▫Noel▫
An dem Abend war ich noch sehr anhänglich und weinerlich, wie ein kleines Kind, welches seinen Mittagschlaf nicht gehalten hatte und eben quengelich war. Doch Benny half mir dadurch. Er hörte meinem philosophischem, müde Gerede zu und hielt mich fest im Arm, bis ich einschlief.
Ich wusste nicht, ob ich durch ihn versuchte Mike zu ersetzten oder nicht. Aber wirklich Gedanken darüber machen wollte und konnte ich mir auch gar nicht, erst jetzt im Nachhinein kam mir dieser Gedanke in den Sinn. Hatte ich ihn als Ersatz für Mike genutzt? Sah ich ihn in dem Moment einfach nur als Ersatz an oder vertraute ich ihm soweit und fühlte mich so sicher, dass ich mich durch seine Nähe beruhigen konnte?
Ich wusste es nicht, wobei ich bei Benny ein ganz anderes Gefühl als bei Mike hatte. Bei Mike fühlte ich mich wohl und gut geleitet, bei Benny hingegen fühlte ich mich eher sicher und irgendwie auch wert geschätzt. Beides war schön und deshalb war es auch gut so.
Warum Benny aber im Gästezimmer schlafen wollte verstand ich nicht ganz. Ich schlief eben immer im Bett oder musste früher einige Male auf dem Boden schlafen, aber es war okay. Im Gästebett zu liegen hatte sich anfangs komisch an gefühlt, eben weil ich wusste was Caleb hier schon alles mit Basti getan hatte...und eben auch, weil es Bennys Bett und somit sozusagen zurzeit auch sein Zimmer, seine Privatsphäre war. Aber daran hatte ich mich schnell gewöhnt, also war es auch okay.
Am nächsten Tag machten wir nichts besonderes. Er ließ mich viel selbst machen, nahm mir keine Aufgaben ab, sondern gab mir sogar ein paar. Das war gut, denn das lenkte mich ab und beschäftigte mich, bis Mike endlich nachhause kam. Ich vermisste ihn und hatte doch ein wenig Angst vor seiner Reaktion auf mich. Ich war brav gewesen bei Benny bzw. halt die letzten Tage, trotzdem war die Verabschiedung von uns beiden nicht so schön gewesen.
Auf fünf Uhr abends sollte ich dann Essen kochen, da Mike da vorraussichtlich ankommen sollte. So beschloss ich eines der Gerichte zu machen, welche er am liebsten aß. Und dann war es so weit, der Tisch war gedeckt, das Essen fertig auf dem Herd und wurde nur noch warm gehalten und sein Auto fuhr vor sem Haus vor.
Ohne groß nachzudenken schlüpfte ich in ein paar von Mikes Schuhen, welche mir einige Größen zu groß waren, und ging, nachdem ich mich zu Benny umgedreht hatte, welcher mir als Erlaubnis zugenickt hatte, direkt raus. Der Wind war kalt und es fielen einzelne Schneeflocken.
Mike stieg aus und lächelte mich an, seine Arme breitete er weit aus. Das war mein Zeichen. So rannte ich fast schon zu ihm und schmiss mich in seine Arme. Er war so warm, er roch so nach sich, er war wieder da! Er würde wieder mit mir kuscheln, mein Essen essen, mit mir Filme und Serien schauen, mir Aufmerksamkeit schenken und alles andere.
Am liebsten hätte ich ihn gar nicht mehr los gelassen, doch er schob mich irgendwann sanft von sich. Schmollend und schüchtern sah ich zu ihm hoch. War er also wirklich gar nicht mehr sauer? Also wirklich kein Stück mehr? Doch er nahm nur mein Kinn vorsichtig hoch und küsste mich. Ich genoß den Kuss in vollen Zügen und zeigte mehr Unterwürfigkeit und Zuneigung als je zuvor. Mike war zurück...endlich...
Als wir uns lösten lächelte ich ihn mit roten Wangen an, er lächelte zurück. "Geh rein, bevor du dich erkältest. Ich trag die Taschen schon." sagte er und machte sich somit schon am Kofferraum zu schaffen. Ich nickte und tappste schnell herein, Benny stand in der Haustür und hatte uns beide anscheinend die ganze Zeit beobachtet.
Er lächelte mich nur an und legte mir eine dünne Decke um. Ja, ich war wirklich am zittern und die wenigen Minuten draußen waren doch kälter als gedacht gewesen. Die Schuhe zog ich wieder aus und stellte sie wieder zurück ins Regal. "Na komm, deck den Tisch fertig. Mike kann seine Sachen ja auch später aufräumen." sagte Benny zu mir und ich nickte wieder. Ja, da hatte er Recht, jetzt wollte ich Aufmerksamkeit und Nähe von Mike!
So aßen wir dann miteinander und redeten ganz viel. Benny und ich erzählten was wir so gemacht haben, wobei er ein paar Dinge ausließ, wie die Kindheitsgeschichten. Die sollte ich wohl besser auch für mich behalten. Mike erzählte ein wenig von seiner Familie aber mehr von der Autofahrt.
Danach ging Benny auch schon und ich musste sagen, dass ich doch auch leicht traurig war. Jetzt konnte ich gar nicht mehr mit ihm Schach spielen und niemand mehr war dann zufrieden, wenn ich glücklich war. Doch er würde bald wieder kommen, bestimmt. Einmal wöchentlich oder vielleicht sogar zu Silvester.
Mike hatte dann noch alles ausgepackt und mir gesagt, dass ich Morgen Wäsche waschen und noch andere Dinge tun musste, aber er jetzt mit mir Zeit verbringen wollte und so kuschelten wir jetzt im Bett, schon in Schlafklamotten und frisch geduscht.
Er streichelte sanft durch meine Haare und ich genoß seine Nähe und Wärme. "Wie findest du es, wenn Benny auf dich aufpasst?" fragte er dann und ich sah ihn leicht verwirrt an. "Gut, er ist sehr nett! Also ich mag ihn." sagte ich und musste mich beherrschen ihn nicht mit Caleb zu vergleichen.
Mike nickte und lächelte noch mehr. "Das freut mich, Benny ist auch ein besserer Aufpasser, finde ich. Er ist ruhiger und ihr kommt besser zusammen aus, als Caleb mit dir." fing er dann jedoch den Vergleich an und ich zuckte mit den Schultern. "Ich wollte die beiden nicht vergleichen, immerhin muss ich ja vor beiden gleich viel Respekt haben." erklärte ich.
"Ich bin so stolz auf dich Kleiner, du bist so gut erzogen und so perfekt." sagte er dann und klang dabei so ehrlich und glücklich. Ich genoß das Lob einfach und freute mich über die netten Worte, so etwas sagte er selten, aber wenn dann meinte er es meistens wirklich richtig ernst.
"Mike, ich wollte dich noch was fragen." fing ich dann nach einer kurzen Stille ein neues Thema an. Er nickte und so sprach ich weiter. "Benny meinte er will mein Freund sein, ich wäre das auch sehr gerne, also sein Freund, sein Schachpartner und so, aber dafür muss ich ja immer zuerst dich fragen!"
Er schmunzelte und nickte. "Ja, Benny darf ruhig dein Freund sein, er ist ja auch mein Freund." erklärte er. Ich durfte also der Freund von Benny sein? Wir waren jetzt also fast schon Freunde! Zwar würde er nie Bastis Platz als besten Freund einnehmen, aber alleine schon einen weiteren Freund zu haben war schön! Es war etwas anderes als einen Master zu haben oder einen anderen Master, wie Caleb, als Bekannten zu haben. Ein Freund war ja fast auf Augenhöhe und mit ihm sprach man über alles was einem auf dem Herzen lag!
"Wir werden übrigens Silvester hier feiern, das ist ja bald, in 4 Tage schon." beende Mike das alte und fing schon ein neues Thema an. Sofort hörte ich ihm aufgeregt zu. Wir würden Silvester hier feiern? Bei uns? Also bei Mike? Und wer war wir? Was musste ich dann alles vorbereiten?
Er bemerkte meinen neugierigen und aufgeregten Blick anscheinend sofort, denn er begon schon weiter zu reden. "Caleb und Sebastian werden kommen, Benny auch und noch ein paar andere Freunde. Manche dürftest du vom Geburtstag schon kennen. Aber keine Sorge, nicht viele Leute. Silvester will ich lieber ruhig feiern, nicht als riesige Party."
"Du wirst viel vorbereiten müssen. Häppchen machen und so. Auch werd ich morgen oder übermorgen einkaufen gehen, aber Benny war in letzter Zeit so oft hier und hat so oft auf dich auf gepasst, dass Caleb vorbei kommen wird." erzählte er weiter. Bei dem Gedanken war mir zwar noch so ganz wohl, aber irgendwo hatte er ja Recht, Benny hatte die letzte Woche ziemlich häufig auf mich auf gepasst. Jetzt ja sogar erst drei Tage am Stück. Und wo Caleb war, war Basti ja nicht weit, das wäre also auch schön.
Er erzählte mir noch ein wenig über seinen Plan und dann gingen wir schon schlafen. Es war schön wieder in seinen Armen zu liegen und seine gleichmäßige Atmung zu hören, seine Wärme zu spüren. Ich fühlte mich richtig wohl.
▫Upload: 26.06.2021▫
▫1380 Wörter▫
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Double Checkmate || Shadowuniversum
Novela JuvenilEin Auftrag eines völlig Fremden war es, welcher letztendlich sein Leben komplett veränderte. Aus seinem ruhigen Leben in eine neue Welt, die Welt des Sklavenhandels und des Schmerzes. Aus Freunden und Familie wurden Erinnerungen. Aus Fremden wurd...