we lost her

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D A N I E L

Der Zeiger auf der großen Uhr, die im Wartebereich hing, bewegte sich schleppend und viel zu langsam und die Sekunden kamen mir vor wie Minuten, während Elliott und ich auf Dr. Clarkson warteten.
Der Kleine saß wieder auf meinem Schoß, dieses Mal jedoch mit dem Rücken an meine Brust gelehnt.

Genauso wie ich starrte er schweigend auf die gegenüberliegende Wand und lauschte dem leises Ticken der Uhr, während die Minuten vergingen.
Dann endlich kehrte der Arzt zurück und nickte beruhigend.

"Die Ausschabung war erfolgreich und Ihre Verlobte liegt jetzt im Aufwachraum. Eine Schwester wird Sie dorthin bringen, aber es dauert sicher noch eine Weile bis Ms. Sanders wieder aus der Narkose aufwacht.
Sie bekommt Antibiotika und muss noch einige Tage zur Beobachtung hierbleiben, um sicherzugehen, dass wir die Entzündung in den Griff bekommen haben."

Ich nickte als Zeichen, dass ich verstanden hatte, auch wenn ich es mir nicht erlaubte, seine Worte zu begreifen. Denn das würde bedeuten zu akzeptieren, das wir unsere Tochter verloren hatten und das... das konnte ich nicht.

Mit knappen Worten bedankte ich mich bei Dr. Clarkson, dann kam eine Schwester zu uns und ich nahm Elliott auf den Arm, um ihr zu Harpers Zimmer zu folgen.
Während wir durch die Gänge liefen, die sich zunehmend mit Leben zu füllen begannen, wurde mir klar, dass bereits mehrere Stunden vergangen waren seit ich meine Freundin im Flur ihrer Wohnung gefunden hatte.

Was wäre wohl passiert, wenn ich nicht in ihrer Küche übernachtet und sie gehört hätte?
Wäre Elliott dann morgens irgendwann aufgewacht und hätte seine Mutter im septischen Schock oder sogar tot gefunden?

Ich wollte mir diese Was-wäre-wenn-Fragen nicht stellen, aber ich konnte es nicht verhindern.
Was wäre gewesen, wenn ich Harper früher zum Arzt geschleppt hätte?
Hätte man dann noch verhindern können, was heute passiert war?
Oder war das Schicksal unserer Kleinen bereits vor längerer Zeit beschlossen gewesen?

Ich verkniff mir ein Seufzen und versuchte für Elliott und Harper stark zu sein. Wir betraten das Zimmer und setzten uns auf einen Stuhl neben das Bett, in dem sie lag.
Es brach mir das Herz, diese wunderschöne und starke Frau so schwach und gebrechlich zu sehen, als könne sie zu Staub zerfallen wenn ich sie nur berührte.

Trotzdem riskierte ich es und griff nach ihrer Hand, in der Hoffnung dass sie es spürte und dadurch schneller aufwachte.
Dann begann eine weitere endlos lange Wartezeit, die Elliott und ich schweigend verbrachten, ohne unsere Blicke von Harper abzuwenden.

Es dauerte eine ganze Weile, dann begann sie zu blinzeln und öffnete schließlich mühevoll die Augen. Ich sah, wie ihre Pupillen ruhelos umherwanderten, doch dann entdeckte sie uns und hielt inne.

Obwohl mir nicht danach war, versuchte ich zu lächeln.
"Hey, willkommen zurück."

Meine Stimme klang rau und kratzig, was wohl den viele Tränen der letzten Stunden zuzuschreiben war, aber es war mir egal. Harper schenkte mir kaum Beachtung, stattdessen schaute sie zu Elliott und streckte unter großer Anstrengung den Arm ein wenig aus, um seine kleine Hand nehmen zu können.

"Hi", brachte sie mühsam hervor und ließ ihren Blick nicht von seinem abweichen, um ihm zu zeigen, dass sie noch da war.

In diesem Moment brachen bei Elliott alle Dämme und er begann bitterlich zu weinen, rutschte von meinem Schoß und krallte sich so gut wie möglich an seine Mutter. Ich konnte mein Herz beinahe brechen hören, während ich beobachtete, wie er sich kaum von ihr beruhigen ließ.

Immer wieder flüsterte sie, dass alles okay war und sie bei ihm war, aber es dauerte lange bis er das auch wirklich zu begreifen schien. Irgendwann verstummten die Schluchzer und Tränen flossen schon längst keine mehr, dann legte er den Kopf so schief, dass er beinahe auf seiner Schulter lag, als ob er bei sich selbst Trost zu suchen schien.

Melt My Ice, Sunnyboy (Daniel Ricciardo FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt