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Sasuke und ich unterhielten uns eine Weile über verschobene Familienverhältnisse und lernten uns besser kennen. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet wir beiden uns mal in einem normalen Tonfall sprechen würden? Es war jedenfalls sehr angenehm, denn man merkte, dass er für sein junges Alter auch schon viel hatte durchmachen müssen. Der kleine Uchiha war schon recht erwachsen. Trotz des Gespräches und der letzten Ereignisse, schien er mir doch etwas verloren.

"Was brennt dir noch auf der Seele?", fragte ich ruhig. Sasuke seufzte und lehnte sich auf seiner Handfläche ab.

"So gut wie mein ganzes Leben verfolgte ich dieses eine Ziel und dann habe ich die Wahrheit erfahren.", sagte er. Er spielte wohl darauf an, dass er gerade anscheinend nicht wusste, wo ihn das Leben als nächstes hintrieb.

"Was hättest du denn danach gemacht?", hakte ich aus Prinzip nach. Diese Frage zu beantworten war wahrscheinlich gar nicht so einfach.

"Darüber habe ich selbst noch nicht wirklich nachgedacht.", gestand er. "Wenigstens habe ich mit Akatsuki jetzt eine neue Aufgabe.", sagte Sasuke und ich konnte sogar ein leichtes Grinsen erkennen. Es freute mich, dass ich ihm erstmal etwas geben konnte, woran er sich orientierte. Einen Leitfaden im Leben zu haben brachte manchmal echt viel.

"Ja, das wird ganz schön viel Arbeit.", seufzte ich. Wie gesagt, wir setzten zwar nach und nach Meilensteine, aber trotzdem hatten wir noch sehr viel vor uns.

"Wie fühlt es sich an Leader einer solchen Organisation zu sein, mit dem Vorhaben sie wieder zu verändern?", fragte er neugierig.

"Wie sollte es sich schon anfühlen?", lachte ich humorlos auf. "Als müsste ich einer Horde Jungs sagen, dass sie gefälligst netter sein sollten, weil es sonst eine auf den Hinterkopf gibt." Ich packte meinen Eindruck in eine Metapher, die für jeden Vollidioten verständlich wäre. Sasuke wollte erst protestieren, nickte dann aber nur verstehend.
"Weißt du, als wir in Konoha waren, da habe ich zufällig einen Freund von dir getroffen.", sagte ich bedacht. Ich wusste nicht, wie Sasuke auf Naruto zu sprechen war. Als ich dem kleinen Uchiha das erste Mal begegnete, schien er sehr an meinem Nachnamen interessiert zu sein, als hätte er eine Bindung dazu. Dann erschien Naruto im Bilde, der Sasuke sehr zu vermissen schien. Doch der kleine Schwarzhaarige verlor bisher kein Wort über den Blonden.

"Einen Freund?", fragte er und hob eine Augenbraue an.

"Den Fuchsjungen, Naruto Uzumaki.", antwortete ich. Sasukes Ausdruck wurde direkt betrübter, als der Name des aufgeweckten Blonden fiel. In seinem Kopf spielten sich sicherlich die gemeinsamen Erinnerungen mit ihm ab.

"Oh.", sagte er nur.

"Oh?", wiederholte ich. War das wirklich alles, was er dazu sagen wollte? Er seufzte abermals.

"Wir sind nicht wirklich im guten auseinander gegangen. Wegen mir, zugegebenermaßen.", gab er zu.

"Das schien ihn nicht sonderlich zu stören.", bemerkte ich. "Er vermisst dich. Hat gesagt, ich würde ihn an dich erinnern.", ergänzte ich.

"Ich weiß nicht, ob ich jemals wieder nach Konoha zurückkehren werde.", sagte Sasuke leise.

"Fehlt dir deine Heimat nicht?", fragte ich.

"Es geht weniger darum, ob es mir fehlt oder nicht. Eher ob ich es verdient habe zurück zu gehen.", antwortete er. Ich sah den Kleinen ungläubig an.

"Jetzt hör mal.", begann ich schroffer als erwartet. Ich räusperte mich und setzte wieder an. "Natürlich hast du es verdient. Mag sein, dass du etwas vom Weg angekommen bist, aber du hast bisher mehr einstecken müssen, als viele andere in ihrem gesamten Leben. Vielleicht nimmt man dich nicht mit Handkuss zurück, aber wir werden denen schon zeigen, dass wir Uchiha unsere Ehre nie verlieren, egal wie viele Steine man uns in den Weg legt."

"Wir Uchiha?", fragte er nach.

"Wirklich? Ich versuche dir gut zuzureden und das ist es, was bei dir hängen bleibt?", fragte ich im Gegenzug.

"Schon gut, schon gut.", murmelte er.

"Wie du weisst, habe ich bereits mit Tsunade gesprochen. Ich habe sie um eine Chance für uns gebeten.", erklärte ich.

"Und du glaubst wirklich, dass sie uns diese geben wird?" Ich könnte mich täuschen, doch ich glaubte einen kleinen Hoffnungsschimmer in seinen Augen erkennen zu können.

"Vielleicht. Wir müssen allerdings auch unseren Teil dazu beitragen. Da schließt sich der Kreis.", sagte ich. Schlussendlich war es auch so. Wenn wir uns und unsere Absichten bewiesen haben, könnten wir vielleicht in das Dorf ziehen.

"Guten Morgen.", hörte ich dann plötzlich eine sehr müde Stimme von der Seite aus sagen.  Es war Itachi, der ich eines seiner Augen rieb, als er im Türrahmen stand.

"Guten Morgen.", sagten Sasuke und ich gleichzeitig. Ich sah Itachi belustigt dabei zu, wie er sich ebenfalls einen Tee eingoss und sich dann mit an den Tisch setzte.

"Hast du gut geschlafen?", fragte er seinen jüngeren Bruder. Währenddessen bemerkte ich, wie ich langsam Hunger bekam. Als die beiden ein paar Worte wechselten, machte ich mich also daran uns ein kleines Frühstück zuzubereiten. Natürlich fragten sie mich, ob sie mir helfen konnten, doch ich lehnte ab. Für mich fühlte es sich immer wieder unheimlich an, wie normal mein Leben in ein paar Situationen sein konnte. So wie jetzt. Eine kleine, fast schon familiäre Runde, die gleich gemeinsam Frühstücken würde.

Selbst wenn sie alle recht hatten, und ich tatsächlich irgendwas mit Kaguya und ihrer Reinkarnation zutun hatte, war ich immer noch Kairi. Mochte sein, dass ich so mächtig sein könnte wie sie, doch ich hatte meine Prioritäten anders gesetzt.

Mir war bewusst, das mein Leben niemals auch nur ansatzweise normal werden würde. Allein schon die Tatsache, dass ich eine Kunoichi war, stand dem im Wege. Doch das machte mir nichts. So ganz ohne etwas Aufregung und eine Bestimmung, wollte ich dann auch nicht. Allein die Vorstellung daran, dass ich mal einfach nur rumsitzen würde, bereitete mir etwas Unbehagen. Ich war mir auch ziemlich sicher, dass, selbst wenn es uns gelingen sollte den Frieden aufzubauen, dann musste dieser auch gewahrt werden. Dafür müsste schließlich auch jemand sorgen.

"Was hattest du letzte Nacht denn eigentlich nun für einen Alptraum?", fragte Itachi beim essen. Ich dachte eigentlich, dass er es sich nicht merken würde, da er noch im Halbschlaf zu sein schien, als ich hochschreckte. Doch dem Uchiha entging einfach nichts.

"Ich habe Kaguya gesehen und mit ihr gesprochen.", sagte ich knapp. Selbst Sasuke sah jetzt auf.

"Worüber habt ihr gesprochen?", fragte der kleine Uchiha interessiert. Ich zuckte mit den Schultern.

"Nun, sie meinte ich wäre wohl ihre Reinkarnation und dass ich noch mächtiger werden könnte.", berichtete ich. "Da habt ihr mir schön was ins Unterbewusstsein gepflanzt, Kisame und du.", bemerkte ich und wand mich an Itachi.

"Aber was hat es denn zu einem Alptraum gemacht?", fragte dieser stattdessen.

"Kurzs gesagt: Ich habe mich mit ihr angelegt und sie hätte mich fast umgebracht.", erklärte ich. Itachi sah mich abschätzend an und ließ seinen Blick dann weiter nach unten schweifen. Seine Augen weiteten sich kurz und fixierten dann meinen Hals näher an. Und er behauptete, dass ich hier alles analysieren musste.

"Dein Hals.", sagte er leise und strich leicht über meine Haut. Sasuke hob erst überfordert eine Augenbraue, erkannte dann aber wohl was sein Bruder meinte.

"Das sieht aus, als hätte sich jemand gewürgt. Und Itachis Reaktion zufolge war es nicht er.", bemerkte der kleine Uchiha frech. Ich verschluckte mich an meiner eigenen Spucke, als er diesen trockenen Kommentar ausgesprochen hatte und dazu Itachis Gesicht sah. Der ältere Bruder sah langsam fassungslos zu dem jüngeren und ich hätte schwören können, einen leichten Rotschimmer auf seinen Wangen erkennen zu können.

Ich selbst konnte mich nicht beherrschen und versuchte beim Lachen durch das Husten nicht zu ersticken.

𝙋𝙧𝙚𝙩𝙩𝙮 𝙀𝙮𝙚𝙨 {𝙄𝙩𝙖𝙘𝙝𝙞 𝙐𝙘𝙝𝙞𝙝𝙖 𝙁𝙁}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt