▫Noel▫
Paralysiert blickte ich auf meinen rechten Arm. An meinem Handgelenk und meinem Unterarm klaffte eine große Wunde, ein Riss. Tief und nass, dunkles, dickes Blut quoll hervor. Alleine die Luft, welche daran vorbei zog schmerzte und brannte unglaublich.
Was...Wie...Warum? Wie hatte ich das geschafft? Warum tat das so weh? Warum floß da so viel Blut heraus? Warum hörte es nicht auf? Wie konnte ich denn so blöd auf die Theke greifen? Warum lag das Messer dort so? Warum muss ich mich immer verletzten? Warum tat das so weh? Bitte! Es soll aufhören!
Meine Atmung wurde hektischer und Tränen begonnen aus meinen Augen zu quellen. Warum...Warum stoppte das Blut nicht? Ich...Ich...Würde ich verbluten? Der Schnitt war so tief...und so lang...selbst mein Daumen war aufgeschnitten und ich traute mich gar nicht ihn zu bewegen...Was wenn ich ihn nie wieder bewegen konnte?
Mike sah mich erschrocken dann. Für mich fühlte es sich wie Stunden an, bis er etwas sagte oder machte. Ich war so versteift, dass ich keinen einzigen Muskel regte. Doch Mike hob mich direkt hoch und trug mich ins Bad. Auf der geschlossenen Toilette setzte er mich ab und kniete sich vor mich.
Mittlerweile war ich einfach nur noch ein weinendes und verzweifeltes Häufchen Elend. Es brannte und schmerzte so...das Blut war meine gesamte Hand hinunter gelaufen...hatte überall auf dem Weg und in der Küche den Boden verschmiert...meine Hose hatte ich genauso befleckt...
Warum stoppte die Blutung nicht? Mein Blick klebte auf meinem Arm, auf der Wunde. Ich konnte ihn nicht abwenden und sah so den Tropfen dabei zu, wie sie schnell und dick aus der Wunde heraus quollen und sich ihren Weg auf den Boden suchten...dabei steigerte ich mich immer weiter in meine Panik hinein...
Erst als Mike mein Gesicht zu sich zog und mir ernst aber irgendwie noch sanft in die Augen sah klebten meine Augen nicht mehr auf dem Blut und allem...
"Atme tief ein und aus. Kein Grund zur Panik, okay? Es ist ein Schnitt aber mehr nicht. Ich bin hier und verarzte dich. Ein und aus atmen, ganz tief und ganz lange." flüsterte er und wischte mir dabei ein paar Tränen aus dem Gesicht. Kein Grund zur Panik? Was...Was wenn ich hier an starb? Verblutete? Und selbst wenn nicht würde wieder eine weitere hässliche Narbe zurück bleiben...
"E-Es tut so w-weh!" wimmerte ich und krallte mich mit meiner linken Hand in sein Oberteil. Bitte...ich brauchte ihn jetzt...er sollte nicht gehen...hier bleiben! Bitte..."Bitte m-mach das es a-aufhört!" wimmerte ich und kniff die Augen zusammen, da ich durch die Tränen Garnichts mehr sah...
Er nickte und fuhr weiter über meine Augen. "Es wird aufhören, versprochen! Sobald es verarztet ist wird es aufhören zu schmerzen." erklärte er weiter ruhig und nahm nun Klopapier zur Hilfe, um meine Augen trocken zu wischen.
"Ein- und ausatmen, komm, wir machen es gemeinsam." fing er nun an und atmete dann ganz langsam und ganz tief ein. Sein Blick sah mich dabei die ganze Zeit sanft und liebevoll an. Meine Lippen zitterten, als ich sie öffnete um zu atmen. Ganz hektisch ging die Luft nun durch meinen Mund in meine Lunge und wieder hinaus. "Gut, Gut. Und jetzt ganz langsam langsamer werden." lobte mich Mike und ließ seinen Blick keine Sekunde abweichen. Er hatte mich gelobt...obwohl ich eigentlich gerade nichts schaffte und seinen Anweisungen kaum folgen konnte hatte er mich gelobt!
Mike nahm meinen Atmenrythmus an und wurde immer langsamer. Irgendwie versuchte ich mich ihm anzupassen, meine Atmung zu verlangsamen. Und irgendwie klappte es. Nach einigen Minuten und ein paar gescheiterten Versuchen saß ich nun vor ihm und machte tiefe, lange Atemzüge. Ich hatte mich tatsächlich dadurch beruhigt...
"Besser?" fragte Mike dann, als nur noch ganz selten Tränen aus meinen Augen quollen. Ich nickte nur und schniefte einmal. Er sah mich mit so einem...traurigen Lächeln an. Was...Was war denn los? Ich...Ich hatte doch nichts falsch gemacht...Mein Arm musste doch immer noch verarztet werden...
"Das wird jetzt alles noch mal weh tun, aber ich mache das nicht mit Absicht, okay? Ich muss es aus- und abwaschen und einen festen Verband drum machen." sagte Mike und strich mir dabei die Haare von der Stirn. Ach so...Also...Also wieder noch mehr schmerzen...Und das obwohl ich heute doch sogar so brav war...
Doch ich nickte nur zögerlich. Er hatte gesagt es war keine Absicht...Er...Er wollte mir nur helfen...und...und er hatte ja auch Recht...es musste ein Verband da rum...oder irgendwas einfach...sonst würde das Blut nie stoppen! Meine Hand sah mittlerweile so aus, als hätte ich jemanden umgebracht...überall floß Blut, war getrocknet oder sonst was...
Dann stand er auf uns löste vorsichtig meine Hand aus seinem Oberteil. Wo...Wo geht er hin? Er...Er soll hier bleiben! Bei mir! Nicht gehen! Sofort verschnellerte sich meine Atmung wieder und ich krallte mich doppelt so fest, wie zuvor, an ihn. "Ich hol nur Wasser und einen Waschlappen und einen Verband." sagte er sanft und gab mir einen Kuss auf die Stirn, ehe er meine Hand wieder löste und in einem der Badschränke suchte.
Ach so...Alleine wartete ich bis er sich mit einem kleinen Eimer, welcher mit Wasser gefüllt war, und einem Waschlappen vor mir nieder lies. Dann began er zuerst meine Hand ab zu waschen und das Blut dort weg zu bekommen. Dann arbeitete er sich immer weiter hoch, bis er irgendwann an der Wunde ankam. Jeder Tupfer schmerzte und brannte, schnell flossen wieder die Tränen, doch ich versuchte weiterhin ruhig zu bleiben.
Als alles sauber war nahm er sich den Verband und begon diesem um mein Handgelenk zu wickeln. Es schmerzte und zog und brannte und rieb und drückte neues Blut aus der Wunde. Ich wimmerte und weinte und biss meine Zähne fest aufeinander. Irgendwann war es dann geschafft und ich ließ mich in Mikes Arme fallen. Mein ganzes Handgelenk pochte und ich fühlte mich unglaublich erschöpft...Bitte...Ich wollte einfach nur noch schlafen...oder kuscheln...
"Schlafen..." murmelte ich und drückte mich an ihn. Er schmunzelte und nickte. "Lass uns ganz schnell noch etwas essen. Dein Körper braucht Nährstoffe zur Heilung." sagte er, während er mich hoch hob und nach unten trug. Ich nickte einfach nur und genoß seine Wärme und Nähe, so schön kuschelig und so weich...so warm und so angenehm...
In der Küche fütterte er mir einen halben Teller und brachte mich dann ins Bett. Er zog mich ganz vorsichtig meine Schlafklamotten an und legte sich dann neben mich. "Jetzt schlaf, ich bleibe hier bis du eingeschlafen bist." flüsterte er, während er die Decke über mich zog. Er hatte noch nichts gegessen...seine Hände waren noch mit Blut beschmiert und seine Haare waren fettig...er hatte sich nur um mich gekümmert...
Zu mehr als einem Nicken war ich nicht mehr im Stande und wenige Sekunden später schlief ich auch schon...
Doch...ich schlief nicht traumlos...irgendwann...kamen Farben...Formen...alles setzte sich langsam zusammen...zu Bildern...zu einer Welt...Ich...Ich träumte? War...War ich jetzt Tod?
▫Upload: 12.07.2021▫
▫1190 Wörter▫
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Double Checkmate || Shadowuniversum
Teen FictionEin Auftrag eines völlig Fremden war es, welcher letztendlich sein Leben komplett veränderte. Aus seinem ruhigen Leben in eine neue Welt, die Welt des Sklavenhandels und des Schmerzes. Aus Freunden und Familie wurden Erinnerungen. Aus Fremden wurd...