▫Noel▫
"Geb mir mal bitte noch den grauen Pullover da." sagte mir Mike und sofort reichte ich ihn ihm. Es war der nächste Morgen, wir waren schon duschen gewesen und och sollte Mike jetzt beim Packen helfen. Danach würde ich noch Frühstück machen und wir würden vielleicht noch ein wenig Kuscheln können, je nachdem wann Benny ankam.
Sobald er da war würden wir noch gemeinsam Kuchen essen und einen kurzen Spaziergang machen und dann würde Mike schon gehen. Irgendwie...war ich eifersüchtig...auf ihn, er durfte seine Familie sehen und ich nicht...und zudem ließ er mich hier einfach zurück.
Das Gästezimmer hatte ich gestern noch gerichtet, wieder völlig normal, was mich doch irgendwie beruhigt hatte. Natürlich freute ich mich auf die Zeit mit Benny, das Schach spielen und all sowas. Aber genauso gerne würde ich bei Mike bleiben oder gar selbst zu meiner Familie fahren...aber das war mir nicht erlaubt...Ich war eben ein Sklave...
Sein kleiner Koffer war dann irgendwann auch gepackt und er stand auf. "Komm, dann geh du Frühstück machen und ich richte mir ein paar Sandwiches für die Fahrt." erklärte er und ich nickte, ehe ich auch aufstand und ihm folgte. "Wie lange wirst du denn fahren müssen?" fragte ich neugierig und machte mich in der Küche direkt ans Frühstück machen.
"Mindestens vier Stunden, mit Stau, Pausen und sonst was wahrscheinlich fünf, aber das geht." erklärte er und stellte zwei Trinkflaschen auf die Theke, welche ich direkt mit Wasser befüllte.
Schnell war das Frühstück gemacht und wir aßen gemeinsam. "Wie...ist denn deine Familie?" fragte ich etwas unsicher. Ich wollte so gerne mehr wissen und nicht in Unwissenheit hier zurück bleiben. Irgendwie...fühlte ich mich abgestellt...oder hatte die Angst davor.
"Sie ist nett aber mehr geht dich das auch gar nicht an." schnitt er das Thema ab. Zumindest wollte er das, doch ich fand das so gemein und so unfair, dass er das alles wieder bestimmen konnte. Nicht mal etwas wissen durfte ich!
"Warum erzählst du mir so wenig? Ich will doch nur ein wenig was wissen! Ich bin doch sowieso hier und darf nicht mal mit gehen..." fing ich an mich zu beschweren und sah ihn wütend an. Es war so unfair. Ich...Ich wollte doch einfach nur nicht wie ein Gegenstand, wie ein kleines Kind was einen Babysitter braucht. Und das obwohl ich nun schon 17 war...
Mikes Blick wurde ernster und er legte sein Besteckt weg. "Noel, du bist immer noch mein Sklave, zügel deine Zunge und achte auf deine Wortwahl. Ich bestimme was und wie viel ich dir erzähle." sagte er ernst aber klang dabei noch nicht wütend. Ich grummelte etwas und aß stumm weiter.
Jaja, du bist der Boss...du hast das sagen...Und mich einfach zurück lassen, ganz alleine...ohne ihn...
Ich weiß, ich verhielt mich wie ein kleines trotziges Kind, was ja eigentlich genau das war, was ich nicht sein wollte, aber ich wusste einfach nicht, wie ich sonst mit den Gefühlen umgehen sollte...Es...Es war verwirrend und tat weh...
So räumte ich dann still einfach das ganze Geschirr wieder auf und ging dann nach oben um mich anzuziehen. Mike wäre sowieso bald weg, also konnte ich ruhig anziehen, was ich wollte und nicht was er mir vorschrieb!
Fertig angezogen kam ich dann mit einem Buch nach unten und setzte mich im Wohnzimmer vor den Kamin, welcher sogar schon an war. Es war richtig schön warm und kuschelig hier vor zu lesen. War mir doch jetzt egal, ob er sein Essen und Trinken für die Fahrt selbst richten musste. Ich war ja sowieso nicht dabei und er hatte es mir nicht befohlen, also sollte er auch nicht sauer auf mich sein.
Es tat gut wieder ein wenig zu lesen, ich entkam der Welt für einige Zeit. Einzig und allein die Welt im Buch, die Welt die irgendein Autor, irgendein Mensch da draußen erschaffen hatte, existierten. Die Menschen in dem Buch waren glücklich, verbrachten Zeit miteinander, lachten und gingen durch gute und schlechte Zeiten. Miteinander, halfen einander, waren...nicht alleine...
Irgendwann kam Mike dann auch ins Wohnzimmer, er hatte sich ebenfalls umgezogen und sofort war ich aus meiner Blase, in welcher ich mich gerade die ganze Zeit befand, herausgerissen. Ich konnte nicht so einfach meine Gedanken ablenken, wenn der Grund für meine komischen Emotionen und meine Eifersucht mit im Zimmer stand.
Er räusperte sich einmal und lies sich auf seinem Sessel nieder. Widerwillig lag ich mein Buch weg, mit welchem ich die ganze Zeit noch so getan hatte, als würde ich lesen. Nun lag meine Aufmerksamkeit auf ihm und er sah mich mit einem durchdringenden Blick an.
"Sag mir was los ist." befiehl er mir und ich verschränkte sofort die Arme. Natürlich gab er mir dafür jetzt einen Befehl, natürlich wollte er wieder auf mir rum hacken...aber andererseits...er wollte nur wissen, was los ist.
Ich senkte meinen Blick und schaute auf meine Füße. Besser sagte ich es ihm einfach, als weiter die beleidigte Leberwurst zu spielen und am Ende deshalb noch bestraft zu werden, bevor er geht. "Ich...Du gehst einfach weg! Und lässt mich wieder babysitten! Warum kann ich nicht mit? Warum darfst du deine Familie besuchen und ich darf meine nie wieder in meinem Leben sehen?! Das ist unfair! Du stellst mich ab, wie einen Gegenstand! Wie ein Haustier! U-Und ich...ich muss immer auf dich hören! Immer! Und mach es auch immer! Und nicht mal dafür, nicht mal dafür, dass ich mich die ganze Zeit benehme und d-dein braver Sklave bin, bekomme ich eine Belohnung!" Anfangs war ich noch ruhig und zurückhaltend, doch bald hatte ich angefangen zu weinen und schrie ihn an. Es...Es war einfach so aus mir heraus gekommen...und es fühlte sich gut an meine Emotionen einfach mal herauszuschreien, meine Gedanken auszusprechen.
Sein Blick wurde finster und er atmete einmal tief ein und wieder aus. "Und deine Weihnachtsgeschenke? Deine gute Behandung von mir? Ich schenke dir Aufmerksamkeit und alles was du brauchst! Und du hast es selbst gesagt, du bist ein Sklave, mein Sklave! Merk dir das endlich! Und versteh was das bedeutet!" grummelte er und klang nicht mehr so gut gelaunt, fast schon wütend.
Ich schluckte aber ging jetzt nicht mehr zurück, wenn wir endlich mal darüber redeten, wollte ich auch meine Meinung dazu sagen und dass er mich versteht. "Das weiß ich verdammt nochmal doch! Darum geht es doch gar nicht! Ich bin a-auch dankbar für alle Geschenke!" nun begon ich schon wieder zu weinen. "Ich...Ich will doch einfach auch nur meine Familie sehen! Oder mit zu deiner...Wahrscheinlich schämst du dich für mich...willst gar nicht, dass sie mich kennen lernen. Ich..."
"Was nimmst du dir heraus?! Du weißt ganz genau, warum du deine Eltern und deine Schwestern nie wieder sehen darfst! Und meine Familie wirst du nicht kennen lernen, weil du das gar nicht brauchst! Ich bestimmte das! Ich schäme mich nicht für dich, aber alleine wegen deiner Vermisstenmeldung geht das nicht!" schrie er mich nun zurück an. "Und was denkst du eigentlich so respektlos zu mir zu sein! Ich habe dir vorhin noch gesagt, dass du auf deine Wortwahl achten sollst! Und jetzt kommt sowas!" schrie er weiter. Er...Er war sauer...Ich...Ich war zu weit gegangen...dabei wollte ich doch nur, dass er mich versteht....Aber...Aber jetzt war er sauer! Ich...Ich hatte wieder alles versaut!
▫Upload: 19.06.2021▫
▫1233 Wörter▫
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Double Checkmate || Shadowuniversum
JugendliteraturEin Auftrag eines völlig Fremden war es, welcher letztendlich sein Leben komplett veränderte. Aus seinem ruhigen Leben in eine neue Welt, die Welt des Sklavenhandels und des Schmerzes. Aus Freunden und Familie wurden Erinnerungen. Aus Fremden wurd...