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Es fiel mir offensichtlich nicht schwer in den Schlaf zu fallen, doch es dauerte auch nicht lang, bis sich eine Traumwelt in meinem Gehirn eröffnete, die mich unheimlich beunruhigte. Eigentlich fühlte es sich nichtmal wirklich wie ein Traum an, sondern eher, als würde ich unfreiwillig in einem Metaversum stecken. Das beunruhigende war, dass es nicht mein eigenes zu sein schien.

Ich schien mich in einem sehr großen Raum aufzuhalten. Es war dunkel, doch ein lila Schimmer erfüllte die leere und diente als schwaches Licht. Der Boden war von Wasser bedeckt, auf dem ich stehen konnte, ohne Chakra in den Füßen gesammelt zu haben. Was ging hier vor sich?

"Durch die Kombination des Chakren meiner Enkel, konntest du eine Verbindung zu dem meines Sohnes aufbauen und dich schlussendlich auch an meinem bedienen.", erklang es hinter mir. Ich drehte mich sofort um und erblickte eine Frau.

Sie war in einer traditionellen weißen Tracht gekleidet. Auch ihre Haare waren weiß-bläulich und reichten bis zum Boden. Die Haut noch blasser als meine eigene. Aus ihrem Kopf ragten mittelgroße Hörner. Ihre Augen waren blass Lila, sie trug das Byakugan. Und auf ihrer Stirn leuchtete das Rinne Sharingan in einem Blutrot.

Kaguya Ōtsutsuki.

"Du sollst also meine Reinkarnation sein.", stellte sie mit ruhiger Stimme fest. "Komplett ausgereift bist du aber noch nicht.", bemerkte sie. Ich sah sie weiterhin nur ausdruckslos an. Sie legte langsam den Kopf schief und musterte mich weiterhin. "Du bist nicht gerade gesprächig.", sagte sie und ging auf mich zu. Ich musste zugeben, dass mir ihre Präsenz Respekt einflößte.

"Was willst du von mir?", fragte ich schlussendlich mit fester Stimme. Sie blieb stehen und ihr Mind verzog sich zu einem selbstgefälligen Schmunzeln.

"Weißt du eigentlich, was für eine Macht in dir schlummert?", fragte sie im Gegenzug. Ich verdrehte die Augen, da ich wusste, dass sie jetzt eine Ansprache halten würde.

"Erzähl es mir.", forderte ich sie auf.

"Was für mutige junge Frau du doch bist. Nur leider etwas taktlos.", bemerkte sie. Wirklich zufrieden klang sie nun nicht mehr. Dennoch hielt ich ihren Blicken stand. "Du, meine liebe Kairi, könntest über die gesamte Welt regieren. Ohne Kriege und ohne Verluste.", sagte sie. Ich lachte humorlos auf und verschränkte die Arme vor der Brust.

"Was hat es dir zu deiner Zeit gebracht? Sieh doch was mit der Welt passiert ist, nachdem du von der Chakrafrucht gegessen hast. Wenn ein Ungleichgewicht entsteht, dann kann daraus kein Frieden resultieren. Die Menschen fürchten sich nur und als Konsequenz lebt eine neue Revolte auf. Das ist nicht das Ziel.", erklärte ich monoton. Kaguya sah mich ausdruckslos an.

"Der Mensch würde auch in einer Welt ohne Chakra Kriege führen, glaub mir. Es liegt einfach in ihrer Natur. Also kommt es nicht darauf an, ob ein Gleichgewicht zwischen den Kräften besteht oder nicht.", versuchte sie mir weis zu machen.

"Ich bin nicht wie du.", sagte ich. Sie legte den Kopf schief und ging langsam auf mich zu.

"Ach ja?", hakte sie nach. "Was ist mit deinem Blutdurst? Diese unbändige Wut, die du verspürst. Ich spüre den immer noch bestehenden Konflikt in dir, Mädchen. Mag sein, dass du versuchst einen anderen Weg einzuschlagen, aber dein Wesen ist der dunklen Seite zugewandt, das kannst du nicht einfach abschütteln.", sprach sie. Zu einem gewissen Teil hatte sie recht. Natürlich verspürte ich noch Hass, doch ich ließ mich von eben diesem einfach nicht leiten. "Du könntest etwas ganz besonderes sein.", flüsterte Kaguya schon fast, als sie vor mir stand.

"Das bin ich.", entgegnete ich. "Die Dunkelheit besitzt mich nicht. Genauso wenig, wie du mich besitzt. Ich werde nicht deine Närrin sein, Kaguya, also verschwinde.", zischte ich und schubste sie an den Schultern von mir weg. Für einen Moment vergaß ich wer da gerade vor mir stand und das gab sie mir auch gleich zu spüren.

Kaguya kam schnell wieder auf mich zu und packte mich sofort am Hals. Als wäre es für sie ein leichtes, hob sie mich mit nur einem Arm an. Ich umklammerte ihre Hand und versuchte nicht all zu hektisch zu reagieren, das würde mir nicht viel bringen. Das fühlte sich verdammt echt an.

"Du bist wie mein Sohn.", bemerkte sie sauer. "Auch du kannst dein Inneres nicht leugnen, das wirst du schon sehen.", fauchte sie und verschwand plötzlich.

Statt zu Boden zu fallen, setzte ich mich ruckartig auf. Schwer atmend sah ich mich in meiner Umgebung um. Ich lag in meinem Bett. Itachi musste mich wohl hergebracht haben.

"Kairi, hey, was hast du?", fragte der Uchiha dann auch gleich müde. Ich hatte ihn wohl aufgeweckt.

"Ein Alptraum, glaube ich.", sagte ich, als ich mich wieder etwas beruhigt hatte. Itachi zog mich zu sich runter, in seine Arme und umschloss mich mit diesen.

"Erzähl mir davon.", sagte er. Itachi war nichtmal richtig wach und ich wollte ihn nicht weiter am schlafen hindern.

"Morgen. Lass uns weiter schlafen.", erwiderte ich ruhig. Ich vergrub mein Gesicht in Itachis Halsgrube und ließ mich von seiner Wärme umschließen.

"Na schön. Aber weck mich auf, wenn etwas ist.", sagte er. Ich legte meinen Arm um seinen Körper und atmete seinen Duft ein. Er roch verdammt gut.

"Ist gut.", versicherte ich ihm. Kurz darauf hörte ich schon sein regelmäßiges Atmen und spürte, wie sich seine Gliedmaßen wieder entspannten.

Ich hatte eher selten Alpträume. Am schlimmsten war es natürlich nach Yamis Tod, als ich diesen Moment immer und immer wieder vor meinem inneren Auge sah. Wie der Glanz aus ihren Augen verschwand und ihr lebloses Gesicht in meine Richtung blickte. Doch auch diese Träume hörten irgendwann auf.

Wahrscheinlich war es nur der Stress der letzten Wochen, der mir einen Streich spielte. Nichtsdestotrotz würde ich ein Auge darauf werfen, wenn es nochmal passieren sollte. Es wäre doch absurd, wenn sie sich jetzt blicken lassen würde. Wenn Kaguya hätte an mich rankommen wollen, dann hätte sie zu meinem schwächsten Zeitpunkt angreifen sollen. Theoretisch, kam ihr Auftauchen gerade zur schlechtesten Zeit. Immerhin war ich fest entschlossen etwas zu ändern und das könnte sie mir so oder so nicht austreiben.

•••

Die restliche Nacht verbrachte ich relativ ruhig. Dennoch war ich wieder recht früh wach, weswegen ich mich in die Küche setzte und einen Tee trank. Ich war sehr erstaunt, als Sasuke kurz darauf auch den Raum betrat. Ein Teil von mir hätte sich nicht gewundert, wenn er die letzte Nacht einfach abgehauen wäre.

"Guten Morgen.", grummelte er und setzte sich.

"Guten Morgen.", erwiderte ich belustigt. "Tee?", fragte ich wortkarg, da er nicht gerade aussah, als wäre er ein sehr gesprächiger Morgenmensch.

"Ja, bitte." Der kleine Uchiha nickte. Ich schenkte ihm eine Tasse ein und stellte sie vor ihm ab. Nachdem ich mich wieder setzte, herrschte wieder Ruhe.
"Du hattest recht.", warf er dann nachdenklich in den Raum. "Es wäre scheiße gewesen ihn zu verlieren.", erklärte Sasuke nachträglich und trank von seinem Tee. Ich sah zu ihm auf und traf auf seine dunklen Augen.

"Ich bin froh, dass du das erkannt hast.", sagte ich.

"Tut mir leid, dass du deine Schwester verloren hast.", sprach er dann.

𝙋𝙧𝙚𝙩𝙩𝙮 𝙀𝙮𝙚𝙨 {𝙄𝙩𝙖𝙘𝙝𝙞 𝙐𝙘𝙝𝙞𝙝𝙖 𝙁𝙁}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt