Kopf danach wieder ein wenig. Ich durfte wirklich gegen ihn richtig spielen. Wie in einem Turnier...Wie gegen all die anderen Spieler, die ich gespielt hatte...Wie ein...normales Spiel eben...
▫Upload: 22.05.2021▫
▫1050 Wörter▫
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Double Checkmate || Shadowuniversum
Teen FictionEin Auftrag eines völlig Fremden war es, welcher letztendlich sein Leben komplett veränderte. Aus seinem ruhigen Leben in eine neue Welt, die Welt des Sklavenhandels und des Schmerzes. Aus Freunden und Familie wurden Erinnerungen. Aus Fremden wurd...