▫Noel▫
"Ich bin heute wieder weis." erklärte er und drehte das nun fertig aufgebaute Schachbrett mir den schwarzen Spielfiguren zu mir. Ich nickte und saß mich aufrechter hin, um besser auf das Brett blicken zu können.
Er begon seinen Zug ganz am Rand...komisch...sowas hatte ich ja an sich noch nie gesehen, oder eher selten. Damit kann man ja nichts anfangen. Man räumt die Bauern in der Mitte frei um an die Läufer zu kommen, die Springer setzten auch manche schon im ersten Zug vor. Die Türme bleiben eigentlich die ersten 10 Züge komplett außen vor, es bräuchte zu viel Aufwand sie früher ins Spiel zu bringen und doch schien dies sein Ziel zu sein.
Da ich nicht wusste, worauf er spielen wollte wählte ich eine passive Taktik, zurückgezogen, verteidigend. Ein paar Züge war es still, wir beide waren zwar noch nicht hochkonzentriert, aber fokussierten uns doch auf das Spiel. "Woher kennst du das Schach spielen? Und wir lange spielst du das schon? Du bist so jung und doch schon so gut!" fing Benny nun eine Unterhaltung an und sah mich dabei interessiert an.
Ich musste leicht lächeln, ich wusste dass ich gut im Schach war, aber in letzter Zeit hatte ich keinen Kommentar oder keine Anerkennung dafür bekommen. Und solche netten Wort erfreuen mich dann doch auch sehr. Vor allem...weil ich das Gefühl hatte, dass Benny nett war und ich vor ihm keine Angst haben musste.
Bei Mike musste ich auch keine Angst haben, er übertrieb es nie und kümmerte sich anschließend viel um mich. Und beim Sex gab es sowieso kein Problem mehr, seitdem er mir das erste Mal Viagra gegeben hatte, wollte ich es sogar von mir aus. Mike vertraute ich, er...er war mir wichtig geworden und ich brauchte ihn, seine Nähe, seine Wärme, ihn in meiner Nähe, seine Aufmerksamkeit und noch viel mehr. Die vielen Tage, an welchen ich nur mit ihm alleine war und er Zeit für mich hatte waren immer wunderschön. Ich war sein Sklave und solange ich mich brav an die Regeln hielt hatte ich hier ein angenehmes Leben.
Benny war da anders. Vor ihm musste ich keine Angst haben, weil in den Regeln stand, dass er mich nie schlagen oder verletzten würde. Und...auch wenn es dumm klang...es wirkte so, als ob er das wirklich ernst meinte. Und es fühlte sich einfach angenehm an zu wissen, dass er mich nicht schlagen oder bestrafen würde. Wenn dann würde Mike das machen und auch wenn ich mich da manchmal wehre oder viel weine...es...es war okay...ich vertraute ihm da in der Hinsicht. Ich war ein Sklave und musste eben lernen wie ich mich zu verhalten hatte.
"Ich..." fing ich leise an zu reden und brach ab, als er seinen nächsten Zug machte. Okay...was auch immer er da spielte, es verwirrte mich. Seine Türme waren nun frei und jetzt hatte er...seinen Läufer um nur 1 Feld bewegt? Einfach weiter passiv spielen, bis ich seine Taktik, seine Absichten herausfand. "Ich hab mit sechs oder sieben angefangen." erzählte ich leise und stütze meinen Kopf auf dem Ellenbogen ab, welcher auf dem Tisch stand, um ihn nicht mehr halten zu müssen.
"Oh wow...das ist lange. Kein Wunder, dass du so gut spielst!" schmunzelte er und machte einen weiteren Zug. "Und wer hat es dir beigebracht?" fragte er weiter. "Mein Vater...von ihm kenne ich das auch...Er hat es ab und zu mit einem Freund gespielt, wenn wir alle gemeinsam gegrillt hatten. Ich war ganz neugierig damals und wollte dann wissen wie das funktioniert. Da Mariella und Laura noch nicht geboren waren oder auf dem Weg waren, hatte er ganz viel Zeit für mich. Jeden Mittag oder Abend wollte ich, dass er mit mir spielt. Dafür musste ich dann immer meinen Teller leer essen und selbst in die Spülmaschine räumen...und dann haben wir uns gemeinsam auf die Terrasse oder in den Garten gesetzt und gespielt...stundenlang...bis ich zu frustriert war, weil ich nur verlor und immer nur gewann, wenn er alle Weichen dafür gestellt hatte..."
Ich...Ich weinte...Es...Es waren schöne Erinnerungen...und ich vermisste sie...Die Tage würden nie wieder zurück kommen...nie wieder wäre ich so jung und würde mich mit Papa ins Gras legen. Nie...wieder...Ich...Mein Herz wurde ganz warm und füllte dich mit schönen Gefühlen, wenn ich darüber sprach oder den Moment Revue passieren lies...aber gleichzeitig tat es auch weh...ich...ich würde die vier nie wieder sehen...
Benny kniete auf einmal neben mir und hielt mir eine Taschentuchpackung hin. Mit einem Schluchzen und einem "Danke" nahm ich sie. Kurz darauf konnte ich etwas schweres auf mir spüren. Er...Er hatte den Teppich über mich gelegt, welcher eigentlich immer auf der Couch lag. Ganz sanft hatte er ihn um meine Schultern gelegt und mir sogar ein Kissen hinlegt, an welchem ich mich nun besser anlehnen konnte.
Benny saß nun neben mir und sah mich traurig an. "Es tut mir Leid Noel...Ich hätte sowas nicht fragen sollen." entschuldigte...er sich...Er...Er entschuldigte sich? Ich...aber...Okay? Es...Es war schön...dass es ihm nicht egal war.
"E-Es geht schon." hauchte ich leise und rieb nochmal über meine Wangen, welche nun endlich trocken waren. "Es sind schöne Erinnerungen, aber halt nur Erinnerungen...sie werden nicht zurück kommen...o-ob ich nun bei ihnen bin oder nicht..." dabei zog ich meine Beine an und legte die Arme darum. Eigentlich wäre die Decke dadurch herunter gerutscht, aber Benny hatte so schnell reagiert und sie nochmal neu um mich gelegt.
Nun lächelte er mich sanft an und griff dann nach keinem Glas, in welchem noch ein wenig Wasser war. "Trink was und dann spielen wir weiter, okay?" dabei reichte er mir das Glas und nachdem ich es angenommen und genickt hatte stand er auf und setzte sich mir wieder gegenüber.
Wir redeten viel, und das obwohl wir am Schach spielen waren und eigentlich konzentriert sein mussten bzw. sollten. Er erzählte mir, wie er Schach kennen gelernt hatte. Er war Jugendlich, vielleicht sogar so alt wie ich. Natürlich kannte er das Spiel schon aber dachte immer, dass es richtig langweilig war. Doch dann hatte er irgendwann einen Film darüber gesehen mit einer Darstellerin, welche er sehr schön und attraktiv etc. fand. So hatte er den Film öfter geschaut und irgendwann dann gemerkt, dass Schach vielleicht doch interessant war.
Ansonsten haben wir uns noch über verschiedene Strategien und bekannte Spiele oder Spieler unterhalten.
Das erste Spiel hatte ich in weniger als 5 weiteren Zügen gewonnen. Seine Taktik war der reinste Müll und ich wechselte von passiv zu aggressiv und brauchte nur drei Züge ehe er aufgab. Irgendwann wurde ich dann müde, das viele nachdenken und auch das bisschen weinen sowieso die beinahe Panikattacke hatten mir Kraft geraubt.
Benny hatte dann darauf bestanden, dass ich mich auf der Couch ein wenig aus ruhte bis Mike zurück kam. Er hatte sogar die Rolladen für mich ein wenig runter gemacht und ehe ich mich versehen hatte war ich schon am Schlummern.
▫Upload: 16.06.2021▫
▫1175 Wörter▫
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Double Checkmate || Shadowuniversum
Fiksi RemajaEin Auftrag eines völlig Fremden war es, welcher letztendlich sein Leben komplett veränderte. Aus seinem ruhigen Leben in eine neue Welt, die Welt des Sklavenhandels und des Schmerzes. Aus Freunden und Familie wurden Erinnerungen. Aus Fremden wurd...